#3 Das Ultimative Derby

Shownotes

In der dritten Folge von FCSP-Geschichte(n) wird es philosophisch und ein bisschen bitter-süß. Christoph, Christopher, Celina und Thomas bereisen den ca. 1910 Tränen tiefen Marianengraben der Hamburger Derby-Geschichte und erzählen, warum das einzige Team, das den FC St. Pauli schlagen kann, der FC St. Pauli ist.

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00:00:00: War ein ausgetragener Wettbewerb von dreijährigen Vollblütern. Ich denke,

00:00:06: es handelt sich um Kinder. Nicht um Kinder, sondern um Pferde, Entschuldigung. Ist

00:00:12: auch noch früh, nee ist nicht gar nicht früh, ist gelogen.

00:00:37: Ja moin. Ihr hört FCSP Geschichte(n), das n in Klammern, den Podcast des FC St. Pauli-Museums.

00:00:43: Wir befinden uns aktuell in der Gegengerade im Museum des FC St. Pauli am

00:00:49: Millerntor, im Millerntor. Ich sitze hier mit meinem Kollegen Christoph. Moin. Mit Celina. Hi. Mit

00:00:56: Thomas. Hallo. Und ich bin Christopher. Schön, dass Ihr zuhört. Wir steigen einfach mal direkt ein und sagen

00:01:03: unser heutiges Thema, was wir ausgerufen haben, ist "Das ultimative Derby". Wir haben, wenn ich es richtig gerechnet habe,

00:01:09: noch vier Wochen bis zum großen Showdown am Volkspark. Das heißt also, je nach Hör-

00:01:15: Zeitpunkt ist also das Derby im April 2023 noch gar nicht in der Verlosung gewesen. Vielleicht wisst Ihr

00:01:21: schon viel mehr als wir jetzt. Genau, vielleicht wird das ja das ultimative Derby. Oder Ihr seid Zeitreisende, in welchem Fall wir Euch

00:01:27: einfach bitten, sagt uns doch Bescheid, wir wollen auch mal auf Sportergebnisse wetten. Falls Zeitreisende unter Euch sind, wir hätten

00:01:33: da noch ein paar Fragen und bräuchten noch ein paar Informationen. Wir möchten Euch auch zuerst in den Kommentaren hören,

00:01:39: weil das ein total geiles Derby wird und Ihr überhaupt nicht versteht, warum es in der Sendung nicht vorkommt. Richtig, richtig. So und also,

00:01:45: wir haben das Thema "Das ultimative Derby" und dann wär natürlich erstmal die Frage, was ist

00:01:52: eigentlich ein Derby und wo kommt das eigentlich her? Ich habe jetzt mal, weil ich natürlich mein Studium

00:01:58: abgebrochen habe, habe ich direkt einfach mal einen Auszug aus Wikipedia genommen. Also der Begriff Derby,

00:02:04: Aussprache im österreichischen oder britischen auch "Darby", häufig auch Lokalderby bezeichnet. Eine Austragung im Mannschaftssport,

00:02:11: bei der zwei meist rivalisierende Sportvereine einer Region aufeinandertreffen. Für die Fans der betroffenen Vereine

00:02:17: haben solche Ereignisse häufig eine hohe symbolische Bedeutung. Da muss ich aber mal ganz kurz eingrätschen

00:02:24: und sagen, also Lokalderby. Das ist so ähnlich wie Laola-Welle oder Augenoptiker auf jeden Fall, aber weil

00:02:30: wenn ein Derby schon quasi lokal ist, dann braucht man kein Lokalderby mehr, aber gut.

00:02:37: Schon mal ein Zeichen gesetzt, das finde ich auch richtig, auch dafür sind wir da. Also der Begriff Derby im mannschaftlichen Sportsinne

00:02:43: geht zurück ins Mittelalter. In Ashbourne in der englischen Grafschaft Derbyshire wird seit dem Mittelalter bis

00:02:49: heute das Shrovetide-Fußballspiel ausgetragen. Bei dem Spiel geht es darum, dass die Spieler versuchen mit einem

00:02:55: Ball das gegnerische Tor, also quasi einen Mühlenstein, zu berühren. Die Entfernung der

00:03:01: Mühlensteine zueinander beträgt etwa drei Meilen, das sind ungefähr 5 km. Bei dem Spiel gab es bis zu 1.000

00:03:08: Teilnehmer und regelmäßig Verletzte und auch mal Tote. Das wird bis heute ausgetragen. Ich gehe

00:03:15: fest davon aus, dass heute keine Verluste zu verzeichnen sind. Das erste Derby, was mehr

00:03:21: mit dem heutigen Fußball zu tun hat, fand 1866 zwischen den zwei ältesten oder mit den ältesten

00:03:27: Vereinen der Welt statt. Zwischen Nottingham Forest, gegründet 1865, und Notts County, sogar noch

00:03:34: drei Jahre früher gegründet, 1862. Kommen wir ein bisschen so in die Gegenwart. Also Fußball ist natürlich an berühmten Derbys nicht

00:03:40: arm. Wir kennen z.B. das Mailänder Derby, auch genannt Derby della Madonnina zwischen Inter

00:03:46: und AC. Old Firm in Schottland zwischen Rangers und Celtic, Superclasico zwischen River Plate und Boca

00:03:53: Juniors in Buenos Aires. Aber frei nach Tocotronic, wir sind hier nicht in Buenos Aires,

00:03:59: Dirk und werden es auch niemals sein, wir sind nämlich in Hamburg. Und was ist

00:04:05: das ultimative Derby Hamburgs? Das ist ja eigentlich die Frage. Ich denke mal, es hat mit dem FC St. Pauli zu tun oder

00:04:11: einem seinen Vorgängervereine. Celina, möchtest Du vielleicht anfangen? Wir sollten vorher einmal, nicht, dass ich Celina das Wort jetzt

00:04:18: entreißen möchte, aber vielleicht kannst Du uns auch, wenn Du eh schon anfängst, noch mal kurz sagen, wie die Spielregeln sind. Die Spielregeln sind: Wir

00:04:24: treffen uns hier einmal im Monat und erzählen Geschichten aus der Geschichte des FC St. Pauli. Jeder

00:04:30: Mensch der hier anwesend ist, außer Thomas, erzählt eine andere Geschichte, also ich erzähl eine, Christopher

00:04:36: erzählt eine, Christoph erzählt eine. Wir wissen vorher nicht, was die anderen erzählen werden. Oberthema aber schon. Oberthema schon,

00:04:43: klar, dazu bereiten wir was vor, aber ansonsten lassen wir uns überraschen und Thomas ist hier als Schiedsrichter

00:04:49: und lebendes FC St. Pauli-Lexikon. Außerdem ist die Spielregel eigentlich, dass wir nicht

00:04:55: länger als 15 bis 20 Minuten erzählen. Diese Regel brechen wir von Anfang an. Bewusst brechen wir die regelmäßig. Regeln sind ja dafür da,

00:05:02: um gebrochen zu werden. Wir sind ja hier auch nicht beim Polizeisportmuseum. Aber zurück

00:05:09: zum ultimativen Derby. Ja Celina, möchtest Du uns mal deine Story erzählen, die Du mitgebracht hast? Genau,

00:05:15: meine Story ist auch eine Regel, die wir direkt wieder brechen. Thomas ist heute nicht nur der Schiedsrichter, sondern wir haben dieses Thema zusammen

00:05:22: recherchiert. Wundert Euch also nicht, dass Thomas relativ große Redeanteile hat heute ausnahmsweise. Das ist nicht

00:05:28: so, dass er mir ins Wort fällt und mir meine Geschichte mansplained. Und wir bewegen

00:05:34: uns schon wieder in der anarchischen Frühzeit des Hamburger Fußballs. Sorry für alle, die das nicht so interessiert, Ihr

00:05:41: könnt das dann jetzt skippen. Aber tut es nicht, denn Ihr verpasst eine spannende Geschichte. Wir erzählen

00:05:47: Euch nämlich heute vom ultimativ beschissensten Derby aller Zeiten und das war zufällig

00:05:53: auch noch das allererste und fand 1919 statt. Auch, wenn niemand, wirklich niemand damals

00:05:59: auf die Idee gekommen wäre, bei dieser Partie von einem Derby zu sprechen, denn für die damaligen Verhältnisse lag zwischen der

00:06:05: Spielstätte des HSV und des St. Pauli Turnvereins, also dem Vorläufer-Verein des FC St. Pauli quasi

00:06:13: eine Weltreise. Also vielleicht nicht ganz ne Weltreise, aber 30 Minuten Fußweg und das war schon ziemlich viel. Der

00:06:20: HSV spielte damals am Rothenbaum und St. Pauli ziemlich genau hier, wo wir gerade sitzen. Nicht ganz, aber auf

00:06:26: dem Heiligengeistfeld. Das ist übrigens eine Besonderheit im Hamburger Fußball, seit mindestens 116 Jahren spielen

00:06:32: wir genau hier. Thomas, möchtest Du uns da mal ein bisschen was erzählen? Ja, möchte ich.

