#8 Mr. Chip, Zecki und der Millerntaler: Marketing am Millerntor
Shownotes
In der achten Folge von FCSP-Geschichte(n) geht es um die hohe Kunst des Marketings, um den ständigen Spagat zwischen Ausverkauf und Authentizität, zwischen Kult und Fankultur. Nebenbei enthüllen wir die Identität des legendären Vereinsmaskottchens "Zecki", verraten das Geheimnis sportlichen Erfolgs und zeichnen die Geschichte einer besonderen Protestbewegung am Millerntor nach.
Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), NEUSTART KULTUR, der Kulturstiftung der Länder und KULTUR.GEMEINSCHAFTEN – dem Förderprogramm für digitale Content Produktion in Kultureinrichtungen.
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00:00:00: Thema, das Thema des Ganzen, machst Du das? Ich habe dazu
00:00:03: jetzt was vorbereitet. Hammer! Haben wir überhaupt ein
00:00:07: Thema? Das ist die große Frage. Wir haben ein Thema, an dem
00:00:10: wir quasi alle ein bisschen vorbeireden, aber das ist
00:00:14: glaube ich... Das ist ja auch nichts Neues. Eben. Dann würd ich
00:00:17: sagen, wir starten.
00:00:25:
00:00:30:
00:00:34:
00:00:38:
00:00:41: Moin und herzlich willkommen zu FCSP Geschichte(n),
00:00:47: das n in Klammern.
00:00:50: Wir sind der offizielle Podcast des FC St. Pauli-Museums.
00:00:54:
00:00:56: Wir haben Regeln, die wir jedes Mal brechen und die wir heute
00:00:59: nicht noch mal erklären werden. Wenn Ihr die Regeln dieses
00:01:03: Podcasts wissen wollt, dann hört Folge 1 bis 7, verfügbar auf
00:01:06: allen Streaming-Plattformen.
00:01:09: Und eine Regel, die wir heute wieder brechen, ist, dass wir
00:01:12: nicht in unserer geplanten Besetzung hier sind, sondern
00:01:16: Christoph fehlt und dafür haben wir aber einen Stargast heute.
00:01:21: Aber sowas von Stargast.
00:01:24: Genau, wir haben, sollte ich vielleicht nochmal, also falls Ihr uns das
00:01:28: erste Mal hört.
00:01:30: Gerade eben das war Celina. Ich bin Christopher. Mit dabei ist
00:01:33: Thomas. Thomas, genau, hallo. Richtig, richtig und Jörn ist
00:01:37: hier, Jörn Kreuzer und stell Dich doch mal vor und was hast Du
00:01:40: eigentlich mit dem FC St. Pauli zu tun?
00:01:43: Hallo erstmal in die Runde, danke für die Einladung, ich würde sagen
00:01:46: aber, Stargast ist ein bisschen zu hoch gegriffen dazu
00:01:49: vielleicht aber später mehr. Ja, was habe ich mit dem FC St.
00:01:52: Pauli zu tun? Zum einen bin ich Mitglied der Schachtabteilung seit
00:01:55: 2010.
00:01:56: Zum anderen habe ich tatsächlich für den FC St. Pauli
00:02:00: gearbeitet und die Geschichte ging im Mai 2008 mit einer E-
00:02:03: Mail los an Christoph Nagel, den Ihr ja alle kennt und Michael Pahl,
00:02:08: die damals am Jubiläumsbuch des FC St. Pauli saßen. Und da
00:02:12: wurde ich Praktikant, aus dem Praktikant wurde irgendwann mal
00:02:16: ein Schreiber der Stadionzeitung und ganz später Mitglied des
00:02:20: Medienteams, wo ich dann bis 2020 war, also insgesamt 12
00:02:23: Jahre beim FC St. Pauli verbracht, vom Praktikanten bis
00:02:27: zum
00:02:27: Social Media Manager. Also vom Tellerwäscher zum, so in etwa.
00:02:33: Genau, zum Millionär. Das wahrscheinlich nicht, aber fast.
00:02:37:
00:02:39: Ja, schön, dass Du da bist. Jörn. Das freut uns sehr. Wir
00:02:43: können ja heute mal so droppen, was denn unser Thema ist
00:02:46: eigentlich. Ja, unser Thema haben wir ja letztes Mal schon
00:02:50: angekündigt, aufmerksame Hörer* innen dieses Podcasts wissen
00:02:53: also schon, worum es heute gehen wird, nämlich um Marketing.
00:02:57: Und wenn Ihr wissen wollt, wie der FC St. Pauli aus Marketing-
00:03:01: Sicht aussieht und warum der Verein als Marke so gut
00:03:05: funktioniert, dann empfehle ich Euch eine Folge von einem
00:03:08: Podcast, einem anderen Podcast. Der heißt "OMR Education".
00:03:12: OMR ist Online Marketing Rockstars.
00:03:17: Die kennt Ihr alle. Das sind die Werbemenschen mit den Bändchen,
00:03:20: mit den lustigen bunten Bändchen, die hier einmal im
00:03:23: Jahr, glaube ich, das Viertel unsicher machen. Ja, die kenne
00:03:26: ich auf jeden Fall.
00:03:28: Genau, und da war neulich Martin Drust zu Gast.
00:03:32: Den kennt Ihr wahrscheinlich alle.
00:03:35: Ist Managing Director Marketing beim FC St. Pauli.
00:03:42: Und erklärt bei OMR oder hat bei OMR im Podcast erklärt, warum
00:03:47: der FC St. Pauli eine "Love Brand" ist, eine sogenannte. Oho.
00:03:51: Und wie wir zu einer "Love Brand" geworden sind. Jörn macht ein,
00:03:55: formt ein Herz mit seinen Fingern, denn "Love Brand". Sehr
00:03:59: schön. "Love Brand" ist ein Marketing-Buzzword, das nur
00:04:03: Leute kennen die sowas wie den "OMR Education"-Podcast hören,
00:04:07: also ich zum Beispiel. Sogenannte "Love Brands" sind Marken, die so
00:04:11: eine starke Anziehungskraft auf
00:04:13: Konsument*innen ausüben, dass sie nicht nur gegenüber
00:04:16: anderen Marken bevorzugt, sondern auch geliebt werden.
00:04:19: Dafür ist der FC St. Pauli ein klassisches Beispiel. Sonst
00:04:22: könnte man nicht erklären, warum ein Zweitliga-Verein ohne
00:04:25: wirklich nennenswerte sportliche Erfolge bei den Merch-Umsätzen
00:04:29: an der Spitze der 1. Liga mitspielt, also der 1.
00:04:32: Bundesliga, vergleichbar mit den Top Five-Vereinen in der 1.
00:04:35: Bundesliga und man könnte auch erklären, warum unsere
00:04:37: Auslastung so hoch ist. Also warum das Stadion immer
00:04:40: ausverkauft ist und warum wir weltweit so viele Menschen
00:04:43: erreichen.
00:04:44: Das alles ist, weil Menschen uns sympathisch finden.
00:04:49: Und weil sie den FC St. Pauli mit einer bestimmten Haltung und
00:04:52: einem bestimmten Lebensgefühl verbinden und dieses
00:04:54: Lebensgefühl vermarkten wir extrem gut.
00:04:57: Aber genau, es ist ja immer die
00:05:00: Balance, ist es sozusagen das Marketing was es dazu gemacht hat oder
00:05:03: ist das Marketing aufgesprungen. Die
00:05:05: Wertebasiertheit, die hinter diesem Lebensgefühl steht, kommt
00:05:08: natürlich nicht aus der Marketingabteilung, sondern
00:05:11: wurde von den Fans ans Millerntor gebracht.
00:05:13: Wenn Ihr wissen wollt, wie das genau passiert ist, guckt euch
00:05:16: unsere Dauerausstellung "Kiezbeben" an. Die erklärt das ganz
00:05:19: hervorragend. Aber was wir natürlich jetzt, weswegen wir
00:05:23: hier sind, ist, dass wir natürlich so auf einzelne
00:05:26: kleine Episoden des Marketings beim FC St. Pauli schauen
00:05:30: wollen. Und wenn Ihr unseren Podcast kennt, dann wisst Ihr,
00:05:33: dass das
00:05:34: nicht immer nur Erfolgsgeschichten sind.
00:05:37: Dafür ist der FC St. Pauli bekannt für auch seltsames
00:05:40: Marketing mit seltsamen Auswüchsen. Ich bin sehr
00:05:44: gespannt, was was Ihr mitgebracht habt und auch was Jörn
00:05:47: mitgebracht hat, und vielleicht kann Thomas ja mal losen und
00:05:51: dann gucken wir mal, wer anfängt. Genau, ich hab wieder
00:05:54: die nachhaltigen Lose der letzten Male hier vorbereitet.
00:05:59: Und blättere auf und habe Christopher.
00:06:03: Hammer. Zeige es einmal in die Runde damit alle es mir glauben. Ich glaube, es war mein
00:06:07: Name, ja. Wir glauben Thomas nichts, was wir nicht mit
00:06:10: eigenen Augen sehen können. Faktencheck in alle Richtungen.
00:06:13: Ich muss mich auch immer wieder hinterfragen, wenn wir diesen
00:06:16: Podcast hier aufnehmen, denn ich bin ein bisschen so ein St.
00:06:20: Pauli-Katastrophentourist. Ich fange immer an, wenn wir gerade
00:06:23: frisch abgestiegen sind und sag, der FC St. Pauli wieder in
00:06:26: die 2. Liga abgestiegen, kann ich auch nichts für, ich hätte
00:06:30: es gerne anders. Also was ich daran jetzt für mich so
00:06:34: ändern will ist, ich möchte positiv herangehen, think
00:06:37: positive, Motivation, Erfolg, einfach mal wieder so geradeaus
00:06:40: gucken, einfach mal sagen, was willst du, was willst du
00:06:44: schaffen und das setzen wir auch um. Deshalb muss ich aber
00:06:47: trotzdem erstmal da anfangen, wo meine Geschichten eigentlich
00:06:51: immer anfangen und zwar: Der FC St. Pauli hat in der Saison 99/
00:06:55: 00 mit einem 1:1 gegen Rot-Weiß Oberhausen soeben die Klasse
00:06:58: gehalten in der 2. Liga, der Sturz in die Bedeutungslosigkeit
00:07:02: wurde gerade noch mal abgewendet, aber
00:07:05: finanziell war der Verein in der Notaufnahme und ein ganzer
00:07:08: Verein stand quasi finanziell vor dem Supergau. Und wir können
00:07:12: ja mal kurz reinhören in die Stimmen nach dem Spiel gegen Rot-
00:07:16: Weiß Oberhausen: "Mehr ging nicht, wir haben katastrophal
00:07:19: gespielt erste Halbzeit und haben nur noch hopp oder top spielen
00:07:23: können, haben alles aufgelöst, wilde Sau gespielt, scheißegal,
00:07:26: hatte nichts mit Fußball mehr zu tun.
00:07:29: Aber ich denke, wir haben uns das verdient. Die Zuschauer
00:07:32: haben sich das verdient. Ich bin nur froh, vor allem auch für die
00:07:35: Jungs, für die ganze
00:07:38: Region hier, für den Stadtteil.
00:07:41: Naja, mehr kann ich im Moment nicht sagen. Ja, aber es wird
00:07:45: ohne Sie weitergehen. Schauen wir mal. Vielleicht tut Heinz jetzt
00:07:49: für den goldenen Schuss, der bringt ja ein paar Millionen, soll er
00:07:52: mal ein bisschen was raus tun. Ich hab nur ein Ziel, dass der
00:07:56: Verein existiert und dass wir ein neues Stadion haben, aber
00:08:00: das kommt jetzt erst danach. Ich habe eigentlich geglaubt,
00:08:04: wir sind schon abgestiegen und es geht brutal an die Nerven."
00:08:08: Ja, wir hörten gerade in folgender Reihenfolge Holger
00:08:12: Stanislawski, Marcus Marin, Heinz Weisener und Stephan Hanke,
00:08:16: damals Spieler des FC St. Pauli, Heinz Weisener Präsident und ja,
00:08:20: worauf Marcus Marin angespielt hat war, dass Heinz Weisener
00:08:24: wieder ein paar Millionen in den Verein pumpen könnte.
00:08:28: Um vielleicht auch Marcus Marin zu erhalten, der das entscheidende
00:08:32: 1:1 geschossen hat. So kam es allerdings nicht und Heinz
00:08:35: Weisener tat auch keine weiteren Millionen raus, was dazu führte,
00:08:39: dass in der Folgesaison der FC St. Pauli zum Absteiger Nummer
00:08:43: 1 von Expertinnen und Experten der Sportpresse deklariert wurde
00:08:47: und das wahrscheinlich auch nicht zu Unrecht, denn wir hatten den kleinsten
00:08:50: Etat der Liga. Wenn man schon den kleinsten Etat hat, dann
00:08:54: muss man wenigstens erfinderisch sein.
00:08:57: Ja, Manager Stephan Beutel und der damals noch
00:08:59: Vizepräsident, später Präsident Reenald Koch, waren nun gefragt.
00:09:02: Progressiv denken, neue Märkte erschließen, der St. Pauli und
00:09:05: die neuen Märkte, das wäre doch was.
00:09:09: Im Mai 2000 wird das Internetunternehmen "World of
00:09:12: Internet" Hauptsponsor des Vereins und Nachfolger eines
00:09:15: hochprozentigen Alkohol- Herstellers. "World of Internet"
00:09:18: wurde 1990 als Aktiengesellschaft gegründet, das
00:09:21: Internetunternehmen spezialisierte sich auf die
00:09:24: Bereiche Finance and Sports. Neben der Betreuung von Web
00:09:27: Design und Werbeetats beteiligte sich "World of Internet" auch an
00:09:31: Internetfirmen.
00:09:33: Ja, klingt dubios, ist es glaube ich auch.
00:09:36: Mit Sicherheit. Im Nachklapp wurde das Ganze ein
00:09:40: bisschen als diese dotcom-Blase bezeichnet. Ja, und der damalige
00:09:44: Marketingchef Götz Weisener erklärt mal kurz,
00:09:47: wie es eigentlich zu "World of Internet" kam: "Wir hatten damals als
00:09:51: Hauptsponsor "World of Internet".
00:09:54: Ich weiß nur, dass sie ein Büro an der Alster hatten. Ich
00:09:57: glaube, wir haben uns mal im VIP-Container,
00:10:00: da gab es ja noch den Container mit den Stehtischen und so, da
00:10:04: haben wir uns mal kennengelernt, denn das waren langjährige St.
00:10:08: Pauli-Fans, also das waren auch keine, die jetzt nur
00:10:12: gekommen sind um ihre Firma bekannter zu machen, sondern
00:10:16: diese hatten schon St. Pauli- Blut in den Adern fließen. Ich
00:10:20: weiß nur, dass wir uns dann irgendwie mehrfach bei denen im
00:10:23: Büro getroffen haben und dann haben die erklärt, wie das
00:10:27: Internet in Zukunft unsere Wirtschaftswelt bestimmt.
00:10:31: Es war alles sehr beeindruckend. Das haben wir dann auch geglaubt
00:10:34: und
00:10:35: die haben ja auch sehr, sehr viel bezahlt dafür. Das muss man
00:10:38: ja auch noch bedenken."
00:10:39: Also was Götz Weisener hier nicht sagt ist, "World of
00:10:44: Internet" unterschrieb einen Hauptsponsor-Deal über drei Jahre
00:10:48: mit 2 Millionen im Jahr und bei Bundesliga-Aufstieg sollte es
00:10:52: eine zusätzliche Einmalzahlung von 5 Millionen Euro geben.
00:10:56: Für das Jahr 2000 schon stabil. Darf ich da kurz einhaken?
00:11:00: Ist das schon umgerechnet, weil zu der Zeit waren es noch D-Mark.
00:11:05: Ja, richtig, ich glaube es waren noch D-Mark. Also ziemlich
00:11:08: sicher. Nur ist das jetzt schon umgerechnet, die Summe? Das wäre
00:11:12: jetzt die Frage. Also ich glaube nicht, dass sie
00:11:15: uns 10 Millionen D-Mark gezahlt hätten, deswegen gehe ich auch,
00:11:18: sehr richtig, ich glaube es handelt sich eher um 5 Millionen
00:11:21: D-Mark.
00:11:22: Aber quasi die neuen Märkte auf der Brust fehlte Manager Stephan
00:11:26: Beutel aber noch ein neuer progressiver Geist in Mannschaft
00:11:29: und Verein. Und wer Manager Stephan Beutel kennt, damals
00:11:33: zumindest anno 2000 oder ihn in seinem Container neben dem
00:11:36: Stadion aufsuchte, dem fiel ein Buch im Regal über seinem
00:11:40: Schreibtisch ins Auge: "Du schaffst, was du willst". Der
00:11:43: Autor des Buches, ein gewisser Erich L. Lejeune, und eben dieser
00:11:46: Erich Lejeune sollte den FC St. Pauli fit für den Erfolg machen.
00:11:50: Der Münchener Unternehmer gründete 1976
00:11:53: die Firma "CE Consumer Electronics", die im Brokerbusiness für
00:11:56: Halbleiterchips erfolgreich wurde. Ah, da, ja. Ihr wisst ganz genau
00:12:00: was da abging. So erfolgreich, dass der Börsenwert
00:12:03: von "CE Consumer Electronics" im ersten Halbjahr 2000 während
00:12:07: der bereits erwähnten dotcom-Blase bis auf 3 Milliarden DM stieg.
00:12:11: Lejeune hatte zu diesem Zeitpunkt bereits den Namen "Mr. Chip" inne.
00:12:14: Das war der Titel seiner 1990
00:12:18: erschienenen Autobiografie. Doch Lejeune war nicht nur
00:12:21: erfolgreicher Unternehmer, er machte sich einen Namen als
00:12:25: Motivationscoach.
00:12:32: "Zählen Sie auch Ihre Erfolge? Ich mache das, jeden
00:12:34: Tag zähle ich meine Erfolge und Sie wissen, erfolgreich sein ist
00:12:38: etwas Wunderbares, aber es muss natürlich zuerst etwas erfolgen,
00:12:42: also wenn bei Ihnen nichts erfolgt, kriegen sie immer die gleichen
00:12:44: Ergebnisse, nämlich schlechte. Wir wollen gute Ergebnisse, denn
00:12:48: Erfolg ist unwahrscheinlich weit und wie Sie sehen, er kann
00:12:52: unwahrscheinlich hoch sein Erfolg und genau das wünsche ich
00:12:56: Ihnen.
00:12:57: Dass sie mal richtig hohen Erfolg haben und weiten Erfolg
00:13:01: haben."
00:13:08: Ja, das wünschen wir uns alle immer so richtig. Wünsche ich Euch auch.
00:13:12: Danke. Auch so richtig weiten Erfolg einfach, nicht nur hoch, auch
00:13:15: weit. Ja Erich Lejeune in einem Motivationsvideo. Ich bin schon
00:13:19: ein bisschen hyped, ich hab Bock auf Erfolg auch, aber da wissen
00:13:23: wir ja, haben wir gelernt, dass Erfolg nur erfolgt, wenn darauf
00:13:26: etwas erfolgt. Er verdient also nicht nur sein Geld mit
00:13:30: motivational speeches, wie wir jetzt gelernt haben, sehr motivational
00:13:34: speeches, sondern
00:13:35: ist auch Buchautor von modernen Klassikern wie
00:13:38: "Lebenswissenschaft Motivation", "Lebe ehrlich, werde reich", "365
00:13:43: Tage Motivation" oder das schon erwähnte "Du schaffst was du
00:13:47: willst". Zitat daraus: "Erfolg erfolgt, indem man die Gesetze
00:13:52: des Erfolges befolgt". Wow. Aha. Also ganz einfach. Ziemlich tief
00:13:56: auch. Also man muss wirklich sich erstmal reindenken auch
00:14:01: finde ich. Und Lejeune hat sich auch,
00:14:05: hat auch Jesus Christus- Vergleiche dabei? Und die müssen
00:14:07: natürlich auch erlaubt sein, denn
00:14:09: Lejeune sagte 1999 im "Abendblatt": "Jesus hatte eine Vision und seine zwölf
00:14:13: Jünger. Ich habe mein Team und eine Vision."
00:14:18: Also da kann ja nichts mehr schief gehen.
00:14:22: Stephan Beutel und Reenald Koch, offenbar tief beeindruckt von
00:14:25: dieser geballten Motivationskompetenz, nahmen
00:14:28: Kontakt zu Erich Lejeune auf. Dieser war mit "CE Consumer
00:14:31: Electronics" 1999 bei der SpVgg Unterhaching
00:14:34: eingestiegen und pumpte dort in drei Jahren über 15 Millionen D-Mark in
00:14:37: den Münchener Vorort-Verein, der sensationell den Aufstieg in die
00:14:41: Bundesliga schaffte. In welchen Verein? SpVgg
00:14:44: Unterhaching.
00:14:46: Die haben mal Bayer Leverkusen die Meisterschaft versaut.
00:14:49: Korrekt, wir erinnern uns alle. Zu diesem Zeitpunkt war in
00:14:53: der Presse bereits die Rede davon, dass Lejeune von einem
00:14:57: Einstieg beim FC St. Pauli träumte. So schrieb die "Bild-
00:15:00: Zeitung" im Juli 2000
00:15:02: "St. Pauli ist der Kult-Club in Deutschland. Die müssen jetzt
00:15:06: raus aus dem Scheißloch 2. Liga und zurück in die
00:15:08: Bundesliga. Erich Lejeune, milliardenschwerer Computerchip-
00:15:11: Händler, die Nachricht ging wie ein Beben durch den Club, Lejeune
00:15:14: will Pauli nach oben bringen. Gestern Nachmittag meldete sich
00:15:17: der Vizepräsident Reenald Koch und er war begeistert: "Der Mann
00:15:21: ist eine Granate, es wäre grob fahrlässig, wenn wir seine Hilfe
00:15:24: nicht annehmen würden". Doch nicht nur das, "Mr. Chip" gilt als
00:15:27: Motivationsgenie, schult Manager und Vorstände und hat schon
00:15:30: mehrere Bücher zum Thema geschrieben. Lejeune will mit
00:15:32: Pauli
00:15:33: durchstarten. "Ich weiß, wie es ist, wenn man aus dem Nichts
00:15:36: kommt. Das ist doch wie bei St. Pauli. Der Club muss sich jetzt
00:15:39: ein Ziel erarbeiten". Ein Motivationsseminar mit
00:15:42: Mannschaft, Trainer und Präsidium ist geplant. Koch: "Er
00:15:44: wird uns Wege für eine Gestaltung unserer Zukunft
00:15:47: aufzeigen". Die Sitzung gibt es für Pauli übrigens kostenlos,
00:15:50: normal kassiert Lejeune 100.000 DM pro Seminar.
00:15:53: Der Haching-Sponsor ist ganz scharf auf Pauli. "Das ist ein
00:15:56: Verein aus dem Volk wie Unterhaching, da wird gelebt,
00:15:59: gelaufen, gekämpft. Ich werde mithelfen Sponsoren zu finden,
00:16:02: ich könnte mir auch vorstellen den Club an die Börse
00:16:05: zu bringen"."
00:16:07: Das sind Visionen. Ganz kurz. Da stand am Anfang tatsächlich
00:16:11: "Scheißloch 2. Liga"? "Scheißloch 2. Liga" Ok, ist gut. Why not.
00:16:18: Ja.
00:16:24: Also Beutel und Koch erhofften sich von Lejeune also
00:16:28: nicht nur finanzielle Unterstützung und Expertise bei
00:16:30: der Suche nach neuen Sponsoren, sondern auch den letzten Punch
00:16:34: Motivation für den Bundesliga- Aufstieg. Im Oktober 2000 war es
00:16:37: dann endlich so weit.
00:16:39: Das Team des FC St. Pauli sollte zum Motivationsseminar bei Erich
00:16:43: Lejeune antreten.
00:16:45: Ich zitiere mal ein paar Artikel dazu. Was ich gerade sagte, ich möchte
00:16:49: dazu einen Artikel zitieren. Celina, vielleicht magst Du ja mal kurz
00:16:52: diesen Absatz hier vorlesen, weil es ist schon, das ist schon
00:16:55: geil, möchte ich einfach mal jetzt so selber mal zuhören. Ok.
00:16:59: Ich zitiere aus der "Welt" vom 6.10.2000.
00:17:05: Erich, Wie spricht man das aus? Lejeune. "Erich Lejeune macht St. Pauli
00:17:09: fit für die Bundesliga."
00:17:13: Immerhin St. Pauli. "Es dauerte zwei Stunden, dann hatte
00:17:18: Motivationskünstler Erich Lejeune die Profis des FC
00:17:22: St. Pauli voll und ganz auf seiner Seite. "Thomas, wie geht
00:17:27: Ihr in das Spiel gegen Greuther Fürth?", fragte der erfolgreiche
00:17:32: Unternehmer Spielmacher Meggle. Der ging auf den verbalen
00:17:36: Doppelpass ein, "Wir wollen gewinnen". Wow. Lejeune: "Ihr wollt?" Meggle: "Nein,
00:17:41: wir werden gewinnen".
00:17:44: Die komplette Mannschaft stimmte in den Schlachtruf ein. Das
00:17:48: Motivationsseminar im Dorint Airport Hotel, zu dem der
00:17:51: Hauptsponsor der SpVgg Unterhaching
00:17:53: eingeladen hatte, erfreute Manager Stephan Beutel: "Sein
00:17:57: Weg zum Erfolg hat den Horizont erweitert". Auch Trainer Dietmar
00:18:00: Demuth war begeistert: Herr Lejeune hat viel erreicht, das
00:18:03: wollen wir auch".
00:18:05: Der Gelobte: "St. Pauli gehört in die 1. Liga. Ich wollte
00:18:09: helfen". Copyright Axel Springer"
00:18:12: Ja, vielen Dank Axel Springer für diesen
00:18:15: wunderbaren Einblick in motivational speeches. Ich habe
00:18:19: dazu noch einen weiteren Artikel gefunden im "Abendblatt",
00:18:22: auch vom 6. Oktober: "Innerhalb einer Stunde versuchte Lejeune
00:18:25: gestern den Kickern des FC St. Pauli durch psychologische
00:18:29: Tricks eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit zu
00:18:31: vermitteln, mit Erfolg. "Er nannte uns nicht St. Pauli,
00:18:35: sondern St. Powerli",
00:18:36: erzählte Ivan Klasnic begeistert. "Er sagte, wir
00:18:39: gehören in die erste Liga, darüber sollten wir uns Spieler
00:18:41: vielleicht mal Gedanken machen".