00:06:39: Ja, also genau, das ist nämlich der Punkt. Im Gegensatz zu vielen anderen Vereinen, also auch gerade hier in Hamburg, hatten

00:06:45: unsere Fußballer ihre Heimat immer hier auf dem Heiligengeistfeld. Hin und wieder musste halt mal ausgewichen werden

00:06:51: aus Gründen, meistens aus baulichen Gründen. Hin und wieder auch aus eigenem Antrieb, dass

00:06:57: eben auch anderswo gespielt wurde in der Stadt. Das kennen wir ja auch noch aus der Neuzeit, dass Heimspiel-Derbys

00:07:04: im Volkspark ausgetragen wurden und dazu hören wir eventuell ja später noch was. Wer weiß, wer weiß. Werden wir ja sehen.

00:07:11: Aber die Heimat war eigentlich immer hier sozusagen. Zu Beginn des organisierten Fußballs in Hamburg Ende

00:07:17: des 19. Jahrhunderts, die erste Meisterschaft wurde 1895/96

00:07:23: ausgetragen. Erster Meister SC Germania, die haben da noch mehrere Titel in der Zeit geholt, genau wie auch Altona

00:07:30: 93, das waren so die ersten beiden Topteams. In der Regel hatten die Vereine aber noch gar keine eigenen Plätze. Anfangs,

00:07:36: also ganz am Anfang, wurde schlicht auf irgendwelchen Wiesen gekickt, die es damals auch durchaus stadtnah noch gab. Und als es dann langsam organisierter

00:07:42: wurde, gab es offizielle Spielfelder, die der Verband auch anerkannte. Also teilweise wurde die ganze Saison auf

00:07:48: einem einzigen Platz gespielt nach und nach. Z.B. auf dem Exerzierplatz in Bahrenfeld oder

00:07:55: auch auf der Moorweide am Dammtor wurde Fußball gespielt. Dann gab es eine Radrennbahn am Grindelberg ungefähr da, wo

00:08:01: heute die U-Bahn-Station Hoheluftbrücke ist. Das waren alles so

00:08:07: allgemeine Plätze, wo alle dann spielen durften oder mussten. Aber die führenden Vereine dieser Frühzeit

00:08:13: hatten dann nach und nach auch eigene Plätze, sind bis dahin aber relativ viel durch die Stadt gewandert. Aber um

00:08:19: jetzt wieder zurückzukommen, wo wir eigentlich ja sind, nämlich aufs Heiligengeistfeld. Genau da wurden auch schon viele Spiele

00:08:26: ausgetragen, weil es einfach ein freies Feld war mitten in der Stadt. Da gab es viele, viele Spielfelder, zeitweise bis zu elf, die waren

00:08:32: dann mehr oder weniger abgegrenzt. Auch zum Beispiel Anfang der 1930er gab es ein Sportplatz des Arbeitersport-Kartells auf

00:08:38: dem Heiligengeistfeld. Also wahrscheinlich eher dann auf der anderen Seite Richtung Feldstraße dann wieder. Und

00:08:44: 1899 fand übrigens auf dem Heiligengeistfeld das erste Städtespiel zwischen Hamburg und Berlin statt und diese

00:08:50: Städtevergleiche waren viele Jahrzehnte lang wirkliche Publikumsrenner. Also gab es auch Auswahlspiele zwischen Nord- und Süddeutschland

00:08:56: z.B. und Ähnliches. Berufungen in diese Auswahlen waren wirklich große Ehren für die Spieler. Von diesen großen Vereinen,

00:09:02: die ich jetzt schon mal nannte, habe ich den SC Victoria noch gar nicht genannt. Die haben ja ab 1907 dann an dem heutigen Stadion Hoheluft gespielt,

00:09:09: das gibt es ja auch immer noch. Aber gegründet wurde der Verein auf dem Heiligengeistfeld, nämlich 1895,

00:09:16: damals noch als FC Victoria. Aber die hatten halt auch kein eigenes Stadion bis dahin und haben dann schlicht und ergreifend auf dem Heiligengeistfeld

00:09:22: gespielt und waren aber auch hier durchaus beheimatet. Also z.B. 1903 lag das Vereinslokal

00:09:28: in der Eimsbütteler Straße, das ist dann ja die heutige Budapester Straße, ungefähr da, wo heute das Restaurant 'Ashoka' ist.

00:09:34: Also ist SC Victoria quasi der richtige St. Pauli-Verein? Wenn man so will,

00:09:40: im Ursprung durchaus. Es gab aber noch mehr kleine

00:09:46: Vereine, die halt einfach so rund ums Heiligengeistfeld beheimatet waren mit so fantastischen Namen

00:09:52: wie SC Vineta 1911, SC Elbe 1924, Hamburger Kickers 1921, SC

00:09:59: Falke 1924. Es gab auch Arbeitersport-Klubs, die auf dem Heiligengeistfeld spielten, z.B. der FTSV

00:10:05: Fichte St. Pauli, die wurden dann ja nach 1933 alle verboten, durften dann halt nicht mehr spielen. Aber

00:10:11: was es ja noch gibt, die kennen wir heute noch, Hansa. Hansa 10 und Hansa 11 ab

00:10:18: 1972 Hansa 10/11. Sehr abwechslungsreich und sehr einfallsreich die Namensgebung. Hansa

00:10:25: 10 ist übrigens auch aus dem Arbeitersport hervorgegangen und bei Hansa 11 wiederum haben viele der Fichte-Arbeitersportler

00:10:31: ihre neue Heimat gefunden nach 1933. Das also zum Fußball auf dem Heiligengeistfeld über

00:10:38: die frühen Jahre und Jahrzehnte. Ja, danke Thomas für diese kurze Übersicht. Ich habe

00:10:46: Dich vorgewarnt. Ja. Zurück zum Derby, das wie ich

00:10:52: ja schon gesagt habe damals wahrscheinlich niemand als Derby bezeichnet hätte. Weil Anfang des 20. Jahrhunderts fast

00:10:58: alle Spiele Derbys waren, weil Fußball nicht national organisiert war, sondern regional. Deswegen waren diese

00:11:04: Städtespiele wahrscheinlich auch solche Highlights, weil sie eher selten vorkamen. Ja. Also in der A-Klasse,

00:11:10: der höchsten Spielklasse Hamburgs, waren nur Hamburger Vereine und Vereine aus dem direkten Umfeld. Also sogar z.B.

00:11:16: Harburg hatte ne eigene Liga. Also die Spieler kamen auch aus dem Viertel, waren keine Berufsspieler. Wer bei einem Verein gespielt

00:11:22: hat, hat in der Regel auch irgendwie in den Straßen drum rum gewohnt. Also wenn man Derby quasi über Rivalität durch

00:11:28: Nähe definiert, war das derbygste Derby des frühen 20. Jahrhunderts wahrscheinlich St Pauli gegen St. Pauli.