00:18:44: Klasnic tat dies und kam zum Schluss, "Er hat recht, wir sind
00:18:46: nicht schlechter als die anderen"
00:18:50: Also quasi Aufstieg eingetütet am 5. Oktober 2000. Aber nicht
00:18:54: schlechter als die anderen, wäre nicht dann die Motivation, wir sind besser
00:18:58: als die anderen? Hätte er nicht das eigentlich sagen sollen? Sag das bitte
00:19:02: mal Erich Lejeune, das ist nicht ganz angekommen. Ja oder hat Ivan das
00:19:06: nicht richtig verstanden? Das würde ich auch nicht
00:19:10: ausschließen. Was ich noch dazu sagen muss und das ist nämlich
00:19:14: dann in der "Bild-Zeitung" erschienen, dass der sogenannte
00:19:17: Einstieg von Erich Lejeune nicht nur bei Koch und Beutel
00:19:21: besonders auf Wohlwollen stieß, sondern auch Sponsor "World of
00:19:24: Internet" mischte sich ein. Ich zitiere aus der "Bild-
00:19:28: Zeitung" vom 22.7.2000: "Jetzt schaltet sich auch St. Paulis
00:19:31: Hauptsponsor "World of Internet" ein, die Hamburger Online-Schmiede",
00:19:34: das variiert immer genau was die machen, das ist nicht ganz
00:19:38: klar, "meldete sich gestern bei Lejeune. Vorstand Torsten Prochnow: "Auch
00:19:41: wir wollen wachrütteln und raus aus dem Kellerloch 2. Liga",
00:19:44: also diesmal nicht Scheißloch, sondern Kellerloch. "Lejeune hat uns
00:19:48: aus der Seele gesprochen", sogar einen Börsengang hält Prochnow für
00:19:51: möglich.
00:19:52: "Wenn die neue Haupttribüne kommt und der Club in der 2. Liga
00:19:55: oben mitspielt, warum nicht?"
00:19:57: Und wir wissen, Börsengänge haben den meisten Profiklubs
00:20:00: extrem gutgetan.
00:20:02: Haben wir vielleicht Glück gehabt, dass die Haupttribüne noch nicht kam. Die
00:20:06: kam auch relativ spät. Erst paar Jahre später. Ja, also
00:20:09: St. Pauli, Bundesliga, Börsengang. Am Millerntor wurde jetzt
00:20:12: groß gedacht, doch ein Einstieg von Lejeune kam vorerst nicht zustande,
00:20:16: vielleicht lag es daran, dass Lejeune den Vereinsoffiziellen
00:20:19: nahegelegt hat, die Vereinsfarben in Rot zu ändern.
00:20:23: Das kam nicht so gut an, immerhin ist aber Rot die Farbe
00:20:27: des Erfolgs, also
00:20:29: all in für den Erfolg würde ich sagen. Also es gibt ja schon so eine Farb-
00:20:32: Psychologie, also ich weiß nicht, braun jetzt
00:20:36: fühlt sich wirklich tatsächlich nicht so an wie eine Erfolgsfarbe. Ja ich
00:20:40: glaube so ein Bayern-Rot.
00:20:43: Rot ist ja schon im Wappen durchaus und mittlerweile ja
00:20:46: auch eher durch Fan- Bewegungen ja ist dieses
00:20:49: Braun-Weiß-Rot ja durchaus auch sehr vertreten, also Rot ist ja
00:20:53: nicht völlig ungewöhnlich in unserem Kosmos hier mittlerweile.
00:20:57: Wir als Museum haben jetzt quasi damit gesagt, wir würden
00:21:00: es unterstützen, also falls Herr Lejeune das nochmal
00:21:03: vorschlägt, wir sind dabei. Währenddessen in Unterhaching
00:21:06: lag Lejeune im Clinch mit Cheftrainer Lorenz-Günther
00:21:09: Köstner und ließ im Frühjahr 2001 in der Presse verlauten:
00:21:12: "Nach dieser Saison
00:21:14: ist für mich als Sponsor Schluss in Unterhaching definitiv, das
00:21:17: muss ich mir nicht mehr antun. Köstner und ich, wir passen
00:21:20: nicht zusammen, der Köstner macht in Unterhaching alles madig, das
00:21:24: ist nicht meine Lebenseinstellung. Man schafft
00:21:26: alles, was man will, ich weiß nicht ob er noch an den
00:21:29: Klassenerhalt glaubt, mit seiner Aussage hat er als Trainer dem
00:21:33: Team doch komplett die Motivation genommen". Also Lejeune
00:21:36: nicht nur Geldgeber, er hat auch Ahnung von Motivation, hat
00:21:39: Ahnung von wie es in der Kabine abgeht, er spürt es einfach. Da
00:21:42: es in Unterhaching nicht mehr lief, brachte sich dann im Frühjahr 2001
00:21:45: Lejeune
00:21:47: wieder bei FC St. Pauli ins Gespräch.
00:21:49: In der "MoPo"
00:21:51: vom 28. April 2001 meldete sich Lejeune wieder zu Wort. "Lejeune ist
00:21:54: seit jeher ein Mann großer Worte. Erich Lejeune, Computer-
00:21:57: Millionär und Trikotsponsor der SpVgg Unterhaching.
00:22:00: In einem Interview mit der Münchener "Abendzeitung" kündigte
00:22:03: er an, sein Engagement bei den Hachingern zu beenden, um
00:22:06: möglicherweise bei St. Pauli auf die Brust zu gelangen. Gegenüber
00:22:09: der "MoPo" bestätigte Lejeune gestern sein
00:22:12: Faible für den Kiezclub. "Ich habe gesagt, dass Freiburg
00:22:15: interessant sei und dass es mich jucken würde, bei St. Pauli
00:22:18: einzusteigen, weil das ein kultiger Club ist". Dem ist
00:22:21: nichts hinzuzufügen.
00:22:23: Bei Haching will der Münchner Unternehmer wegen Coach
00:22:25: Lorenz-Günther Köstner aufhören. "Der motiviert die Truppe nicht
00:22:29: mehr und lässt mich auch nicht helfen. Bei Pauli habe ich
00:22:31: voriges Jahr ein Motivationsseminar gehalten und
00:22:34: die stehen jetzt oben."
00:22:36: Ja, daran wird es gelegen haben. Ja, und auch
00:22:39: Reenald Koch. jetzt schon im Präsidentenamt, findet "Wir sind
00:22:43: der etwas andere Verein und Herr Lejeune ist der etwas andere
00:22:47: Unternehmer, damit werden bereits zwei Parameter erfüllt."
00:22:54: Also ja, also es wurde wieder heiß um Lejeune beim FC
00:22:57: St. Pauli und für Beutel und Koch drängte die Zeit, denn dem
00:23:00: Verein stand das Wasser bis zum Hals.
00:23:06: Hauptsponsor "World of Internet" war insolvent.
00:23:08: März 2001. Schocker. Wir hören mal kurz rein.
00:23:14: "Herzlich willkommen, liebe Zuschauer zur Spätausgabe der
00:23:22: "Telebörse" an diesem heutigen Tag, an diesem Crash-Tag, wie
00:23:26: ihn einige schon nennen und wir haben hier sozusagen die Erste-
00:23:29: Hilfe-Station eingerichtet für alle Fragen, die Sie heute Abend
00:23:32: haben, denn wir haben unsere Telefonaktion eingeläutet, Sie
00:23:35: können anrufen, Ihre Fragen stellen. Bevor wir damit
00:23:39: anfangen, will ich ihnen das ganze Desaster zeigen, heute also
00:23:42: wirklich nur eine Richtung und die ging
00:23:45: nach unten. Ganz kurze Tendenzen der Märkte, sich ein bisschen zu
00:23:50: erholen, die wurden am Ende wieder zunichte gemacht und so
00:23:55: hatten wir den Nasdaq am Ende im Minus mit sage und schreibe 9,7 %
00:24:00: auf 3.320 Punkte und auch der Dow Jones
00:24:04: war im Gefolge, er ging in die Knie um 5,6 % auf 10.307 Punkte."
00:24:09: Ja, der Dow Jones ging in die Knie.
00:24:13: Ich habe keine Ahnung, was diese Zahlen bedeuten, aber es klang
00:24:17: auf jeden Fall, als wäre da irgendeine Blase extrem geplatzt. Also
00:24:20: Minus ist im Zweifel immer schlecht.
00:24:23: Wir sind nicht der Börsen- Podcast. Noch nicht. Ja, also
00:24:26: die dotcom-Blase war einige Monate vorher geplatzt und sorgte nun
00:24:29: für reihenweise Insolvenzen. "World of Internet"-Vorstand Thorsten
00:24:32: Prochnow träumte im Oktober noch vom Börsengang mit dem FC St.
00:24:36: Pauli
00:24:37: und musste dann gehen. Ja, mit "Astra" fand sich dann für den
00:24:40: Rest der Saison ein Trikotsponsor, der vielleicht für eines der
00:24:44: meistgekauften Trikots der Vereinsgeschichte sorgte. Auf
00:24:47: Marketing-Fail folgte also ein Marketing-Coup.
00:24:50: Jetzt habe ich einen kurzen Ausschnitt noch aus "Absteiger
00:24:53: Nummer 1": "Während des sportlich weiter kriselt, erfreuliche
00:24:56: Nachrichten an anderer Front. Es gibt endlich einen Nachfolger
00:25:00: für die dubiose Internetfirma von der eh niemand wusste, was
00:25:03: sie eigentlich macht. "Astra" wird Interims-Sponsor, keine Frage,
00:25:06: der absolute Wunschkandidat. Vor dem Spiel gegen Osnabrück gehen
00:25:10: die Trikots mit dem rot-weißen Logo weg wie warme Semmeln." Das
00:25:13: Trikot habe ich tatsächlich auch mir dann damals gekauft mit
00:25:17: diesem "Astra"-Aufnäher auf dem "World of Internet"-
00:25:20:
00:25:20: Ursprungsaufdruck, das gibt es noch. Wenn
00:25:24: man sich alte Spielszenen angeguckt aus der Saison 2000/
00:25:27: 2001 sieht man auch noch den Totenkopf an dem Telekom-Gebäude
00:25:31: der in das "World of Internet"- Logo eingebaut wurde, in einer
00:25:35: riesigen Plane. Ja, aber die
00:25:38: Frage ist doch jetzt eigentlich, was ist denn jetzt mit Erich
00:25:42: Lejeune? Im Mai 2001 schrieb die "Bild":
00:25:45: "München bitte melden. Haching- Sponsor Erich Lejeune hat wohl doch
00:25:48: kein ernsthaftes Interesse beim Kiezclub einzusteigen. St.
00:25:51: Paulis Vermarktungschef Christian Toetzke wartet bis
00:25:53: heute auf einen Rückruf des milliardenschweren
00:25:56: Chipherstellers. In der Münchner Zentrale heißt es sogar, Lejeune
00:25:59: will überhaupt kein Sponsoring mehr betreiben. Toetzke: "Nicht so
00:26:02: schlimm, wir haben vier Firmen die Interesse an der Pauli-Brust
00:26:05: haben". 3,5 Millionen Mark wird der Schriftzug auf dem Trikot
00:26:08: kosten, insgesamt werden die Sponsoring Einnahmen 10
00:26:11: Millionen Mark bringen, Rekord."
00:26:14: Ja, es lief also extrem gut bei St. Pauli. Alle wollten
00:26:17: Sponsor werden und 10 Millionen direkt reingeben.
00:26:21: Meine Vermutung ist, Erich Lejeune ist abgesprungen, da
00:26:25: auch "CE Consumer Electronics" aufgrund der dotcom-Blase quasi
00:26:28: in Schwierigkeiten geriet und 2002 den Rückzug aus dem
00:26:31: Vorstand seines Unternehmens publik machte. Frage wäre jetzt
00:26:35: ja nur noch, ob dann die genannten Zahlen von Herrn Toetzke wirklich
00:26:39: von Firma Securvita gezahlt wurden, die dann ja
00:26:43: auf die Brust kamen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine
00:26:47: Krankenkasse 10 Millionen für ein Trikotsponsoring raushaut. Wahrscheinlich
00:26:51: nicht. Was macht der Mann heute?
00:26:55: Ach so, ja. Also er ist auf jeden Fall, das kann ich
00:27:00: jetzt schon aus dem Stand sagen, er hat drei Ehrendoktorwürden, ist
00:27:04: Honorarkonsul von Irland, ist Honorarprofessor an
00:27:09: einer Universität und hat der Hochschule für Philosophie in
00:27:14: München einen Lehrstuhl gesponsert. Das ist dann der Erich
00:27:17: Lejeune-Lehrstuhl für Philosophie in München, wurde
00:27:21: 2019 eingestellt, komisch, ich weiß gar nicht woran das lag. Also von
00:27:25: daher Erich Lejeune hat sich dann mehr auf die Philosophie
00:27:29: konzentriert, ist immer noch am Start, macht immer noch
00:27:33: Interviews, ich habe erst vor
00:27:35: ich glaube drei Wochen ein wunderbares Interview auf seinem
00:27:38: youtube-Kanal gesehen mit Dietmar Hamann. Schade war, dass
00:27:41: Dietmar Hamann quasi kein Mikrofon hatte und nur Erich
00:27:44: Lejeune, aber daran kann man ja arbeiten.
00:27:48: Also Fazit der Erfolg ist erfolgt. Der Erfolg ist erfolgt,
00:27:51: aber er erfolgt ja auch nur, wenn darauf wiederum was erfolgt. Und
00:27:56: auf den Erfolg erfolgte der Abstieg. Aber gut. Danke Erich,
00:28:00: danke Erich.
00:28:02: Wieder was gelernt, auch persönlich. Ja, also man nimmt
00:28:05: was mit nach Hause, würde ich sagen. Erfolg. Also den
00:28:09: Gedanken an den Erfolg. Den Weg zum Erfolg. Ja. Ich hab dem
00:28:13: auch nichts hinzufügen, ich glaube das bildet die
00:28:16: Lebensrealität der meisten Menschen auf der Welt perfekt ab. Würde ich so
00:28:20: sagen. Ich würde sagen, Mut zur zweiten Geschichte, oder?
00:28:25: Absolut. Ich kann ja mal wieder ein bisschen gucken, was wir hier
00:28:28: haben.
00:28:30: Du sollst nicht gucken, Du sollst losen. Naja, ich lose
00:28:33: ja wie man vielleicht am Rascheln hört. Aber nicht gucken. Ich gucke
00:28:37: dann eben drauf, was da steht und das ist der wie gesagt
00:28:40: nachhaltige Zettel wo Christoph drauf steht und das heißt jetzt
00:28:43: wäre Jörn dran. Aber bevor Jörn anfängt hab ich selber noch ein
00:28:46: bisschen was zu erzählen. Nämlich das Thema, das nächste
00:28:49: Thema was wir jetzt haben, was ja auch im ganz weitesten
00:28:53: Sinne durchaus mit Marketing zu tun haben kann, ist die Historie
00:28:56: der Maskottchen beim FC St. Pauli. Ich würde sagen, das hat
00:28:59: nicht nur im weitesten Sinne
00:29:01: was mit Marketing zu tun, was prägt die Marke so sehr wie das
00:29:06: Gesicht, das sie nach außen vertritt? Ja gut, dann müssen
00:29:10: wir natürlich nachfragen, weil das erste Maskottchen, was es gab Mitte der
00:29:14: 1960er, war ein kleines weißes Zicklein namens Jockeli. Ich bin mir
00:29:19: nicht sicher, was das für eine Marke nach außen vertreten soll,
00:29:23: aber gut. War das an Köln, gab es Köln damals schon, ja oder?
00:29:28: Also Köln an sich gab es damals schon. Die wunderbare
00:29:32: Stadt am Rhein. Ich bin mir aber nicht sicher seit wann es Hennes als solches gibt.
00:29:35: Das weiß ich jetzt leider nicht so aus dem Stegreif, aber auf
00:29:39: jeden Fall Jockeli. Es gibt also Bilder davon, da hat es eine
00:29:42: kleine Wärmedecke, würde ich es mal nennen, auf dem Rücken mit
00:29:45: einem Vereinswappen und dem Namensaufdruck eben Jockeli. Der
00:29:49: Namensgeber war der damalige Trainer Kurt Krause, der
00:29:52: allenthalben nur Jockel gerufen wurde, das wiederum weiß ich
00:29:55: auch nicht warum, aber es ist halt so. Immerhin führte das
00:29:59: kleine Tier das Team 1966 zur Meisterschaft in der damals
00:30:02: zweitklassigen Regionalliga
00:30:03: Nord. Allein. Das Tier. Na gut, also jetzt Motivation und so. Es schoss alle drei Tore im Finalspiel.
00:30:10: Genau, St. Powerli. St. Jockeli.
00:30:15: Aber, das hatten wir auch schon mal als Thema, in der Aufstiegsrunde
00:30:18: war dann knapp Schluss.
00:30:20: Und das Problem war auch, Kurt Krause wurde im Herbst
00:30:25: 1967 entlassen und das war dann auch das Ende für Jockeli. Nein.
00:30:29: Weiteres Schicksal leider unbekannt. Oh, was?
00:30:34: Ja, also wir hoffen es hatte ein schönes weiteres gutes Leben.
00:30:39: Ja, ja.
00:30:43: Dann, in den späten 70ern ist es wieder ein lebendes Maskottchen,
00:30:46: nämlich ein putziges Pony namens Paulchen.
00:30:50: St. Paulchen oder nur Paulchen? Soweit ich weiß nur
00:30:53: Paulchen. Der spätere Präsident Wolfgang Kreikenbohm hatte es
00:30:56: nämlich von seinem Ponyhof in der Nähe von Neumünster
00:30:59: mitgebracht.
00:31:00: Die Mutter von Paulchen hieß übrigens Pauline. Vorgestellt
00:31:04: wurde das Tier erstmals in der Vereinszeitung im Dezember 1976. Da ist
00:31:08: dann ein Foto von Verteidiger Dietmar Demuth, der mit dem Tier,
00:31:12: eben ja das Tier umarmt. Das Tier hat offensichtlich einen
00:31:16: Aufkleber mit dem Vereinswappen auf der Stirn. Bitte, nur
00:31:20: ganz kurz, bitte guckt euch jeden Social Media-Post zu
00:31:24: diesem Podcast an, es wird extrem viele gute Bilder geben.
00:31:28: Ja zum Beispiel auch das, möglicherweise.
00:31:31: Genau, dann gibt es noch Jugendspieler mit Paulchen
00:31:35: im Stadion umherlaufen und hat nämlich auch so ne Decke um genau
00:31:38: wie Jockeli zuvor mit dem Namen Paulchen. Also es wurde
00:31:42: sozusagen doch eine gewisse historische Linie. Es wurde
00:31:45: recycelt offensichtlich. Nee, ich glaub die Größe ist ne
00:31:49: andere dann doch. Ich hab noch gelesen, dass es Anfang der 80er
00:31:52: noch Paulchen 2 gegeben haben soll, beide hatten aber
00:31:55: insgesamt wohl keine lange Karriere und sind dann doch
00:31:58: wieder zu den Artgenossen nach Schleswig-Holstein
00:32:01: zurückgekehrt.
00:32:03: Ja, das sind dann die tierischen, also ernsthaft
00:32:06: echten tierischen Maskottchen. Und dann, dann, dann war da noch
00:32:10: das traurige Schicksal von Wumbo.
00:32:13: Die Geschichte haben sicher einige schon mal gehört. Der Heidepark
00:32:17: Soltau war so um 1990 rum Sponsor am Millerntor, auf
00:32:20: Bildern dieser Zeit sieht man auch so Werbebanden im Stadion
00:32:24: vom Heidepark und Wumbo ist oder war und ist immer noch
00:32:27: tatsächlich das Maskottchen dieses Vergnügungsparks.
00:32:31: 27. April 1990, Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern und
00:32:35: dann wurde eben ein sehr armer Mensch in dieses Kostüm
00:32:38: gesteckt. Ein sehr riesiges Kostüm mit einem noch riesigeren
00:32:41: Kopf und der wurde dann aufs Feld geschickt und ich zitiere dann
00:32:44: jetzt mal aus einem Buch von Christoph und Michael, die auch
00:32:48: schon genannt wurden hier.
00:32:50: Zitat: "Die sonst so weltoffenen St. Pauli-Fans machten kurzen
00:32:54: Prozess. Das "Einzige Exemplar aus der Rasse der
00:32:58: Buntbären", so die Park-PR, wurde in Gesängen als "Hässlicher Hamster"
00:33:02: verunglimpft und mit einer Biersalve nach der anderen
00:33:06: bedacht. Das bedauernswerte Geschöpf trat
00:33:09: fluchtartig den Rückzug an und der Sponsor stellte sein
00:33:13: Engagement ein." Danke Fans.
00:33:16: Ja, das ist also tatsächlich die Geschichte der Maskottchen beim
00:33:20: FC St. Pauli, ist eher kurz und insgesamt teilweise auch
00:33:23: traurig. Ich hoffe Wumbo lebt jetzt auch auf dem Bauernhof. Bei
00:33:27: Wolfgang Kreikenbohm auf dem Ponyhof. Möglicherweise leben da alle,
00:33:30: genau der Maskottchen-Friedhof. Gnadenhof. Genau, aber dann, aber dann.
00:33:35: Wir haben ja noch den 1. April 2016 und wir haben Zecki.
00:33:42: Wer kennt es nicht? Möglicherweise erinnern sich
00:33:44: noch einige an Zecki, ist ja noch gar nicht so lange her.
00:33:47: Und wir sind ja auch ein Recherchepodcast und ein
00:33:50: investigativer Podcast. Und wir haben es geschafft.
00:33:54: Wir haben Zecki gefunden.
00:33:59: Und da kommt Jörn ins Spiel. Ja, ein großer Moment für mich, denn
00:34:03: ich darf heute erstmals hier im Rahmen dieses Podcasts bekennen.
00:34:07: Liebe Leute, ich war Zecki, das Maskottchen des FC St. Pauli für
00:34:12: einen Tag, für wenige Stunden. Und aufgrund meiner Affinität zu
00:34:16: Maskottchen muss ich ehrlicherweise sagen, es hat mir
00:34:19: verdammt viel Spaß gemacht. Auf was wir tatsächlich damals
00:34:23: verzichtet haben war, dass ich da mit einlaufe, weil es war am
00:34:27: 1. April 2016, Heimspiel gegen Union Berlin
00:34:31: an dem Tag.
00:34:33: Und ja, wir haben uns dazu damals entschlossen, quasi weil
00:34:38: wir immer Themen für die "Viva" brauchten, auch Oberthemen, uns
00:34:43: für ein Maskottchen als Aprilscherz ja quasi zu machen.
00:34:48: Ganz, ganz riskant. Auf jeden Fall. Ja, es war riskant, aber
00:34:52: wir hatten quasi auch im Verein, sag ich mal, den richtigen Mann
00:34:56: zur richtigen Zeit, gewissermaßen mit Andreas
00:34:58: Rettig, der ja ein Kölscher Jeck ist. Und der hat das auch
00:35:01: wirklich komplett durchgezogen, die ganze Nummer.
00:35:06: Und es gab also, wir haben das wirklich heute würde man sagen,
00:35:09: crossmedial aufbereitet. Also in den Jahren davor gab es
00:35:12: tatsächlich auch schon Aprilscherze, aber dann eher nur
00:35:15: als einzelne Homepage-Artikel beispielsweise. Ich finde man
00:35:19: sieht da auch die fortschreitende Digitalisierung,
00:35:21: dass wir uns wirklich Gedanken gemacht haben beziehungsweise
00:35:25: dass auch die Gefahr da war, dass es sehr schnell aufliegt, aber wir
00:35:28: haben uns große Mühe gegeben. Es gab eine Facebook-Seite, die
00:35:32: existiert bis heute, könnt Ihr suchen, Zecki. Wir hatten ne
00:35:35: Pressemitteilung, wir hatten
00:35:37: komplett die "Viva", die Stadionzeitung, darauf
00:35:40: ausgelegt. Es gab ein Presseshooting mit Andreas dafür
00:35:43: und tatsächlich hatten wir auch in der Hamburger Presse Partner,
00:35:46: kann man sagen, weil die "MoPo" hat das auch groß verkündet am
00:35:50: 1. April und ganz zum Schluss
00:35:52: haben wir dann noch ein youtube- Video online gestellt, wo
00:35:58: ich sehr enttäuscht in der Südkurve sitze und Philipp
00:36:02: Heerwagen mich gewissermaßen in Rente schickt.
00:36:09: Ja, es ist ein sehr trauriges Video.
00:36:12: Aber das heißt also, nur fürs Verständnis. Du warst auch in
00:36:16: diesem Kostüm drin, du warst sozusagen der.
00:36:19: Ich komme da jetzt nicht mehr raus. Celina hat ja sensationelles
00:36:23: Bildmaterial angekündigt. Ich war tatsächlich in diesem Kostüm
00:36:26: drin und wenn man sich das Cover dieser "Viva" so anguckt, sieht
00:36:29: man auch, dass quasi ganz schlecht mit Photoshop das
00:36:32: Gesicht zugeshoped wurde, damit man nicht erkennt, wer es ist,
00:36:35: weil ich ja mit Andreas gewissermaßen mitten auf dem
00:36:38: Rasen des Millerntors stehe und er mich begrüßt.
00:36:42: Und nochmal fürs Verständnis, Du lebst jetzt auch auf dem
00:36:46: Bauernhof von Wolfgang Kreikenbohm? Mit Wumbo und Paulchen. Auf dem Maskottchen-Gnadenhof.
00:36:50: Vielleicht sollt ich mal vorbeifahren und gucken wie es
00:36:53: meine Vorgängerinnen und -gängern ging. Tatsächlich weiß ich gar
00:36:57: nicht was mit dem Kostüm passiert ist, ob das noch
00:37:01: existiert, es lag auf jeden Fall jahrelang in der Medienabteilung
00:37:05: rum, es ist ein sehr günstiges Kostüm gewesen, dass wir glaube
00:37:09: ich auf Amazon bestellt haben.
00:37:12: Und ja, es ist halt keine Ahnung, nicht von ungefähr, dass
00:37:15: es bei uns in der Medienabteilung rumlag, weil wir
00:37:18: immer auf der Suche nach Themen waren, gerade auch für die "Viva".
00:37:22: Und da erschien uns ein Aprilscherz, der durchaus
00:37:25: möglicherweise ein bisschen riskant war als adäquat. Wir
00:37:28: haben Zecki damals, glaube ich, auch mit einem sozialen Zweck in
00:37:31: Verbindung gebracht, für die Kiezhelden, das wurde tatsächlich
00:37:35: kritisiert, aber unterm Strich fanden das doch alle irgendwie
00:37:38: zumindest charmant gelöst, beziehungsweise das tut oder es tat keinem
00:37:41: weh in dem Sinn.
00:37:43: Wir haben tatsächlich auch ein Zeitzeugen-Statement von Andreas
00:37:47: Rettig rausgesucht, der eine kurze Geschichte dazu erzählt,
00:37:51: wie
00:37:52: quasi Menschen sich bei ihm im Büro telefonisch
00:37:56: beschwert haben. Wir können ja mal kurz reinhören: "Und das
00:38:01: Schönste war dann, dass mich vormittags jemand ganz aufgeregt
00:38:05: anrief
00:38:07: über die Zentrale Bar. "Ja, er will sie unbedingt sprechen,
00:38:10: muss jetzt alles loswerden" Stellen sie durch. Klar, ich verweigere mich
00:38:14: nicht. Da hat er mich erstmal beschimpft und gesagt, also jetzt ist wirklich
00:38:18: Schluss, hätte eine gute Meinung von mir, aber was ich jetzt
00:38:22: mache hier, ja, wir werden wie ein jeder beliebige Verein und
00:38:26: was wir jetzt machen mit dem Maskottchen, er kann sich damit überhaupt nicht mehr
00:38:30: identifizieren und hab ihn reden lassen natürlich und habe
00:38:33: dann gesagt, ich verstehe Ihre Erregung, aber ich hab noch
00:38:37: schlimmeres Unheil abwenden können vom Verein. "Wieso, was?". Ja, wir
00:38:41: hatten ursprünglich vor, auch den Stadionnamen zu verändern in
00:38:46: Zecki-Park.