00:11:34: Was viele von Euch bestimmt nicht wissen ist, dass es im Laufe der Geschichte mehrere Hamburger Fußballmannschaften

00:11:41: mit St. Pauli im Namen gab. Also wir waren immerhin glaube ich die ersten und wir sind jetzt die letzten, aber naja,

00:11:47: es gab mehrere und dazu wird Thomas jetzt noch mal ganz kurz was sagen. Ja tatsächlich, also es

00:11:53: gab einen tatsächlich, wir hatten glaube ich letztes Mal darüber gescherzt noch, aber es gab tatsächlich einen FC St. Pauli

00:11:59: von 1900. Allerdings sehr kurzlebig und der gehörte auch einem Konkurrenz-Verband

00:12:05: an, den es ebenso kurz nur gab. Also der war gar nicht im offiziellen Hamburg-Altonaer Verband organisiert. Den gab's zwar mal,

00:12:12: aber er hat nie irgendwo eine Rolle gespielt. Dann gab es aber ab 1906 die St.

00:12:18: Pauli Spielvereinigung, die war dann schon ein bisschen relevanter. Die haben übrigens an der Sternschanze gespielt und das war dann wirklich ja

00:12:24: ein Derby, wenn nämlich auch die Fußballer des St. Pauli Turnvereins gegen die gespielt haben, weil hin und wieder waren sie in der gleichen

00:12:30: Liga zugange. Der Verein existierte bis zum Ende des Ersten Weltkriegs und schloss sich dann mit dem SV Favorite-

00:12:37: Hammonia, auch ein sehr schöner Name, zur St. Pauli Sportvereinigung zusammen. Also von der

00:12:43: Spielvereinigung zur Sportvereinigung, auch sehr abwechslungsreich. Und hier kommt dann nämlich ich schon die Nummer Drei mit St. Pauli im Namen

00:12:49: ins Spiel, denn diese neue Sportvereinigung ging bereits kurz danach noch 1919 mit einem Verein namens SC

00:12:55: Blücher zusammen. Ja, Namensgebung in der Frühzeit immer ein sehr spannendes Thema. Und

00:13:01: aus diesem ganzen Sammelsurium entstand dann der Verein St. Pauli Sport 01 und dieser Verein St. Pauli Sport,

00:13:08: der war durchaus erfolgreich, der spielte viele Jahre erstklassig, auch in Endrunden um die Norddeutsche Meisterschaft und teils auch höher als

00:13:14: der FC St. Pauli dann. Aber ganz wichtig: Er hatte mit St. Pauli eigentlich überhaupt nichts zu tun. Denn

00:13:20: der bespielte Sportplatz Tiefenstaaken, der liegt irgendwo zwischen Eimsbüttel und Lokstedt und

00:13:26: da war deren Heimat. Also der nannte sich halt St. Pauli, aber hat hier im Verein [gemeint Viertel] null Relevanz eigentlich

00:13:33: gehabt. Dann nach dem Krieg kam man dann über noch mehr Fusionen letztlich im heutigen Verein Grün-Weiß Eimsbüttel an.

00:13:39: Es gibt glaube ich auf der Vereinsseite von Grün-Weiß Eimsbüttel so eine Art Stammbaum des Vereins und der ist sowas von

00:13:45: verästelt, das ist Wahnsinn. Also da sind irgendwo ich glaube im Endeffekt zehn bis fünfzehn verschiedene Vereine irgendwo mal drin gewesen, bis dann irgendwo

00:13:51: am Ende jetzt heute Grün-Weiß Eimsbüttel rauskam. Grün-Weiß Eimsbüttel kenne ich, die sind glaube ich da in Stellingen an der Volksparkstraße

00:13:57: glaube ich in der Nähe. Ich glaub die sind auch immer noch da, Julius-Vosseler-Straße glaub ich, auf jeden Fall

00:14:04: eher nördlich von hier deutlich. Und zum Abschluss jetzt aber dann

00:14:10: doch schon. Auch der St. Pauli Turnverein hat ja nach der Trennung unserer Fußballer vom Turnverein, also

00:14:16: nach 1924 noch eine eigene Fußballsparte kurzzeitig betrieben. Allerdings, soweit ich

00:14:22: weiß jedenfalls, gab es da nie Derbys, höchstens vielleicht mal gegen untere Mannschaften. Das weiß ich jetzt nicht so, das ist dann auch immer so

00:14:28: eine Datenlage-Sache. Kurz danach '28 bis '30 gab es dann wohl diese Fußballabteilung und

00:14:34: dann wieder von 1968 bis mit Unterbrüchen bis 1976. Und

00:14:41: dabei kam man aber nie groß heraus. Diese insgesamt fünf Spielzeiten spielte man nur in den untersten Hamburger Ligen

00:14:47: und auch nur auf unteren Tabellenplätzen. Zumeist hat man nicht mal zweistellige Punkteanzahl erreicht und

00:14:53: das letzte Jahr 75/76 endete mit erschütternden 0:52 Punkten in der 7.

00:14:59: Liga. Und danach hat man die Versuche augenscheinlich eingestellt und hat sich dann auf andere Sportarten beschränkt.

00:15:06: Tamburinball. Ich glaube, der St. Pauli Turnverein hat eher andere Sportarten aktuell im Angebot.

00:15:12: Turnsport vielleicht. Pilates. Ich glaube tatsächlich sowas in der Richtung, ja.

00:15:21: Aber wir reden ja von dem Derby, das wir heute als Hamburg-Derby kennen, also von FC St. Pauli gegen den HSV.

00:15:27: Und die erste Pflichtspiel-Begegnung zwischen dem HSV und dem Vorläuferverein des

00:15:33: FC St. Pauli, also dem Hamburg-St. Pauli Turnverein fand am 7. Dezember 1919

00:15:40: statt und dahin reisen wir jetzt. Also stellt Euch

00:15:46: vor, es ist ein kalter, stürmischer, regnerischer Sonntag. Ihr

00:15:52: seid Fans der Fußballabteilung des Hamburg-St. Pauli Turnvereins und Ihr seid so ein bisschen frustriert, weil die Saison bislang

00:15:58: nicht so gut läuft für Euer Team. Neun Spiele sind gespielt, davon habt Ihr acht verloren und nur eins gewonnen

00:16:04: und das Torverhältnis ist 6:27. Ihr habt zwei Punkte auf dem Konto. Gute Voraussetzungen.

00:16:11: St. Pauli bleibt sich treu auch. Ja, ich wollte kurz fragen, wo ist die Zeitreise? Aktuell läuft es

00:16:17: natürlich besser, aber das Grundgefühl kennen wir ja. Man muss dazu sagen, man war erstmals überhaupt in der ersten Liga und gerade aufgestiegen,

00:16:23: also möglicherweise waren die Erwartungen auch nicht ganz so hoch, aber schön ist es natürlich trotzdem nicht. Die Erwartungen waren vielleicht eh

00:16:29: nicht so hoch, weil der Erste Weltkrieg war ja jetzt gerade erst knapp ein Jahr vorbei und viele

00:16:35: Fußballer und Sportler haben das nicht überlebt und die großen Stars Eurer Mannschaft Heinrich "Heini" Schwalbe

00:16:41: und Christian "Nete" Schmelzkopf sind nicht von der Front zurückgekehrt. Und die Mannschaft hat sich davon auch noch nicht so ganz wieder erholt.

00:16:48: Der HSV hatte da ein bisschen mehr Glück, deren großer Stürmerstar Otto "Tull" Harder hat überlebt und spielt

00:16:54: auch schon wieder Fußball. Tull Harder, kennt Ihr den, sagt Euch der Name was? Der taucht auch in der Ausstellung "FC St.

00:17:01: Pauli im 'Dritten Reich'" auf, denn er hatte dann einen Job als

00:17:07: Aufseher in Neuengamme, wo er dann wiederum einen der Protagonisten unserer Ausstellung

00:17:13: dann traf, der da aber Häftling war. Und hat glaube ich auch, wenn ich das richtig erinnere, nach dem

00:17:19: Zweiten Weltkrieg sich selber weiterhin ideologisch immer noch als reinen Nationalsozialisten auch

00:17:25: bezeichnet. Womit der HSV dann immerhin in seiner eigenen Ausstellung, in seinem eigenen Museum dann später aufgeräumt

00:17:32: hat. Da waren sie in der Aufbereitung auch früher dran als der FC St. Pauli. Aber das ging ganz schön lange so, dass Tull Harder da

00:17:38: so seine Spielchen weitertreiben durfte. Ja, ich mein er war auch der nach Uwe

00:17:44: Seeler der zweiterfolgreichste Torschütze des HSV. Ist auch so aus so Jubiläumsbüchern in den

00:17:50: 50er-Jahren z.B. des Norddeutschen Fußballverbandes wird er auch immer, das ist eher so eine Randnotiz, dass er auch verurteilter Kriegsverbrecher war,

00:17:58: damals schon. Das ist immer so, der große Fußballstar Tull Harder und ja, schade, Nazi war auch, aber

00:18:04: großer Fußballstar so das Hauptthema. Naja, es ist 1919, Ihr

00:18:10: glaubt an euren St. Pauli Turnverein heute ist Matchday, heute wird alles anders. Heute reißt die Mannschaft das

00:18:16: Ruder um, stößt den Bock um, belohnt sich endlich. Ihr spürt es, Ihr habt den Kaffee heute Morgen aus Eurer

00:18:22: Lieblings-Schnurrbartschoner-Tasse getrunken. Euer Spieltagsritual und Ihr freut euch voller Zuversicht auf das Heimspiel.

00:18:29: Das Heimspiel findet zwar am Rothenbaum statt, aber was soll man machen, auf St. Pauli gab's halt damals noch keinen Rasenplatz. Das hat Thomas ja vorhin schon

00:18:35: erklärt. So, also seid Ihr da? Ich sehe mich, spüre den

00:18:41: Schneeregen in meinem Gesicht. Absolut, es tropft aus der Nase. Zum Glück haben wir ja alle Hüte auf natürlich damals,

00:18:47: da ist es nicht ganz so schlimm, aber ja. Ihr tragt eure beste Sonntags-Fankleidung, seid

00:18:55: mit eurem Fanclub - das ist aktive Geschichtsfälschung, ich habe keine Ahnung, ob es damals schon Fanclubs gab. Aber stellt Euch einfach vor,

00:19:01: mit Euren Kumpels seid Ihr jetzt auf dem Weg zum Rothenbaum, um Euer Team zu supporten. Gegen diese ganz neue

00:19:07: Mannschaft HSV, die sich ja gerade erst aus dem SC Germania und dem Hamburger FC und

00:19:13: was war's noch, Thomas? Falke? Genau, Falke 1906. Falke zusammengeschlossen hat. Ihr denkt Euch wahrscheinlich so, ganz

00:19:20: schön dreist, dass die sich ernsthaft HSV von 1887 nennen, wenn die quasi erst ein paar Wochen alt sind. Naja egal,

00:19:26: Ihr seid optimistisch, dass Ihr die schlagen könnt. Und dann kommt Ihr an und stellt Euch an den Spielfeldrand und

00:19:33: guckt, wer so da ist und stellt fest: Irgendwie

00:19:39: hat unser Team heute nur acht Spieler zusammenbekommen. Hmm, super Voraussetzungen.

00:19:45: Kurz vor Anpfiff kommt noch einer angehetzt, ein neunter, der hat aber sein Trikot vergessen. Naja,

00:19:51: kann sich ja eins vom Gegner leihen, bekommt also ein altes Hemd vom HSV und

00:19:57: egal, Neun sind besser als Acht, denkt Ihr Euch und nehmt noch einen großen Schluck auf dem mitgebrachten Flachmann, zieht vielleicht noch

00:20:03: eine Line Schnupftabak für die Nerven und dann beginnt das Spiel. Ich weiß nicht, gab es damals schon Bierstände? Ich bin jetzt einfach mal davon ausgegangen, dass

00:20:09: es keine gab. Ich glaube eher, dass man sich da wenn wirklich was mitgebracht hat. Also dieses professionelle Catering

00:20:15: nenne ich es jetzt mal, ist glaube ich sehr, sehr viel später erst entstanden. Dann ist Anpfiff, was glaubt

00:20:22: Ihr denn jetzt, wie dieses Spiel so verlaufen ist? Natürlich spielt St. Pauli die Emporkömmlinge vom HSV an die Wand. Das

00:20:28: ist ja ganz klar, also auch mit acht, auch mit sechs. Ist ja klar, dass St. Pauli das

00:20:34: Spiel macht. Bei solcher Unterzahl Kantersieg zweistellig. Thomas weiß, wie es ausgeht. Ich bin jetzt nicht ganz so optimistisch.

00:20:40: Ich habe in der 'Turnen, Spiel und Sport', das

00:20:46: war quasi das Mitteilungsblatt des Norddeutschen Fußballverbandes zu der Zeit, einen Bericht zu diesem Spiel gefunden. Einen

00:20:52: relativ ausführlichen für die damalige Zeit muss man wirklich sagen, den ich Euch jetzt mal ausschnittsweise vorlese. "Vor

00:20:59: ungefähr tausend Zuschauern wurden die St. Paulianer mit 9:0 heimgeschickt. Die Turner hatten unverständlicherweise

00:21:06: nur neun Mann mitgebracht. Das Spiel bot daher nur wenig Interessantes. Es hielt sich fast ausschließlich in

00:21:12: der Hälfte der Turner, die das HSV-Tor niemals ernstlich gefährden konnten. Schon fünf Minuten nach Anfang erzielt Ohrt das

00:21:18: erste Tor, dem Harder bis zur Halbzeit das zweite und dritte folgen lässt." Also Halbzeit, Ihr seid wahrscheinlich nicht

00:21:24: mehr so optimistisch. Dann auch noch zwei Tore Harder. Das kann man immer noch drehen. Aber 3:0 geht ja noch. Ihr habt die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Natürlich nicht.

00:21:33: Ihr supportet was das Zeug hält, die zweite Halbzeit wird angepfiffen und immerhin, "der HSV-Sturm lässt auch so die

00:21:42: ein oder andere günstige Gelegenheit unausgenutzt, er gefällt sich nämlich ein bisschen zu sehr in Überkombination." Die

00:21:48: klassische HSV-Arroganz. "Und St. Pauli legte sich der Not gehorchend auf Verteidigung." Können wir auch

00:21:54: immer ganz gut. "Und wenn es den drei Stürmern mal gelingt an der weit aufgerückten Verteidigung des HSV

00:22:00: vorbeizukommen, kann es trotzdem nicht gefährlich werden." Dieses Matchglück. Da

00:22:06: wurde wieder nicht aufs Tor geschossen, das gibt's ja auch oft genug. Aber man hat ja eigentlich damals mit fünf Stürmern gespielt und wahrscheinlich die

00:22:12: zwei Fehlenden waren dann wohl, die hat man da vorne rausgenommen, um die Abwehr jedenfalls zusammen zu haben. Dann

00:22:19: geht es noch weiter bergab, "die Überlegenheit des HSV kommt noch mehr zu Tage. Werner, der für den noch

00:22:25: immer noch durch seine Krankheit behinderten Harder", also muss man noch dazu sagen, Harder nicht mal in Topform, "in den Sturm gegangen ist, schießt

00:22:31: bald nach dem Wiederbeginn ein brillantes viertes Tor. Lowien, der sonst mit seinen Schüssen viel Pech hat, drückt den

00:22:37: Ball zum fünften Tor rein. Dann verlaufen auch die schönsten Angriffe erfolglos, bis Harder wieder nach vorne kommt und das

00:22:43: Ergebnis auf 9:0 stellt. Ein Elfmeter wegen Hand wurde von Schneider nicht verwandelt. Ecken-Verhältnis 15:0."