00:38:47: Und daraufhin hat er dann doch lachen müssen und mit Verweis
00:38:51: auf das Datum war das Gespräch schnell beendet."
00:38:55: Ja, also Zecki-Park ist ja richtig charmant auf jeden
00:38:59: Fall. Das wäre richtig gut angekommen. Ich hätte noch, also
00:39:02: wo du gesagt hast, Ihr habt das Kostüm irgendwo bestellt, aber war
00:39:06: das, also als was wurde das denn verkauft? Das war quasi
00:39:10: ein Ganzkörper-Zeckenkostüm. Das wurde auch wirklich, ach so das
00:39:13: war, ok. Es wurde im Internet als Zeckenkostüm angepriesen, wir
00:39:17: haben ein sehr überdimensioniertes Trikot besorgt im Fanshop, haben
00:39:21: das glaube ich auch beflockt tatsächlich. Hinten drauf steht
00:39:25: 1910 Zecki.
00:39:27: Haben dieses Trikot da rein geschneidert und genau dann habe
00:39:31: ich mich in Schale geworfen und dann gab es eben die
00:39:35: ganzen Aufnahmen und tatsächlich das Video mit
00:39:39: Heerwi, das ist tatsächlich am Spieltag nach dem Union-Spiel
00:39:43: sehr spät abends entstanden gewissermaßen, deshalb wurde
00:39:47: auch erst am 2. April ausgespielt und ich in Rente
00:39:50: geschickt. Aber es ist ja tatsächlich eigentlich auch kein
00:39:54: Zufall, dass du Zecki
00:39:56: warst, weil du hast ja quasi ein
00:40:00: Fable für Maskottchen. Ich habe ein Faible für Maskottchen. Kann man das sagen?
00:40:03: Das kann man leider ja, das muss man so sagen. Ich habe ein
00:40:06: Faible für Maskottchen, das hat irgendwie auch gar nichts mit
00:40:09: Marketing zu tun, ich weiß überhaupt nicht, woher
00:40:12: dieses Fable herkommt, ich weiß es nicht. Jedenfalls aus
00:40:15: meiner Erinnerung, ich habe auch mit ein paar Leuten gesprochen,
00:40:18: es ist tatsächlich so, dass ich sehr verliebt war in der Zeit
00:40:21: oder schon lange seitdem ich eben in der Medienabteilung des
00:40:24: FC St. Pauli war, war ich verliebt in dieses eine Video,
00:40:27: das 11 Freunde gemacht hat, die haben 2009, glaube ich, ein
00:40:30: Maskottchenrennen
00:40:31: aller Bundesligamaskottchen gemacht und das hab ich mir in
00:40:33: regelmäßigen Abständen angeguckt. Dementsprechend war
00:40:36: ich auch prädestiniert für die Rolle als Zecki.
00:40:39: Und Ihr hattet mich ja angesprochen und ich habe tatsächlich ein
00:40:42: bisschen gesucht und verschiedene Spuren gefunden in
00:40:45: der Medienarbeit des FC St. Pauli, die dann quasi zu
00:40:49: Zecki hingeführt haben. Es ging los,
00:40:52: ich hab das hier jetzt vor mir, da entweder Celina oder
00:40:56: Christopher können eine Fragen lauschen oder beantworten. 2010
00:40:59: spielte der FC St. Pauli in der Bundesliga und ein
00:41:03: Arnfried Lemmle, seines Zeichens im Marketing und
00:41:06: Vertrieb der TSG Hoffenheim, natürlich Hoffenheim,
00:41:10: suchte auf der Homepage der TSG Hoffenheim eine Darstellerin oder
00:41:14: Darsteller für das Maskottchen Hoffi. Unter anderem sollte man
00:41:17: kinderlieb sein, zuverlässig, aufgeschlossen, kontaktfreudig.
00:41:21: Was haben wir gemacht als "Viva" Redaktion, haben es beim
00:41:24: Heimspiel im August 2010 gegen Hoffenheim aufgegriffen und
00:41:28: haben für die Zuschauer*innen am Millerntor einen Elchtest vorgelegt,
00:41:31: damit man auch sicher gehen konnte, ob man
00:41:35: geeignet ist als Hoffi, unter anderem mit der Frage, wie
00:41:38: reagieren Sie, wenn Sie von Fans provoziert werden?
00:41:42: Antwortmöglichkeit a, ich animiere dazu weiterzumachen,
00:41:45: ich bin schließlich ein Maskottchen für jedermann und
00:41:49: jederfrau. b, ich werfe jeden dieser Schufte um, ich bin doch
00:41:52: ein Elch. Es ist schon ein bisschen cringe, es tut mir leid und
00:41:56: Provokation, immer lächeln oder wofür brauche ich das Kostüm
00:42:00: überhaupt? Ja genau. Wobei man sagen muss, dass tatsächlich ja
00:42:04: Hoffi ein Elch
00:42:05: ist, warum auch immer. Ja genau das greife ich hier
00:42:09: auch, ja eben, aber das ist irgendwie. Liegt an der
00:42:12: Elchpopulation in Sinsheim. Das Kraichgau als Lebensraum für
00:42:15: Großwild war bisher nicht nennenswert in Erscheinung
00:42:18: getreten und so weiter. Ja tatsächlich, das war so die
00:42:22: erste Spur und 2014 in der 2. Liga gab es dann
00:42:25: tatsächlich zwei Interviews, eine
00:42:28: in der Stadionzeitung ebenfalls gegen Union Berlin, wo
00:42:30: ich Ritter Keule interviewt hab und
00:42:33: dann wenig später, wir hatten bei Auswärtsspielen immer auf
00:42:36: der Homepage ein Interview, mit Hennes VIII.
00:42:40: Aktuell ist ja Hennes IX. in Amt und Würden. Und Thomas,
00:42:44: weil Du Dich das gefragt hast. Ich glaub das ist das
00:42:47: beste Beispiel für Marketing oder Vereinsidentifikation, denn
00:42:51: Hennes gab es mehr oder weniger, bevor das Wappen den
00:42:55: Geißbock aufgenommen hat des FC Köln. Also das Wappen des
00:42:59: 1. FC Köln war nach der Gründung nach dem Zweiten
00:43:03: Weltkrieg erstmal Geißbock-frei und der erste Hennes wurde
00:43:06: glaube ich von einer Zirkusdirektorin dem Verein auf
00:43:10: einer
00:43:10: natürlich Karnevalsveranstaltung
00:43:12: geschenkt und seitdem, Hennes 1 bis 9 leben normal
00:43:16: im Kölner Zoo und darüber erzählt auch Hennes mir etwas im
00:43:20: Interview. Da frage ich mich natürlich, Hennes, der Name
00:43:24: kommt von Hennes Weisweiler? Weisweiler genau, also das liegt
00:43:28: dann nahe, und ja, das kulminierte dann oder kumulierte
00:43:32: dann quasi in dieser großen
00:43:34: Aktion rund um 1. April 2016 und ich bin nicht sicher, ob das der letzte
00:43:38: Aprilscherz des FC St. Pauli war, das kam auch alles außer
00:43:41: Mode. Aber nicht nur beim FC St. Pauli glaube ich, sondern
00:43:45: generell
00:43:46: nehme ich Aprilscherze nicht mehr so wahr in den letzten
00:43:49: Jahren. Das stimmt. Würde glaube ich auch heute nicht mehr so
00:43:52: funktionieren. Also
00:43:54: anhand von Social Media würde ich sagen. Ja total schwierig
00:43:57: glaube ich mittlerweile.
00:44:00: Aber hattest Du noch so Reaktionen
00:44:03: bekommen, also hast Du gemerkt, dass Leute das ernsthaft
00:44:06: geglaubt haben und erschüttert waren von neuen Machenschaften
00:44:10: der Marketing im Verein? Schwer zu sagen. Also ich hatte ja
00:44:13: quasi Verwaltungsrechte auf der Facebook-Seite damals und
00:44:17: da quasi Ironie rauszulesen ist sehr schwierig, möglicherweise
00:44:20: haben das tatsächlich ein paar Leute ernst genommen, dann gab
00:44:24: es dann natürlich auch
00:44:26: Reaktionen, da müsste man noch mal in die PMs gucken
00:44:29: dementsprechend. Aber wie gesagt, ich glaub selbst damals war es
00:44:33: schon zu klar, dass das irgendwie nicht sein kann so
00:44:36: richtig und dementsprechend haben auch viele Leute
00:44:41: auch auf die Schippe genommen, indem sie ironisch angenommen
00:44:44: haben, zumindest auf dieser Facebook-Seite. Aber wie gesagt,
00:44:48: es gab Reaktionen im Sinne von vielleicht ist die Aktion ein
00:44:51: bisschen drüber aufgrund der Tatsache, dass wir das so mit
00:44:55: Kiezhelden verbunden haben und dass man eigentlich über soziale
00:44:58: Projekte nicht so scherzen sollte, was absolut korrekt ist.
00:45:02: Also was ja auch noch gab, tatsächlich war dann ja ein
00:45:05: Plüsch-Zecki, den man als Merchandise-Objekt kaufen
00:45:08: konnte, wo ich mich ehrlich gesagt heute ärgere, dass ich mir das
00:45:11: damals nicht gekauft habe, weil
00:45:13: eigentlich sieht das Ding ganz süß aus. Der war ja vor allem
00:45:16: angelehnt dann an dieses berühmte bekannte Fanladen-
00:45:19: Shirt, Zecken on Tour, das war ja quasi 1 zu 1. Diese Comic-Zecke nenne ich das
00:45:22: jetzt mal auf dem Shirt, da war ja. Aber das war gewissermaßen
00:45:26: ne Geschichte. Mit den Fußballschuhen auch. Aber das
00:45:28: lief jetzt quasi unabhängig von uns. Für uns war die Geschichte
00:45:32: Zecki eigentlich beendet mit dem Video. Aber das war schon gleichzeitig,
00:45:35: oder? Also das es das Ding gab oder dann doch nicht?
00:45:39: Also hätte ich jetzt. Du meinst der Fanladen, die
00:45:42: Fanladen-Zecke. Nee, die gab es ja schon ganz früh in den
00:45:46: 90ern irgendwie, als diese Zecken on Tour-Shirts rauskamen da.
00:45:49: Aber dieses Plüschding, also was es im Fanshop dann gab,
00:45:53: ich hätte jetzt gedacht, das wäre auch gleichzeitig mit
00:45:56: diesem Zecki-Ding passiert.
00:45:59: Also so perfektes Marketing haben wir glaub ich nicht
00:46:01: hinbekommen. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube das
00:46:04: Plüschtier kam ein bisschen später. Kann sein, ich hab das nur
00:46:06: irgendwo gefunden als Foto sozusagen, aber nicht jetzt
00:46:09: mehr, wann das da irgendwie.
00:46:11: Aber hat wirklich auch Gesichtszüge, Zähne 1 zu 1.
00:46:16: Ich habe übrigens nochmal geguckt, weil wir das jetzt gerade hatten, also Hennes I.
00:46:21: ist 1950 tatsächlich schon
00:46:25: in Amt und Würden gewesen und hat dann 16 Jahre für den
00:46:30: 1. FC Köln gewirkt, möchte ich sagen. Vielleicht liegt dann, ich
00:46:34: bin kein Köln-Experte, aber vielleicht liegt es nahe, dass
00:46:38: quasi der Tod von Hennes I. als Anlass genommen
00:46:42: wurde, den Geißbock mit ins Wappen aufzunehmen, weil der ist glaub ich seit 67/68 im Wappen.
00:46:47: Dann käme das ja hin. Köln-Expert*innen, bitte meldet Euch. Wäre jetzt nicht ganz
00:46:52: unlogisch. 1. FC Köln-Historiker*innen bitte melden. Wir würden
00:46:56: diese
00:46:57: Frage gerne lösen. Aber ja trotzdem wirklich. Also auch
00:47:00: wie gesagt dieses Abschiedsvideo, das hat wirklich
00:47:04: so eine Trauer in sich und wo man sieht, Dein Wirken ist
00:47:08: nicht unbemerkt geblieben, auch wenn es nur einen Tag war.
00:47:12: Ich habe jetzt Placebo und sammel dann Maskottchen wo
00:47:16: ich nur kann. Was ist denn Dein
00:47:18: Lieblingsmaskottchen? Du sammelst ganze? Stopp, nein, nicht ganze Maskottchen
00:47:22: sondern quasi. Menschen. Selfies mit Maskottchen. Nur den
00:47:25: Menschen da drin, nein.
00:47:27: Selfies mit Maskottchen. Ok, dann gehts. Ja, was ist denn Dein
00:47:31: Lieblingsmaskottchen? Mein Lieblingsmaskottchen ist
00:47:35: tatsächlich Gritty.
00:47:37: Das Maskottchen der Philadelphia Flyers, einem NHL-Team aus
00:47:41: Nordamerika. Gritty hat und natürlich in Nordamerika wird es
00:47:44: auch total auf die Spitze getrieben. Die treffen sich, es
00:47:48: gibt einmal im Jahr ein Maskottchentreffen
00:47:50: beispielsweise und Gritty ist so ein, ich weiß gar nicht was das sein
00:47:54: soll um ehrlich zu sein, Gritty ist halt ein
00:47:58: durchgeknalltes etwas mit Riesenaugen. Ist halt
00:48:01: sehr übergriffig, muss man auch sagen. Also er spritzt so Leuten
00:48:06: zum Beispiel irgendwie Wasser in die Augen während der Spiele und
00:48:10: so und das ist wirklich. Was ich nicht
00:48:13: geschafft habe, ich war 2019 am Tag vor dem Auswärtsspiel von
00:48:17: St. Pauli bei Nürnberg war ich in Prag und habe dort das NHL-
00:48:21: Spiel Chicago Blackhawks gegen Philadelphia Flyers angeguckt,
00:48:25: Gritty war da und ich habe ihn nicht erwischt. Gritty
00:48:28: bitte melde Dich.