00:22:49: Enge Kiste. Sprich, der Kollege Harder kam dann zusammen auf sechs

00:22:55: Tore? Rechne ich so richtig? Super. Um das mal zusammenzufassen: Derby

00:23:02: Worst-Case-Szenario, man hat nur achteinhalb Mann auf dem Platz, wird 9:0 nach Hause geschickt

00:23:09: und das auch noch von einem astreinen Nazi. Der er damals ja in dem Sinne noch nicht war,

00:23:15: sprich wir als Anwohner oder Beiwohner dieses Spiels wissen das natürlich noch gar nicht. Ja, das ist jetzt

00:23:21: aber hübsch deprimierend, da wollen wir unsere Zuhörer:innen auch gerne haben. Diese ständigen Höhenflüge

00:23:27: gibt es mit uns nicht, der FC St. Pauli und das Museum sind wie Yin und Yang. Wenn der FC St. Pauli gerade mal richtig abhebt,

00:23:33: dann holen wir Euch wieder runter. Genau, zurück auf den Boden der Tatsache, wir erden Euch quasi, gern geschehen. Richtig.

00:23:39: Ja, also ich glaube, wenn man diesen 1.000 Leuten, die damals am Spielfeldrand standen und dieses Spiel angeguckt haben, erzählt hätte,

00:23:46: dass hundert Jahre später ausgerechnet diese beiden Teams übrigbleiben als die Mannschaften, die sich in Hamburg quasi etabliert haben,

00:23:52: was den sportlichen Erfolg angeht, dann hätten sie sich wahrscheinlich ziemlich tot gelacht und gesagt haha. Aber was ist mit Altona und Victoria?

00:23:58: Und dem ETV und Germania und all den Mannschaften über die Thomas

00:24:04: vorhin gesprochen hat. Ist ja eigentlich auch relativ unglaublich, dass der Turnverein halt tatsächlich einfach dann der zweitgrößte,

00:24:11: ich spreche diese bittere Wahrheit jetzt aus, dass wir, der FC St. Pauli, nur der zweitgrößte Verein in Hamburg sind

00:24:17: von Reichtum und Mitgliederzahl und Titeln. Noch. Emotional natürlich immer die Nummer

00:24:23: Eins. Aber trotzdem unglaublich, dass der Turnverein aufgrund seiner desolaten Erfolglosigkeit

00:24:30: trotzdem es geschafft hat, zu bestehen oder seine Spielabteilung,

00:24:36: die dann den FC St. Pauli gegründet hat. Und genau das macht sie ja so wahnsinnig, selbst ein 9:0 bei miesen

00:24:42: Wetterverhältnissen irgendwie im Schlafanzug, den sie aus irgendeiner HSV-Schublade rausgezogen haben, jedenfalls dieser eine Spieler ohne Trikot.

00:24:48: Es hat sie einfach nicht aufgehalten, wir sind offensichtlich immer noch da. Ihr hört es selbst. War

00:24:54: das Wetter wirklich so mies? Das Wetter war so mies, ich habe tatsächlich, ich habe versucht rauszufinden, wie das Wetter war an dem

00:25:00: Tag und versucht Wetteraufzeichnungen zu finden. Hab festgestellt, es gab noch keine, also was habe ich gemacht? Ich habe mir die

00:25:07: Wettervorhersage angeguckt in einer großen Hamburger Tageszeitung, wo steht "Wetter am Sonntag veränderlich,

00:25:13: ziemlich wild, zeitweise Niederschläge." Neun Niederschläge. Und

00:25:19: da hat doch mal wieder jemand die ganze Vereinsgeschichte in wenigen Sätzen zusammengefasst, auch wenn es angeblich ums Wetter geht. Ja, es tut mir auch leid, dass ich jetzt mit dieser extrem deprimierenden Geschichte angefangen habe. Ihr erzählt

00:25:29: uns jetzt bestimmt die beiden größten Derby-Erfolge aller Zeiten, oder? Nur Endorphine, nur Endorphine. Keine

00:25:35: Liebe ohne Leiden heißt es doch. So sieht es aus. Leidenschaft kommt von Leiden, hat noch jemand eine Plattitüde

00:25:42: zu dem Thema? Einfach weiter, jetzt die großen Erfolge oder habt Ihr etwa

00:25:48: was anderes rausgesucht? Christoph, gib uns die großen Erfolge. Wir wollen also zur zweiten Geschichte? Ja das ist ja toll, weil nachdem

00:25:54: wir jetzt gesagt haben, mehr Euphorie wagen, gehe ich rein mit meinem Segment, was ich mal so in Kladde

00:26:00: skizziert habe mit Überschrift, skizzenhaft mit einer Überschrift versehen habe "Bittersweet Symphony

00:26:07: oder 1910 Tränen tief" Das klingt ja nicht nach Freudentränen. Es klingt nach Blumfeld. Das auf jeden Fall, ja. Das ist alles drin und

00:26:17: natürlich The Verve auch mit dabei. Warum, wissen vielleicht einige,

00:26:24: die das gehört haben jetzt sogar schon assoziativ. Ja, warum habe ich mir jetzt das ausgesucht, warum geht's

00:26:30: wieder runter? Habe ich ja eben schon so ein bisschen gesagt, also ich habe immer so ein bisschen Sorge, zu euphorisch sein,

00:26:36: sonst freut man sich ja nicht mehr genug. Und die Auswahl ist natürlich der Geschichten, die wir haben, immer sehr persönlich.

00:26:42: Für mich dann eben auch, es geht nämlich jetzt zurück ins Jahr 2002, genau gesagt zum 19.

00:26:48: April. Langjährige Hörer:innen dieses Podcasts werden wissen, ich bin totaler Modefan, hatte meine

00:26:54: erste Dauerkarte in der Saison 2000/01 gekauft. Also war das jetzt meine zweite Dauerkarten-Saison und

00:27:01: irgendwie war das alles ja dann doch noch ein Stückchen intensiver als vorher, als ich immer mal so ab und zu mir eine Karte gekauft habe und das

00:27:07: immer regelmäßiger wurde. Und das Derby von diesem Tag, vom 19. April 2002 ist in der Landschaft meiner persönlichen

00:27:13: Fußball-Emotionen sowas wie der Marianengraben. 11.000 Meter unterhalb des Meeresspiegels, tiefer geht es nicht. Ich

00:27:21: freue mich jetzt schon auf die hoffentlich heftigen Debatten in unseren Kommentarspalten, wer, Celina oder ich, Euch tiefer

00:27:27: runtergezogen hat. Auf jeden Fall für mich prägende Erfahrung und umso schöner dann

00:27:33: nachfolgende Derbysiege, auch gerade die der letzten Zeit. Außerdem sportlich relevant,

00:27:39: Schlüsselspiel, das würde ich also jetzt hier noch mal in die Waagschale werfen wollen. Denn in einer Saison der

00:27:45: Ganz-dicht-drans, also in der 34 Punkte zum Klassenerhalt gereicht hätten, Nürnberg und Rostock haben

00:27:51: das vorgemacht, da hätte dieses Derby einen markanten Unterschied machen können. Ja,

00:27:58: wenn man da jetzt mal zurückreist oder aus Sicht der vorigen Geschichte nach vorne, dann

00:28:04: ja, Menschen, die den Aufstieg 2000/01 mitgemacht haben. Sehr viele

00:28:10: haben dann halt gesagt, das war ja so unglaublich, weil die Mannschaft die als Absteiger gehandelt worden war, "Und wenn wir jetzt jedes Spiel verlieren,

00:28:16: scheißegal." War dann doch nicht ganz so toll, also, wenn man es dann tatsächlich erlebt, ist das nicht

00:28:22: ganz so schön, wie beim Bier nach dem Aufstieg. Und so war es dann eben auch, nach der Hinrunde hatte der

00:28:28: FC St. Pauli mickrige acht Punkte aus fünf Unentschieden und einem Sieg. Das