00:48:29: So nah werde ich Gritty wahrscheinlich nie wieder kommen. Aber vielleicht auch besser,
00:48:33: weil sonst. Ja und ansonsten habe ich halt und Gritty gibt es auch
00:48:37: ganz oft als gif, also wenn Ihr mal Gritty eingibt, wenn Ihr ein gif
00:48:41: verschicken wollt, das ist immer sehr lustig seine Aktionen.
00:48:45: Ansonsten habe ich auch schon, ich hab mich dann auch
00:48:48: irgendwann an den Hermann rangewagt im Rahmen eines Kita-
00:48:52: Sommerfestes und ja gut, hab Freunde, das ist vielleicht auch noch ganz nett,
00:48:55: hab Freunde beraten vor kurzem, ist quasi eine Kölner-
00:48:59: Hamburger Combo. Die hatten beim ersten Kind quasi weil der Name
00:49:03: noch nicht bekannt werden sollte, hatten sie irgendwie das
00:49:06: erste Kind Hennes genannt, also quasi als Codename. Das zweite Kind
00:49:10: war dann logischerweise Zecki.
00:49:13: Und jetzt, beim dritten Kind, haben sie mich gefragt,
00:49:16: was ich empfehlen würde. Ich habe verschiedene Maskottchen-
00:49:20: Vorschläge geschickt und am Ende haben sie Wilbo genommen als
00:49:23: Codename, das ist eine Mischung aus Willi Wildpark und Bobby
00:49:27: Bolzer.
00:49:29: Weil sie sich nicht entscheiden konnten. Also Willi Wildpark ist klar, wo er
00:49:32: hingehört, wo gehört Bobby Bolzer hin? Bochum ist doch klar,
00:49:35: Bobby Bolzer, Bochum. Ok gut, das macht dann Sinn, wenn man darüber
00:49:39: nachdenkt. Und Wilbo heißt jetzt Louis so, Herzlichen Glückwunsch an
00:49:42: dieser Stelle, danke Steffi. Ich muss dazu
00:49:45: sagen, also ich kenn mich mit Maskottchen nicht aus, ich kenne
00:49:48: nur den Grotifanten von Uerdingen, ich weiß nicht warum
00:49:52: der hängen geblieben ist. Weil der sich öfter mal mit gegnerischen
00:49:55: Fans geprügelt hat wahrscheinlich. Finde ich
00:49:57: eigentlich ganz gut, ja.
00:49:59: Und das einzige Maskottchen wirklich, wo ich öfter das auch
00:50:02: gegoogelt hab, um zu gucken, ob es wirklich ist oder ob das ein Scherz ist. Der
00:50:06: Boilerman von West Bromwich Albion, der ist ja eigentlich
00:50:09: nur ein Boiler mit 2 Beinen, das finde ich relativ, also das
00:50:12: finde ich, den könnte ich mir hier auch vorstellen. Ich musste
00:50:16: vorhin auch irgendwie überlegen, als du gesagt hast, dass der
00:50:19: Erich Mr. Chip genannt wurde, ob das vielleicht ein ziemlich geiles
00:50:23: Maskottchen gewesen wäre, dann Mr. Chip am Millerntor.
00:50:26: Einfach so ein flacher Chip mit zwei Beinen dran.
00:50:29: Ja, da musst Du dann sehr dünne Menschen finden, die sich
00:50:33: dann da rein. Das wird sich schon irgendwie finden. Und
00:50:37: etwas, wo ich wirklich vielleicht stundenlang davor
00:50:41: sitzen könnte. Absolute Empfehlung von mir auf Instagram
00:50:44: ist der Account Mascot Silence, da postet irgendein Mensch, der
00:50:49: viel Humor hat aus meiner Sicht Maskottchen wie sie neben
00:50:53: Sportmannschaften während Schweigeminuten stehen und das ist
00:50:56: aufgrund der doch sehr fröhlichen
00:51:00: Mimik von Maskottchen sehr, sehr schön. Ja ich glaub das hab ich schon
00:51:03: mal irgendwo gesehen, dass natürlich diese Diskrepanz
00:51:07: zwischen dem Moment und diesem meistens, wie Du schon sagst, diesem
00:51:10: meistens Grinsegesicht oder noch schlimmer, ja das stimmt und
00:51:14: außerdem können die ja selten den Kopf nach unten neigen, weil
00:51:17: das einfach nicht geht, so rein technisch und die gucken dann
00:51:21: als einzige geradeaus, so irgendwie. Ja, vielen
00:51:25: Dank Jörn. Ja, danke für diese tiefen Einblicke.
00:51:28: Danke, dass Du das mit uns
00:51:30: geteilt hast. Und dass Du dieses Outing nach vielen Jahren dann doch
00:51:34: vorgenommen hast. Und dass Du es hier vorgenommen hast in diesem
00:51:38: Podcast, bedeutet uns viel.
00:51:43: Ich kann ja noch mal schnell auf das letzte Los schauen, ob das
00:51:46: alles richtig ist hier.
00:51:49: Und überraschenderweise steht auf diesem Los Celina. Ja, also
00:51:55: ich würde ja sagen, dass trotz der Seminare von, ich habe schon wieder
00:52:00: seinen Namen vergessen. Erich Lejeune.
00:52:02: Die Fanszene ist einfach nicht so gut darin ist, positive Dinge
00:52:06: zu manifestieren. Wir sind aber dafür sehr gut darin, Dinge zu
00:52:10: kritisieren und gegen Dinge zu protestieren und so ein Beispiel
00:52:13: habe ich mir heute rausgesucht.
00:52:16: Erinnert Ihr euch noch daran, dass die Vereinsführung 2007 mit
00:52:19: dem Gedanken gespielt hat, die Namensrechte am Millerntor zu
00:52:22: verkaufen, um Einnahmen für den Stadion-Weiterbau zu generieren? Ja.
00:52:28: 2007?
00:52:32: Also das Jahr hätt ich jetzt nicht mehr gehabt, aber dass es das gab
00:52:35: ja. Das wurde dann ja von Fans per Antrag auf der
00:52:38: Jahreshauptversammlung unterbunden. Perfektes Beispiel
00:52:42: dafür, meiner Meinung nach, wie die Fans den Verein vor sich
00:52:45: selbst gerettet haben.
00:52:48: Und wie die Fans die Marke FC St. Pauli langfristig gestärkt
00:52:51: haben. Es gibt da dieses berühmte Zitat von Jochen
00:52:55: Harberg, einer der Mitantragsteller, kennt Ihr auch
00:52:58: bestimmt, habt Ihr bestimmt schon mal gelesen, zum Beispiel auf den Social Media-
00:53:02: Auftritten des FC St. Pauli- Museums. "Wir sind der FC St.
00:53:05: Pauli und ein auf unsere Weise unersetzlicher Verein im
00:53:09: deutschen Fußball, eben weil wir sind, wie wir sind, nämlich
00:53:12: nicht, mit Verlaub, bei jedem Scheiß dabei". Das ist quasi
00:53:16: unser USP. Nicht Ultrà Sankt Pauli,
00:53:18: sondern unser Unique Selling Point. Aber, und das ist definitiv
00:53:23: auch etwas, was sich konsistent durch diesen Podcast zieht.
00:53:29: Es waren finanziell schwierige Zeiten für den FC St. Pauli.
00:53:31: Erstaunlich. Gab es eigentlich mal eine Zeit in der
00:53:34: Vereinsgeschichte, in der es finanziell nicht schwierig war,
00:53:37: in der es einfach uns finanziell richtig gut ging?
00:53:40: Das wär doch mal ne Frage. Richtig gut würde ich sagen,
00:53:44: nein. Naja, definiere richtig gut. Also ich sag mal
00:53:47: richtig gut im Sinne von wir werfen jetzt mit Geld um uns,
00:53:50: nein. Das gab es natürlich trotzdem, aber das war meistens Geld, das gar
00:53:53: nicht da war. Also ich würde tatsächlich sagen, also wenn wir
00:53:57: jetzt mal die Auswirkungen von Corona mal wegdenken, aber
00:54:00: die jetzige Phase ist glaube ich schon eine der stabilsten
00:54:03: die wir haben in den letzten Jahrzehnten würde
00:54:07: ich mal sagen. Danke Marketing. Möglicherweise auch deswegen.
00:54:12: Weil wir uns halt nicht so viel auf Sport konzentrieren, sondern auf
00:54:15: Werbung und Marketing.
00:54:17: Muss man ja auch mal sagen, wird man ja wohl noch sagen dürfen.
00:54:21: Wobei nebenbei das mit dem Sport aktuell ja einigermaßen.
00:54:24: Wie geht das? Ich dachte man kann immer nur eins machen.
00:54:30: Manchmal geht es vielleicht auch
00:54:33: von alleine.
00:54:36: Jörn raschelt mit der "Viva", mit einer alten Ausgabe.
00:54:41: Jörn hat eine "Viva" dabei, wo das "Viva
00:54:45: St. Pauli"-Logo noch diese fancy graffitiartige
00:54:51: Schrift ist.
00:54:53: Damit Ihr das jetzt auch vor Augen habt und damit raschelt er gerade
00:54:57: aufgeregt. Ist auch vorbei. Entschuldigung, Kein Problem.
00:55:01: Zurück ins Jahr 2007, es waren finanziell schwierige
00:55:06: Zeiten, weil der FC ein neues Stadion gebaut hat und Geld
00:55:10: dafür brauchte, es weiterzubauen. Und
00:55:13: da man den Stadionnamen dann ja nicht mehr verkaufen konnte, hat
00:55:17: man sich andere Sachen überlegt. Unter anderem hat man sich
00:55:21: überlegt, dass man eine Stadion- Währung namens "Millerntaler"
00:55:24: einführen möchte, wollte. Die sollte für höhere
00:55:27: Cateringumsätze sorgen durch beschleunigte Bezahlung, weil es
00:55:30: dauert ja immer so lange mit dem Wechselgeld und das geht dann
00:55:34: viel schneller wenn man so
00:55:37: mit bunten Plastikchips bezahlt. Ich glaube aber, wenn
00:55:41: ich mich dunkel erinnere, dass
00:55:44: der Mehrwert vom "Millerntaler" nicht nur war die
00:55:48: Beschleunigung, sondern dass Du auch ungerade, Du
00:55:52: konntest immer gerade Summen auf diesem Taler haben,
00:55:56: so also 20 € drauf, hast aber 18,79 € fürs Bier bezahlt.
00:56:01: Und konntest dir das aber nicht auszahlen lassen, glaube ich den
00:56:04: Rest. Nee, nicht ganz. Irgendwie so dunkel hab ich das im Kopf. Nicht
00:56:07: ganz, aber die die Dinger, die waren schon. Also es gab einen
00:56:10: Taler zum Beispiel der Wursttaler, einer war der Biertaler, also der
00:56:13: hatte genau den Gegenwert von einem Bier sozusagen. Das ist
00:56:16: eigentlich das Gute an diesem Podcast, dass ich nur ein
00:56:19: Stichwort geben muss am Anfang und dann machen Christopher und
00:56:22: Thomas weiter. Nein, ich hatte mir vorhin den Flyer, den es
00:56:25: dazu gab, mal angeguckt und es gibt also wirklich einen ja
00:56:28: Biertaler, einen Wurst- und Fischtaler tatsächlich und dann
00:56:31: aber auch welche, die Werte haben. Das stimmt allerdings, ja.
00:56:34: Aber also das heißt, alleine wenn du nur ein Bier willst sozusagen oder auch zehn,
00:56:38: dann gibst du halt zehn Taler, aber das wäre dann auf jeden Fall ohne
00:56:41: Wechselgeld und das war wahrscheinlich das, was mit
00:56:43: Beschleunigung gemeint ist. Also man wollte diese
00:56:46: Stadionwährung einführen namens "Millerntaler", die Fans sollten ihr
00:56:49: Bargeld gegen bunte Plastikchips tauschen und damit im Stadion
00:56:52: bezahlen, das kennt man ja aus anderen Stadien oder kannte man.
00:56:55: Ich weiß gar nicht wie das aktuell ist. Ich meine
00:56:59: eigentlich hat bargeldlose Zahlung ja viel davon auch
00:57:01: erledigt.
00:57:03: Also das war die Idee ja in der Theorie und publik wurde
00:57:07: das Ganze dann durch eine Flyeraktion des Caterers. Das
00:57:11: war damals "Förde Show Concept", also war es ja auch noch bis vor
00:57:15: kurzem, war es damals eben auch. Die mit der schlechten Wurst. Die mit der pssst.
00:57:21: Die Flyer wurden am 19. Januar 2008 bei einem Testspiel gegen
00:57:27: Hannover 96 am Millerntor verteilt. Auf dem Flyer stand
00:57:33: "Der "Millerntaler" kommt".
00:57:36: Ich glaube, dass das so marketingtechnisch, also
00:57:39: Marketing ist ja nicht nur, wie man seine Marke nach außen
00:57:42: verkauft, sondern es gibt auch sowas wie internes Marketing, und ich
00:57:46: glaube, der erste Fehler bestand schon darin, quasi die FC St.
00:57:50: Pauli-Fans vor vollendete Tatsachen zu stellen und eine
00:57:53: Aussage zu treffen, wie "Der "Millerntaler" kommt". Ich glaube,
00:57:57: das ist nie schlau, zumindest nicht bei dieser Fanszene, die
00:58:01: gerne mitredet.
00:58:02: Was man hätte wissen können, aber ein bisschen unterschätzt
00:58:06: hat.
00:58:09: Es ist nie gut, Menschen mit einem Hang zu Rebellion und
00:58:13: Protest vor vollendete Tatsachen zu stellen. "Der "Millerntaler" kommt".
00:58:16: Punkt. Nicht gut.