00:28:35: allerdings war ein 4:0 gegen Cottbus am zehnten Spieltag dank Motivationshilfe von Cottbus-Trainer Ede Geyer,

00:28:41: später auch "Der letzte Freier" gerufen. Und zwar deswegen, weil er vor dem Spiel, nee weil

00:28:47: er nach dem Spiel, was ihm nicht so gefiel sagte, seine Spieler hätten gespielt, wie, um Geyer bewusst

00:28:55: nicht zu zitieren, Sexarbeiterinnen auf dem Kiez. Die Kritik an deren Arbeitsmoral wurde dann aber brüsk zurückgewiesen. Ja,

00:29:02: so war das 4:0 gegen Cottbus der einzige Sieg der Hinrunde. Es gab dann auch trotzdem eine Weihnachtsfeier

00:29:09: mit Fans und Mannschaft und ein junger Sven Brux bringt die Stimmung auf den Punkt: "Ich hab nur mittlere Reife und wenn mich einer auslachen würde,

00:29:18: weil ich kein Abitur habe oder beschimpfen würde, fände ich es auch scheiße. Ich denk mal, ähnlich müssen wir mit unserer Mannschaft umgehen. Da ist einfach eventuell nicht mehr drin."

00:29:29: Mag wohl so sein, aber ob man ihnen das so sagen sollte, wer weiß.

00:29:35: War einer von Euch vielleicht damals dabei, ich war es nicht. Ich bin ziemlich sicher, dass ich da war. Das war ja meistens dann im 'Docks' damals.

00:29:41: Diese, ich weiß nicht, war das noch die Jack Daniel's Party, sowas in der Art. Klingt nach einer sehr intimen Weihnachtsfeier.

00:29:47: Mehrere Jahre, also irgendwas in der Art war es auf jeden Fall, ja. Es war wohl laut Sven auch

00:29:54: weniger los als in den Vorjahren. Denn was Ihr gerade gehört habt, ist ein Auszug aus einem Film übrigens, den er auch gucken könnt. Auf

00:30:00: der Plattform vimeo.com ist der abzurufen von Dirk Laabs und Julia Möhn, der heißt "Irgendwo da unten" über diese

00:30:06: Saison. Und das ist also wirklich eine ziemlich grandiose Szene. Mit Bild muss man schon sagen, kriegts noch was dazu, weil sie schneiden

00:30:12: dann auf die Mannschaft, Henning Bürger, Thomas Meggle stehen da mit versteinerten Gesichtern. Hey super, das kriegst du

00:30:18: einfach gerne auf der Bühne, wenn du neben jemandem stehst gesagt, dass du einfach überhaupt nicht Fußball spielst und dass da einfach nicht

00:30:24: mehr drin ist. Der Film ist aber auch ansonsten sehr sehenswert. Absolut. In Gänze, zwar

00:30:30: auch dann dem Namen entsprechend durchaus traurig oder niederschmetternd, aber irgendwie gut gemacht. Nach

00:30:37: der Winterpause Start mit 3:1-Heimsieg gegen Wolfsburg, gibts auch einen Clip zu, wie das klang, hier

00:30:43: auch aus "Irgendwo da unten". "Tor in Hamburg. Auch der FC St. Pauli hat seinen Brasilianer,

00:30:53: sein Name Marcao. Mit einem Hackentrick bedient er Zlatan Bajramovic und der macht in der 82.

00:31:01: Minute, das 3:1. Mit dem zweiten Saisonsieg ist der FC St. Pauli wieder im Geschäft, kann sich

00:31:07: tatsächlich wieder Hoffnungen machen, doch nicht zu den drei Absteigern aus der Fußball-Bundesliga zu gehören."

00:31:13: Ja und dann in Rostock 0:1-Niederlage, aber 2:1 gegen Bayern, kann man sich auch noch erinnern, 6.

00:31:20: Februar, St. Pauli verlässt den letzten Platz, wir sind 17. Auch gegen Freiburg gibt's noch mal einen Heimsieg,

00:31:26: 1:0. Ja und dann wird's eben doch wieder knapper. Man hatte gerade wieder

00:31:32: so angefangen zu hoffen und also dramaturgisch geschickt lässt der FC St. Pauli ab jetzt aus diversen Gründen Punkte

00:31:38: noch und nöcher liegen. Schiedsrichter-Pech, Unvermögen, da kommt alles zusammen. Gegen Leverkusen, Gladbach,

00:31:44: Dortmund, Lautern - das waren jetzt also alles Unentschieden. Dann gabs in Cottbus ein 0:4, damit man sich übers 4:0

00:31:51: nicht so viel freut. Ein 2:4 bei 1860 München und dann am 13.4.2002

00:31:57: ein 1:2 in Köln, wo die Zeitung 'Sportmikrofon' als Headline

00:32:03: ihres Berichts wählte "Dümmer geht's nimmer". War das nicht diese Szene mit Cory Gibbs, wie er

00:32:09: da irgendwie irgendjemanden auf der Torlinie anschießt, anstatt den Ball da drüber ins Tor zu schießen? Irgendwie sowas habe ich da vor Augen.

00:32:16: Ja, das waren so die Zeiten, wo es also wirklich eigentlich wahrscheinlicher war, den Ball auf die andere Seite des Erdballs zu kriegen, als ins

00:32:22: Netz. Genau. Also, da waren sie wirklich ganz, ganz groß dabei. Der

00:32:30: Klassenerhalt, schrieb dann der 'Übersteiger' vor dem Heimspiel gegen Kaiserslautern, das also auch vor meinem ultimativen

00:32:36: Derby noch stattfand, der Klassenerhalt sei utopischer als ein zukünftiger Bundeskanzler Westerwelle.

00:32:42: Ja, also, jetzt steht dann also wirklich das Derby an. Das Hinspiel-Derby

00:32:48: war ja dann sogar ganz gut gewesen. Am 2. Dezember, wir denken da mal zurück, das war ja 3:4 mit zwei Toren von Trulsen. Hätten sie

00:32:54: noch fünf Minuten länger spielen dürfen, hätten sie vielleicht sogar das 4:4 noch geschossen, das war also echt schon ziemlich gut an. Also

00:33:00: ganz gut ist natürlich auch im St. Pauli-Kosmos ganz lustig, weil wir lagen trotzdem 4:1

00:33:06: zurück. Ja, aber so dramaturgisch ist natürlich 0:1, 0:2, 0:3 in der Tat, da war also wirklich. Nur vier Tore.

00:33:12: 1:3 Meggle, 1:4 Barbarez, 2:4, 3:4 dann Truller. Und dass es dann ausgerechnet auch noch Truller war, also das

00:33:19: war schon nicht so ganz schlecht. Aber leider passierte dann eben nach der 82. Minute dann doch

00:33:25: nichts mehr im Rautenkasten. Und jetzt steht also das nächste Derby an am 19. April. Es

00:33:32: fand dann auch tatsächlich am angekündigten Spieltermin statt, muss man beim HSV auch dazu sagen. Es wurde also darauf verzichtet einen neuen

00:33:38: Rasen zu verlegen oder irgendwelche Kinkerlitzchen. Es gibt noch viele Derbystories, die wir vielleicht in einer späteren Derby-

00:33:44: Episode wirklich genüsslich ausbreiten würden. Es bleibt aber das Problem, das Derby findet im Volksparkstadion

00:33:51: statt. Das hat mit einer Plage zu tun, die Freunde des Alten Testaments aus der Bibel kennen. Es

00:33:57: wimmelt von Fröschen. Zumindest hat das jetzt nicht wirklich geholfen. Das erste Spiel war ja gegen Hertha BSC,

00:34:03: die damals noch über eine sehr militante und rechte Gruppierung namens 'Hertha Frösche' verfügten

00:34:09: und diese Hertha Frösche randalierten beim 0:0 am Millerntor gegen Hertha. Unter anderem turnten sie auch auf dem

00:34:15: Spielertunnel rum. Und das hat natürlich noch mal die Presse befeuert, die ohnehin schon doch sehr gerne, wird

00:34:22: ja auch oft dem Polizeibericht oder dem Pressesprecher gefolgt und gesagt hatte, na ob das alles sicher genug

00:34:28: ist? Die 'Frankfurter Allgemeine' schrieb danach, natürlich auch nicht unbedingt ein Blatt, was jetzt so Punkrock-

00:34:34: Fußball sehr aufgeschlossen ist, "Das 1963 erbaute und mittlerweile marode Millerntor-Stadion hat

00:34:40: lediglich einen großen Zugang. Eine Trennung der an- und abreisenden Fans beider Vereine ist so kaum möglich.