00:58:18: Zur weiteren Erklärung hieß es dann "Dein Astra bekommst du
00:58:22: nicht mehr für schnöde Euro, sondern für einen Biertaler aus
00:58:26: der neuen Millerntor-Währung" und weiter "Der "Millerntaler" ist ein
00:58:30: Gemeinschaftsprojekt der "Förde Show Concept" und dem FC St.
00:58:34: Pauli".
00:58:36: Also Zwangs-Währungsreform am Millerntor? Niemand konnte
00:58:39: voraussehen, dass es dagegen eventuell Widerstand geben
00:58:43: könnte. Überraschend. Ich muss ehrlich sagen, ich hab das
00:58:46: damals alles nicht so richtig mitbekommen, obwohl ich theoretisch dabei
00:58:49: war. Ich war 18, ich hab zwar sehr für Bier interessiert, aber sehr wenig
00:58:52: dafür wie es bezahlt wird und generell auch sehr wenig dafür
00:58:55: es selbst zu bezahlen.
00:58:58: Aber das nur am Rande. Ich hab aber im "Übersteiger" noch mal
00:59:01: nachgelesen, wie sich dieser Protest damals entfaltet hat,
00:59:05: der "Übersteiger" hat sehr ausführlich darüber berichtet.
00:59:08: Und weil ich mich sehr auf diese Berichterstattung beziehe,
00:59:11: möchte ich das nochmal extra hervorheben.
00:59:14: Ihr könnt das nicht sehen, aber Thomas hat ... einen "Millerntaler" in der Hand. Nein, das ist kein
00:59:18: "Millerntaler", das ist ein? Das ist der "Übertaler", weil es gab dann ja
00:59:23: ein, ich glaube im März, so einen Monat später eben das
00:59:27: Heft, aus dem Du jetzt wahrscheinlich dann gleich
00:59:30: zitierst oder so. Ja. Und dem lag ein "Millerntaler" bei, allerdings
00:59:35: mit einem Aufkleber "I'd rather drink my beer naked than pay with
00:59:39: Millerntaler".
00:59:40: Was dann auch zu dem Cover passte, wo zwei von hinten zu sehende
00:59:44: nackte Männer offensichtlich am Bierstand stehen. Könnte aber
00:59:47: gut sein, dass die rein gefotoshoped wurden, nicht real am Bierstand,
00:59:51: aber ich bin mir nicht ganz sicher. Ich glaube das. Aber wie auch
00:59:54: immer, also jedem Heft lag halt so ein Taler bei und
00:59:58: den hatte ich hier noch zufällig rumliegen. Ich habe mich gefragt
01:00:02: was diese klebrige Stelle vorne in dem "Übersteiger" ist. Da hat Thomas
01:00:06: den Taler rausgerissen. Wir haben die ja alle hier im Archiv. Wahrscheinlich hing da, das war
01:00:10: damals tatsächlich ein Plastiktütchen.
01:00:12: Das heißt es waren also, ich weiß nicht die Auflage, 3.000 Plastiktütchen, die
01:00:15: in diesem Heft verklebt waren. Ich habe mir das Original
01:00:18: hier aus dem Regal gefischt und ich finde es auch schön, dass
01:00:22: man allen diesen "Übersteigern", die wir hier
01:00:24: haben, ansieht, dass sie so gefaltet wurden, dass man sie in
01:00:27: eine Hosentasche stecken kann, also die haben alle diese
01:00:30: Knicke und dieser hatte vorher eine klebrige Stelle auch noch
01:00:33: vorne drin, die mich kurz irritiert hat und dann habe ich
01:00:36: den Text dazu gelesen, habe den "Übertaler"-Hinweis gefunden und
01:00:38: konnte mir denken, was da geklebt hat.
01:00:42: Genau.
01:00:44: Also ich habe in dem "Übersteiger" nachgelesen und da
01:00:48: steht drin, dass sich der Protest relativ zeitnah
01:00:52: formierte, nachdem Menschen das erste Mal diesen Flyer in der
01:00:56: Hand hielten, und zwar so zeitnah, dass der erste
01:01:00: Thread im FC St. Pauli-Forum noch während dem Spiel eröffnet
01:01:05: wurde. Wart Ihr eigentlich im FC St. Pauli-Forum unterwegs? Ja,
01:01:09: ja, sehr lange und auch sehr aktiv und war auch eine Zeit
01:01:13: lang da mit im Moderationsteam.
01:01:16: Wie war denn Dein Name?
01:01:19: Komm, heute die großen Outings. T.A.L.
01:01:24: Du warst das.
01:01:27: Hattet Ihr mal Beef? Ich weiß nicht mehr, wie mein
01:01:30: Name war. Ist wirklich jetzt auch schon Jahre her,
01:01:33: dass ich da aktiv war. Ich bin dann irgendwann raus, weil das alles
01:01:36: so ein bisschen nervig wurde. Also mein Outing jetzt, ich war
01:01:39: in der geschlossenen Gruppe, ich weiß gar nicht ob die geschlossen war,
01:01:42: ich glaube die war eher auf, der
01:01:45: "Alten Schule" auf jeden Fall, da war ich drin.
01:01:49: Heute noch stehen wir örtlich gar nicht so getrennt
01:01:53: auf der Gegengerade zur "Alten Schule". Aber ob die jetzt noch ihr
01:01:56: geschlossenes Forum, ihren Thread im St. Pauli-Forum haben, weiß ich
01:02:00: nicht. Es gab da verschiedene Unterforen, die tatsächlich
01:02:02: geschlossen waren. Ja, also auch das FC St. Pauli-Museum
01:02:06: tatsächlich hatte anfangs dort einen Extra-
01:02:09: Bereich, der da lag sozusagen. Ich oute mich
01:02:12: jetzt auch mal, als ich diesen Job angetreten bin und die
01:02:16: Übergabe gemacht habe mit Christoph Nagel und er mir die
01:02:19: Zugänge für alle unsere Social Media-Auftritte gegeben hat
01:02:22: waren dabei auch die Zugangsdaten fürs FC St.
01:02:24: Pauli-Forum.
01:02:27: Ich hab mich da nie eingeloggt. Ist glaub ich auch
01:02:30: mittlerweile, also da gibt es auch Menschen sicher, die da angeregt und
01:02:33: engagiert sich beteiligen, das ist möglich, aber ich weiß es
01:02:37: nicht, weil ich da nie reingeguckt hab seit Jahren mehr. Ich habe in
01:02:40: der Medienwissenschaft gelernt, wenn ein Medium erstmal in der
01:02:44: Welt ist, bleibt es da auch,
01:02:46: geht nicht mehr weg.
01:02:48: RIP StudiVZ.
01:02:51: Also am selben Tag
01:02:53: während des Spiels
01:02:56: wurde der erste Thread eröffnet im Forum und noch am selben Tag
01:03:00: ging auch die Protest-Webseite inklusive Unterschriftensammlung
01:03:04: online, am selben Tag eine Webseite mit
01:03:07: Unterschriftensammlung und der Claim zur Kampagne war auch sehr
01:03:11: schnell gefunden. Die Domain besagter Webseite lautete
01:03:15: www.euretalersindnichtunserbier.de.
01:03:19: Ich muss wirklich sagen, protestieren können wir. Also
01:03:22: St. Pauli-Fans können dir innerhalb von 12 Stunden ne
01:03:25: Protestkampagne hochziehen die keine PR-Agentur auf die
01:03:29: Weise so hinbekommen würde.
01:03:31: Die Argumente gegen den "Millerntaler" lagen ja auch auf der
01:03:33: Hand und wurden auch schnell ausformuliert. Wichtigster
01:03:36: Punkt, kein Bock auf Anstehen zum Taler wechseln vor dem
01:03:39: Bierkauf.
01:03:42: Das ist ein Wahnsinns-Argument auch einfach. Verlorene Taler
01:03:45: sollten außerdem als Gewinn ohne Gegenleistung direkt an den
01:03:49: Caterer gehen. Ich finde das ein bisschen, ich frage mich, also
01:03:53: ich mein wenn ich meinen 5 €- Schein im Stadion verliere?
01:03:57: Dann geht das an den Caterer. Weiß nicht, aber auf jeden Fall kriege ich ja keine
01:04:01: Gegenleistung dafür. Also das ersetzt mir ja niemand oder
01:04:04: verstehe ich das falsch? Aber vielleicht findet den jemand
01:04:07: anders und hat dann noch ein schönes Leben davon. Und da geht
01:04:10: es dann wenn der Taler weg ist, dann haben die das ja
01:04:14: schon eingenommen das Geld und Du löst ihn nicht ein, insofern. Ok,
01:04:17: gut könnte natürlich jemand anders finden und einlösen. Auch, ja klar.
01:04:21: Aber für den Fall dass er irgendwo hinfällt wo ihn
01:04:24: niemand findet ist es quasi ein direkter Gewinn für den Caterer.
01:04:29: Weil der bekommt ja quasi indirekt ein Kredit über diese
01:04:32: Stadionwährungsgeschichte. Außerdem weiteres Argument, man
01:04:36: hat keine Übersicht darüber, wieviel Geld eigentlich ausgibt.
01:04:40: Man löst ja schon eine bestimmte Summe ein. Das
01:04:44: steht so im "Übersteiger", ich zitiere das nur an der Stelle, ich werde
01:04:48: das nicht kritisch hinterfragen.
01:04:51: Auch ein wichtiges Argument diesmal wirklich, man braucht
01:04:54: mehr Personal und mehr Stände, obwohl eh schon relativ wenig
01:04:58: Platz ist überall.
01:05:00: Also der Caterer braucht dann ja noch zusätzliche Stände, um
01:05:03: diese Chips zu tauschen und so weiter und sofort und mehr
01:05:06: Personal. Menschen, die diese Chips tauschen. Also die
01:05:09: Reaktion der Vereinsführung kam nicht ganz so schnell wie die
01:05:13: Protestkampagne, aber einen Tag später in der "MoPo" am Sonntag
01:05:16: hat Conny Littmann sich dann von der Reaktion, ich zitiere aus dem
01:05:20: "Übersteiger" "überrascht und angesäuert gezeigt". Er hat also
01:05:23: erst mal ein bisschen einen Alleingang des Caterers impliziert, das ist
01:05:27: auch so ein Klassiker.
01:05:29: Ist auch noch ein-, zweimal mehr passiert, also bei nicht ganz so
01:05:33: erfolgreichen Marketingaktionen wie zum Beispiel, als wir mal
01:05:37: ein Getränk namens "Kalte Muschi" als
01:05:41: Getränkesponsor reinholen wollten wurde das auch dann so,
01:05:45: ich erinnere nur so dunkel, hab das auch nicht recherchiert, fällt mir jetzt gerade ein,
01:05:48: aber ich glaube da sollte es auch eine große Werbepräsentation
01:05:52: geben und das hat auch der Getränkehersteller
01:05:56: angekündigt und auch mit so einem geilen Claim
01:06:00: irgendwie. "Ganz St. Pauli liebt Kalte
01:06:03: Muschi". Ja. Als dann daraufhin
01:06:07: erste Reaktionen aus der Fanszene laut geworden sind,
01:06:11: war das dann glaube ich so, dass dieses Event immer weiter
01:06:15: vom Millerntor weg verschoben wurde, bis dann irgendwann so
01:06:19: Richtung Sternstraße oder so. Also wie gesagt, ich hab das
01:06:23: nur so dunkel in Erinnerung, aber es wurde erstmal impliziert das war alles
01:06:27: so gar nicht geplant. Und dann in den nächsten Tagen oder in den
01:06:31: Tagen darauf sickerten erste Infos durch, also von
01:06:34: Vereinsseite. Der "Millerntaler" sollte zum ersten Heimspiel der
01:06:38: Rückrunde eingeführt werden, neben dem Euro
01:06:42: als Parallelwährung.
01:06:44: Jörn sieht aus als hätte er eine Frage. Das macht total Sinn auch.
01:06:48: Ich frag mich nur wo die Finanzierung des Stadions, also
01:06:52: wann die kommt, weil eigentlich hat man doch nur Kosten, Personalkosten
01:06:56: die das umtauschen müssen, Produktionskosten. Aber der sollte ja
01:06:59: dann die Catering-Einnahmen steigern und davon fließt ja
01:07:03: dann ein Teil an den Verein. Weil man ja schneller Bier verkauft, wenn
01:07:07: du nur so einen Chip hinwirfst und diese Wechselgeld-
01:07:11: Geschichte da weglässt und dann mehr Bier verkaufst.
01:07:15: Das war die Idee zumindest. Wenn man sich
01:07:18: die Zapfanlagen aus der Zeit anguckt, dann ist es glaube ich
01:07:22: egal, wie schnell du bezahlst. War das da nicht noch, nee das
01:07:25: Flaschen umschenken war davor. 15 auf vier,
01:07:29: 18 auf 12. Absolut berechtigte Frage. Diese Fragen
01:07:32: wurden auch gestellt, sie wurden nur nicht beantwortet. Das ist immer gut.
01:07:36: Es kamen erstmal nur diese rudimentären Informationen, also
01:07:39: geplantes Datum der Einführung und eben diese Info, dass
01:07:43: es eine Parallelwährung sein sollte.
01:07:45: Also dass man trotzdem natürlich noch mit Euro bezahlen hätte
01:07:49: können. Was das Ganze ja noch absurder macht. Noch sinnloser macht, könnte man fast sagen, aber der
01:07:54: Protest wuchs. Mitglieder des Forums organisierten und
01:07:58: koordinierten eine Boykott- Aktion und die Protestbewegung
01:08:02: druckte einen eigenen Flyer und verteilte sie dann bei einem
01:08:06: Auswärtsspiel in Köln am 1. Februar 2008. Es gab Aufkleber,
01:08:10: Buttons, Sticker, es gab sogar ein Kampagnen-Video auf myspace,
01:08:15: es gab eine myspace-Seite gegen den "Millerntaler".