00:34:46: 'Durch diese Situation wird unsere Arbeit enorm erschwert', sagte Polizeisprecher Reinhard Fallak. 'In der AOL-Arena

00:34:53: haben wir diese Probleme nicht', befürwortet er einen Umzug in das Stadion des Lokalrivalen Hamburger SV." Für

00:35:00: einen möglichen Stadionneubau, so der freundliche Vorschlag im Artikel, könne das Millerntor ja auch einfach um 90 Grad gedreht werden. Lustigerweise

00:35:07: ist damals niemand auf die Idee gekommen, was man ja heute macht, einfach vielleicht den Gästeblock auf die andere Seite zu verlegen. Das

00:35:14: Millerntor liegt ja noch genauso wie das Stadion damals auch. Und irgendwie machen die jetzt doch getrennte Anreisen, erstaunlich. Also

00:35:20: Gästeblock eben noch in der Südkurve, das war ja damals noch der Punkt. War damals noch der Punkt, aber ich find's total stark, dass sie lieber ein ganzes Stadion um 90 Grad drehen wollen,

00:35:28: auch mit Telekom-Gebäude und sonst würde es vermutlich Probleme noch und nöcher geben und mit U-Bahntrassen und all so ein Quatsch. Das vor

00:35:34: allen Dingen. Aber macht ja nichts, hey, also wenigstens müssen wir nicht irgendwie ein Schild umhängen, dass der Gästeblock woanders

00:35:40: ist, top. Also top von allen Beteiligten gedacht, ich weiß nicht wer den FAZ-Redakteur da genau beraten

00:35:47: hat. Letzen Endes, das wurde dann da wirklich viel auch noch verhandelt, aber es wurde dann doch nur das Derby-Heimspiel ins

00:35:53: Volksparkstadion verlegt. Alles zu diesem Zeitpunkt

00:35:59: natürlich nicht unbedingt auf Sport-Erfolgskurs, aber schon irgendwie auch alles so, dass man dann noch mal so richtig was

00:36:07: rausholen wollte. Und der FC St. Pauli wollte jetzt zumindest auch diese, ja doch muss man schon sagen, diese

00:36:13: Scharte ein bisschen auswetzen, dass man also dieses Heimspiel dann doch verflixt noch mal am Volkspark austragen

00:36:19: musste. Also zumindest ging man nicht ganz so kampflos wie in der Erstliga-Saison 77/78, wo man da ja nun diverse Male spielte

00:36:25: und damit, wie viele Spieler von damals sagten, also wirklich den Klassenerhalt verspielte. Man dachte sich wirklich

00:36:31: ein ganzes Bündel an Maßnahmen aus, wie man aus der zugigen Schüssel in Stellingen ein Millerntor

00:36:38: machen könnte. Man hat den Spielertunnel per Tieflader aus dem Millerntor-Stadion geholt,

00:36:44: den original Spielertunnel. Gut "Hells Bells"

00:36:50: beim Auflaufen, nicht ganz so aufwendig, aber die CD hat man mitgenommen oder damals vielleicht auch eine Kompaktkassette. Es

00:36:57: wurden Bilder des Millerntor-Stadions oder ein Bild des Millerntor-Stadions ans Membran-Dach der Arena produziert,

00:37:03: gesponsert von einem Deo-Hersteller. Ich muss allerdings zugeben, als ich dann da war, es war ein bisschen mickrig, das

00:37:09: klang vorher eigentlich ziemlich cool und ich fand das nicht so doll. Oder wie habt Ihr das gesehen? Ich war gar nicht da. Ah, okay? Ich erinnere mich nicht

00:37:16: an diese Projektion muss ich sagen. Ich glaub die war auch gar nicht so groß. Ich

00:37:22: erinnere mich zumindest, dass ich zwischendurch mal meinen Blick nach oben richtete. Ich weiß, dass ein Deo-Hersteller mal

00:37:29: Nebensponsor bei uns war, das erinner ich, aber sonst. Rexona? Nein, fängt mit A an. Genau, drei

00:37:36: Buchstaben, sehr beliebt bei 17-Jährigen, die denken das riecht gut. Ach der, auf Klassenreise

00:37:42: öfter mal in der Nase gemacht. Was haben sie noch gemacht? Blaue Flächen mit brauner und schwarzer Pappe abgedeckt. Rauten mit St. Pauli-Emblem überklebt.

00:37:49: 200 m Werbebanden ausgetauscht. Damals gab es ja noch nicht diese Wechselbanden mit elektronischen Displays. Millerntor-

00:37:55: Anzeigetafel nicht nur abfotografiert, sondern abgefilmt mit allen möglichen Spielständen bis 5:5. Heute

00:38:02: steht sie übrigens im Außenbereich des FC St. Pauli-Museums, wie Ihr wisst, wo Ihr sie besuchen könnt. Jetzt gerade wird sie restauriert und sieht

00:38:08: dann bald wieder richtig tippi-toppi aus. Sehr schön auch: Schild Gästeblock über dem Bereich angebracht, wo die HSV-

00:38:14: Fans stehen. Das hat sie wohl richtig ein bisschen gekitzelt, weil das wurde dann auch noch vor Anpfiff von Rauten-Fans wieder

00:38:20: demontiert dieses Schild. Das hätten wir richtig gerne, wenn das irgendwie einer hier vom HSV hört. Bringt uns bitte das Gästeblock-

00:38:26: Schild, was damals der FC St. Pauli bei Euch angebracht hat, irgendwer muss es ja noch haben. Oder habt Ihr das etwa angezündet?

00:38:33: Rituell verbrannt würde ich sagen. Das würden die niemals machen, die haben doch Stil. Außerdem

00:38:39: noch, um ein bisschen so das Kostenbudget aufzupimpen, 30 zusätzliche Feuerlöscher, damit

00:38:45: die Choreo nicht abgesagt werden musste. Weil kurz vorm Spiel die Feuerwehr noch sagte, das geht so nicht. Da gabs eine Choreo

00:38:51: mit ganz viel Pappe, Folien und so weiter. Sah super toll aus, "Der FC St. Pauli gibt sich die Ehre, Herrscher Hamburgs

00:38:58: und der sieben Meere". Ja, sah wirklich klasse aus. So ein Papp-Schiff

00:39:04: das unten durch so blaue Plastikwellen fährt oder getragen wird. Ganz wild und aufwändig.

00:39:10: Daran erinnere ich mich wiederum. Heiko Schlesselmann, sonst eher nicht ein Mann des Superlativ, sagt

00:39:16: auch, das sei die großartigste Choreo, die man jemals gesehen habe, bis dahin natürlich. Stadionname

00:39:22: sollte geändert werden, hat nicht geklappt. Also es blieb bei und ich glaube heute kann man das sagen, AOL-Arena, weil ich glaube das Unternehmen gibt es nicht mal mehr, oder?

00:39:29: Auf jeden Fall heißt die Arena ja nun schon lange nicht mehr so. AOL gibt es glaube ich noch. Also ja? Imtech gibt's glaube ich nicht

00:39:35: mehr. Ach so, erstaunlich. Die HSH Nordbank, ist die noch aktiv? Ja,

00:39:42: insofern ist Stadionnamen kaufen ein ziemlich sicherer Weg, um den eigenen unternehmerischen Untergang langsam einzuordnen.