01:08:18: Alle Register gezogen, es ist Social Campaigning bevor es Social
01:08:21: Campaigning gab, wir haben es quasi erfunden. Ich habe die
01:08:25: vorhin mal angeklickt, die gibt es tatsächlich noch, da ist aber nichts
01:08:28: drauf, aber man kann die anklicken. Es gibt myspace noch? Scheint so,
01:08:32: auf jeden Fall konnte ich diesen Link anklicken, der da
01:08:35: abgedruckt war im "Übersteiger". Ich müsste mal checken ob es meine
01:08:39: myspace Seite noch gibt, ich hoffe nicht.
01:08:44: Also bei dieser Unterschriftenaktion kamen 3.000
01:08:47: Unterschriften zusammen und über 100 Fanclubs unterstützen die
01:08:50: Aktion, also die Protestaktion. Ja, und Corny Littmann haute ein
01:08:54: Statement raus dazu mit ungeahnten Konsequenzen. Ich bin
01:08:57: mir sicher, Ihr alle werdet die Tragweite sicherlich sofort
01:09:01: erkennen, wenn ich es Euch jetzt vorlese. Corny Littmann hat
01:09:04: gesagt "Es gibt Sozialromantiker,
01:09:07: die gern noch in D-Mark zahlen". Weil die Leute, die den "Millerntaler"
01:09:10: nicht wollen, sich offensichtlich dem Fortschritt verwehrt haben und
01:09:14: im Gestern gelebt haben, das wollte er uns damit sagen. Wegen
01:09:18: der offenen Fragen, die es an dieser Stelle noch gab, hat die
01:09:22: AGiM dann zu einer Informationsveranstaltung
01:09:24: eingeladen in den Ballsaal. Dabei Vertreter*innen der AGiM,
01:09:28: Vertreter*innen vom FCSR, natürlich Menschen aus der
01:09:31: Protestgruppe, Corny Littmann, Geschäftsführer Meeske und
01:09:34: Vertreter*innen der Cateringfirma, das ging also
01:09:37: ein bisschen hin und zurück.
01:09:38: Ein schlüssiges Konzept wurde laut "Übersteiger" nicht vorgestellt.
01:09:41: Verein und Caterer machten keinen besonders guten Eindruck,
01:09:43: mussten sich immer, es wurden Fragen gestellt, niemand hat
01:09:46: geantwortet, da musste so kurz
01:09:48: untereinander gesprochen werden. Dann gab es eine Antwort, aber
01:09:52: keine gute, so hab ich das verstanden, ich war nicht da,
01:09:55: war jemand von Euch da? Weiß ich nicht ehrlich gesagt, ich
01:09:59: glaube nicht, aber ich erinnere mich jedenfalls nicht, dass da ernsthaft
01:10:03: verfolgt zu haben. Ich vermute, dass Menschen, die ich persönlich kenne,
01:10:07: da waren. Das vermute ich dich auch. Ich glaube das auch, ja, ich war
01:10:10: nicht da. Im Wesentlichen begründete der Verein die
01:10:13: Notwendigkeit der Einführung des "Millerntalers" dann so, dass man
01:10:17: die Catering-Einnahmen erhöhen
01:10:19: wollte, haben wir ja schon gesprochen, aber man wollte das halt machen,
01:10:22: ohne die Fans mit einer weiteren Bierpreiserhöhung zu belasten.
01:10:26: Und deswegen... Das ist ja eigentlich ganz nett. Gab es dann noch eine,
01:10:30: zwangsläufig nur noch eine Möglichkeit, nämlich den
01:10:34: "Millerntaler" einzuführen. Das Ganze war ... Jörn. Hätte es da nicht
01:10:39: einfach ne Kampagne sauft mehr?
01:10:42: Trinkt bitte ein Bier mehr pro Spiel. Ich glaub das hätte sogar mehr
01:10:46: Anklang gefunden, glaub ich auch. Mit absoluter Sicherheit. Aber ich
01:10:49: glaub "Förde Show Concept" hat dann gesagt, sie haben damit sehr
01:10:52: gute Erfahrungen gemacht auf Festivals wo sie auch unterwegs
01:10:56: waren als Caterer und deswegen hat man einfach nicht damit
01:10:59: gerechnet, dass da so viele kritische Fragen und Proteste
01:11:02: kommen. Mein persönliches Highlight, Vertreter*innen von
01:11:05: "Förde Show Concept" haben berichtet, dass die Emails von
01:11:08: Fans
01:11:09: zwischenzeitlich die Server der Firma zum Absturz gebracht haben.
01:11:13: Kritische Nachfragen wie die, die Jörn gerade gestellt hat,
01:11:17: kamen in einem Umfang, die die Server zum Absturz gebracht
01:11:21: haben. Kurz vor dem geplanten Datum der Einführung gab es dann
01:11:25: noch so einen Krisenstab und das Ergebnis
01:11:29: dieses Krisenstabes war, dass Verein und Caterer die Idee verworfen
01:11:32: haben.
01:11:34: Und außerdem versprochen haben, zukünftig alle Beteiligten in
01:11:37: derartige Entscheidungen mit einzubeziehen. Und dann hieß es
01:11:41: noch, man wolle die Kampagne nicht gegen den Willen der Fans
01:11:44: umsetzen, also damit war sie dann quasi begraben. Der Artikel im
01:11:48: "Übersteiger" schließt mit der Formulierung "Ich finde
01:11:51: Sozialromantik sexy".
01:11:54: Ich habe Thomas vorhin schon gefragt, wer sich hinter dem
01:11:57: Kürzel verbirgt.
01:11:59: Hinter dem "Übersteiger"- Kürzel, ich werd die Person jetzt
01:12:01: nicht outen.
01:12:04: Es war eine Redakteurin und der Artikel ist wirklich sehr, sehr gut
01:12:07: geschrieben, finde ich. Und diese Redakteurin war auch nicht die
01:12:11: einzige die fand, dass Sozialromantik sexy ist. So ist dann
01:12:14: quasi aus diesem, aus dieser wirklich beeindruckenden
01:12:17: Protestkampagne gegen den "Millerntaler" die erste quasi
01:12:20: Grassroots-Bewegung im Millerntor entstanden, die
01:12:23: Sozialromantiker*innen, ich glaube die heißen offiziell nur
01:12:26: die Sozialromantiker, ich zwangsgender das jetzt
01:12:30: quasi, zwinge Euch das auf.
01:12:33: Genau, die haben den Verein danach noch einige Male wieder
01:12:36: vor sich selbst beschützt und den Markenkern des FC St.
01:12:39: Pauli geschützt sozusagen. Das Symbol kennt Ihr bestimmt alle
01:12:42: diesen Jolly Rouge auf Rot und das Eindrücklichste, was die
01:12:46: Sozialromantiker*innen gemacht haben war 2010 diese Petition
01:12:49: gegen die Vermarktungspolitik oder die eskalierende
01:12:52: Vermarktungspolitik des Vereins, da wo das ganze Stadion auch in
01:12:55: Rot getaucht war und so weiter. Und auch bei der Gründung
01:12:59: unseres Museums waren die Sozialromantiker*innen oder
01:13:02: beziehungsweise die Bewegung und ihre Symbole nicht ganz
01:13:05: unbeteiligt, wenn Ihr dazu mehr wissen wollt, guckt euch den
01:13:09: Film an, den wir zu 10 Jahre FC St. Pauli-Museum gemacht
01:13:13: haben, den findet Ihr auf unserem youtube-Kanal. Da erzählen wir das
01:13:17: alles noch mal.
01:13:19: Das war mein Beitrag. Ja, die Sozialromantiker*innen. Ganz schön,
01:13:23: es gibt so, ich glaube auf der AFM-Seite gibt es eine Übersicht
01:13:27: über verschiedene Fan-Gruppierungen, da haben die Sozialromantiker*innen auch einen
01:13:31: Eintrag und der liest sich so ein bisschen, das ist so, ich
01:13:35: weiß nicht wer das geschrieben hat, aber das ist schön geschrieben, ist
01:13:39: aber mit so relativ viel Pathos. Also das klingt immer so
01:13:43: ein bisschen, das klingt so wie so eine Batman-
01:13:46: Geschichte, immer wenn der FC St. Pauli
01:13:50: wieder bedroht ist, dann erheben sich
01:13:54: die Sozialromantiker*innen und eine Rote
01:13:57: Flut rettet, nicht so, aber es ist sehr schön geschrieben. Ich
01:14:00: hab so einen Verdacht. Es ist aber glaub ich auch ja wirklich
01:14:04: so ein sehr dezentrales, eher lockeres Bündnis würde ich
01:14:08: mal sagen, das hat ja nie eine Struktur in dem Sinne gehabt, wenn ich das richtig
01:14:12: verfolgt habe. Hat es nicht, genau. Natürlich aktiviert sich das in dem
01:14:15: Moment quasi, wenn
01:14:17: Bedarf für Kritik ist, aber so in der Art wie
01:14:20: das geschrieben war, war das ein bisschen heroisch.
01:14:23: Und da steht auch glaube ich, dass quasi solange man von
01:14:26: Sozialromantiker*innen nichts hört, ist das eigentlich ein gutes Zeichen.
01:14:29: Das heißt
01:14:32: das Marketing eskaliert nicht gerade in unangenehme Richtung.
01:14:36: Wenn Ihr, das ist noch eine wichtige Frage, ich hab Euch
01:14:40: einen, es gibt jetzt, in diesem Szenario gibt
01:14:43: es nicht die Option kein Maskottchen einzuführen, es
01:14:47: muss eins, neue DFB- Richtlinie, jeder Verein muss ein
01:14:51: Maskottchen haben. Lizenzauflage? Ja. Wir dürfen aber
01:14:55: Vorschläge einreichen was
01:14:58: der FC St. Pauli für ein Maskottchen bekommt, was wär Euer
01:15:01: Vorschlag?
01:15:03: Boilerman. Es darf es nicht schon geben. Gibt keine
01:15:07: Transfers-Möglichkeiten. Dafür würde ich den "Millerntaler" wieder einführen
01:15:11: und den Boilerman von West Bromwich zu holen.
01:15:15: Ja, gute Frage. Vielleicht so spontan.
01:15:20: Ja, eben spontan. Das Bierfass. So eine Astra-Flasche auf zwei Beinen
01:15:24: fänd ich ganz gut. Wie diese, hat jemand Simpsons geguckt? Es gibt
01:15:27: diese Duff-Maskottchen, die so Menschen in so Bierflaschen
01:15:31: sind? Das könnt ich mir noch ganz gut vorstellen. Bin aber nicht
01:15:34: sicher, ob das so den großen Anklang findet. Knolli. Ja, Knolli
01:15:38: ist sehr hübsch, aber ich glaube nicht, dass das so
01:15:41: richtig gut ankommt, wenn wir jetzt gleich wieder Alkohol da
01:15:45: so in den Mittelpunkt stellen. Stimmt. Wir nehmen so einen Spielchip. Das wäre
01:15:49: ja genauso.
01:15:50: Tali.
01:15:52: BeWini. Rouletti. Na gut, nein, warum nicht dann doch
01:15:57: Zecki nochmal reaktivieren? Ja, das ist eigentlich die beste
01:16:02: Idee, den haben wir ja schon. Jörn, würdest Du es nochmal
01:16:06: machen? Ich weiß nicht, ob ich da zur Verfügung stehe,
01:16:10: aber
01:16:13: ich glaube eher nicht. Aber die wichtigste Frage
01:16:15: wäre, Entschuldigung, jetzt wirklich das, was du vorhin
01:16:17: schon aufgebracht hast, wo ist dieses Kostüm eigentlich abgeblieben? Ja, wir
01:16:20: hätten das gerne als Museum.
01:16:22: Wer es findet, bitte vorbeibringen. Da sollten wir unsere guten Kontakte zur Medienabteilung aktivieren.
01:16:26: Sollten wir nachhaken, würde ich sagen, ja, aber ich mich würde
01:16:30: interessieren, was Ihr darüber denkt, bitte beteiligt Euch
01:16:33: an diesem hypothetischen Szenario und schreibt uns,
01:16:38: was Ihr Euch für ein Maskottchen wünschen würdet, wenn Ihr Euch eins
01:16:41: wünschen müsstet.
01:16:44: Wir sind sehr gespannt. Zum Abschluss noch ein Hinweis,
01:16:47: wenn Ihr gerade eure Weihnachtsfeier plant oder
01:16:50: irgendeine andere Veranstaltung, einen runden Geburtstag, eine
01:16:53: Hochzeit, was auch immer, wird es Euch freuen zu hören, dass
01:16:57: man das FC St. Pauli-Museum mieten kann. Alle Informationen
01:17:00: dazu findet Ihr auf unserer Webseite fcstpauli-museum.de
01:17:04: oder Ihr könnt uns eine Email schreiben an info@1910-museum.de.
01:17:07: An diese Email-Adresse könnt Ihr uns auch gern konstruktive Kritik an
01:17:11: diesem Podcast schicken und außerdem freuen wir uns immer,
01:17:14: wenn Ihr uns
01:17:15: eine positive Bewertung auf der Podcast-Plattform eurer Wahl da
01:17:19: lasst. Das hilft uns sehr viel dabei, noch viel mehr Menschen
01:17:22: zu erreichen mit diesem Podcast.
01:17:25: Und
01:17:28: dann bleibt nur noch zu sagen, vielen lieben Dank Jörn, dass Du
01:17:32: heute hier warst, dass Du Dich... Ich habe zu danken. Geoutet hast. Vielen
01:17:36: Dank.
01:17:37: Und wir sehen uns, hören uns, sehen uns nicht, hören uns
01:17:42: nächsten Monat. Genau, dann würde ich sagen Tschüss und bis zum nächsten
01:17:46: Mal.
01:17:47: Tschüss. Tschüss. Tschüss.
01:17:57:
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