00:39:48: Also stimmt, es gibt manchmal Leute, die haben auch so @aol.com-Adressen und das wird glaube ich so allmählich wieder richtig

00:39:54: cool, weil hey, das da hat jemand echt Stayingpower. Windows 95 wieder installieren. Wenn

00:40:01: sich jemand fragt, warum ging es dem FC St. Pauli eigentlich wenig später so schlecht? Die

00:40:07: Umzugskosten waren es oder waren es nicht, also ein Marketing-Mitarbeiter, Marc Wallas, schätzte

00:40:13: die Umzugskosten auf 50.000 € für ein Spiel, dazu dann noch 300.000

00:40:19: € Miete. Schlüsselübergabe war dann am Donnerstag vor dem Derby. FC

00:40:26: St. Pauli hat die Südhälfte des Stadions bekommen, der HSV die Nordhälfte. FC St. Pauli-Manager Stephan

00:40:32: Beutel, in diesem Podcast auch schon öfter mal erwähnt, gönnerhaft vorher in der Presse: "Wir gehen freiwillig in die Gästekabine.

00:40:38: Alles andere wäre doch Schikane." Ja, sehr nett auf jeden

00:40:44: Fall. Der Beutel hat in seinem Beutel auch immer ein paar nette Sachen für andere Menschen dabei. HSV-Vorstand Reichert

00:40:52: fand trotzdem, das sei "wie wenn man sein schönes Auto an einen verleiht, der nicht richtig fahren

00:40:58: kann". Apropos nicht fahren können, HSV-Trainer damals Kurt Jara, Zitat:

00:41:04: "Ich bin froh, dass ich Navigationssystem im Auto habe, sonst wäre ich an unserem eigenen Stadion vorbeigefahren". Weil

00:41:11: draußen, da ist ja auch eine sehr große Raute angebracht, die wollte man auch überhängen. Das hat der HSV dann

00:41:18: aus angeblich baustatischen Gründen erfolgreich abgeschmettert. Das hätte ich auch gesagt. Baustatisch,

00:41:24: das hat uns ja noch nie interessiert. Also es war wirklich schon, also was eben auch diesen Build-up, diese

00:41:30: Vormusik, die Atmosphäre angeht, haben sie damals wirklich alle alles getan und sind also wirklich mächtig durchgedreht.

00:41:36: Das konnte man dann auch in der Presse lesen. Damals muss man ja sagen, gab es eine Zeit, das kann man sich heute kaum mehr

00:41:43: vorstellen, wo tatsächlich fünf Tageszeitungen regelmäßig über den FC St. Pauli nur in Hamburg schon

00:41:49: berichteten. Also 'Abendblatt', 'MoPo', 'Welt', 'taz' und eine Boulevardzeitung und die

00:41:55: haben dann also lustig geschlagzeilt, also hier ein kleines best of. Ich würde vorschlagen, wir können das mal so als

00:42:02: Schlagzeilen-Ballett inszenieren. Das beinhaltet natürlich auch körperliche Bewegung, die könnt Ihr nicht sehen, aber

00:42:08: hören könnt Ihr. Vielleicht könnt Ihr einfach mal reihum vorlesen, vielleicht so rum, dann würde Celina anfangen. Ich gebe

00:42:14: mir Mühe, dass Ihr hört, was ich hier aufführe beim Schlagzeilen-Ballett. "Das Schicksals-

00:42:20: Derby, Riesenkrach ums Stadion". "Sogar die Zeugwarte gehen sich an die Wäsche". "Meggle:

00:42:27: 'Wir schlagen den HSV auch auf dem Mond'". "Sie pöbeln, was das Zeug hält". "Meggle:

00:42:34: will ihn der HSV jetzt doch?" "Hollerbach zu Rahn: 'Erst wenn du gegen Pauli spielst,

00:42:40: wirst Du ein HSVer'". "Demuth: 'Ich war HSV-Fan'". "Sie zicken bis zum

00:42:46: Anpfiff". "Kranker Thomforde, ein Sieg macht ihn gesund". "Steigt St. Pauli

00:42:52: heute ab?" "Der Bürgermeister drückt St. Pauli die Daumen". "Lasst es noch einmal krachen".

00:42:59: Ja, da wurden also wirklich Schlagzeilen gemacht, das sind halt längst nicht alle, sonst hätten wir aber sehr lange Schlagzeilen

00:43:05: vorgelesen. Was Klaus Thomforde angeht, es ging übrigens nur um eine Grippe, die hat 'Fausto Klaus' nach eigenen Angaben

00:43:11: dann mit Antibiotika-Bomben erfolgreich bekämpft. Ach so und noch vielleicht so ganz by the way, ganz besonderes

00:43:18: Fundstück, sehr schön auch die Schlagzeile "Ihr dürft gewinnen, wenn...". Für sich genommen unschuldig,

00:43:24: aber die Unterzeile "HSV-Sänger Lotto King Karl und St. Paulis Comic-Zeichner Guido

00:43:30: Schröter über die Stadt-Rivalität". Was? Ja, der liebe Guido hat ja

00:43:36: auch in der Langen Nacht der Museen z.B. bei uns gezeichnet. Also, wir schätzen ihn sehr, aber lieber Guido, wir wissen, Du hattest damals ein neues

00:43:42: Buch draußen, das musste promotet werden, dann posten wir das Foto von Dir und Lotto mal

00:43:48: nicht, ne? Aber Top-Eröffnungsfrage. Guido Schröter: "Sag mal, Lotto. Warum bist

00:43:55: du eigentlich kein St. Pauli-Fan?" Das sind die Fragen, die die Welt bewegt. Auf

00:44:01: jeden Fall. Also Pressearbeit wirklich 1A muss man sagen, da war dieses Derby wirklich ultimativ. Ich glaube,

00:44:07: das hat man auf diesem Level und in dieser Qualität nicht bei jedem, auch jetzt nicht. Allein schon, weil es nicht mehr ganz so

00:44:13: viel gedruckte Presse gibt. Das macht dann ja alles Social Media. Was jetzt Guido angeht, muss man fairerweise vielleicht

00:44:19: erwähnen, es war schon die Zeit, in der 'Übersteiger'-Redakteur Frodo Popstar Sasha interviewte ganz ohne

00:44:25: ironische Absicht, im 'Übersteiger' wohlgemerkt. Und im WM-Special desselben Blattes TV-Maskottchen

00:44:31: Elton als Experte auftreten durfte. Es waren unschuldige Zeiten, meine Damen und Herren.

00:44:37: Es war eine andere Zeit, da war Elton noch cool, vielleicht. 20 Jahre, andere Galaxis. Das

00:44:44: mag ich an solchen Zeitreisen eben dann auch wieder, dass man wirklich manchmal merkt, ok so ein paar Sachen, die heute total selbstverständlich sind, ich glaube nicht, dass

00:44:50: Guido heute noch mal mit Lotto zusammen auftreten würde. Die waren halt nicht so selbstverständlich. Ich weiß auch nicht,

00:44:56: ob Elton jetzt noch im 'Übersteiger' vorkommt. Ich hoffe nicht. Vermutlich nicht, also wir planen

00:45:02: jetzt auch nicht wirklich ne Veranstaltung mit Elton im Museum. Das ist natürlich was anderes, das muss der 'Übersteiger' für sich. Das haben wir jetzt auch sozusagen quasi,

00:45:08: Christoph hat das gerade hier auf dem Tisch mit seinem Blut unterschrieben, dass wir niemals Elton im Museum bei irgendeiner Veranstaltung haben. Das habe ich natürlich

00:45:14: nicht alleine, die Mitglieder können mich auch abwählen, deswegen vielleicht sogar. Also wenn Elton jetzt mal irgendwie eine Kampagne macht und

00:45:20: irgendwie sagen wir mit 2.000-3.000 Mitgliedern in unseren Museums-eV eintritt, dann verdammte Axt, dann ist aber mal hier Schluss. Dann haben wir keine Chance.

00:45:27: So sah das also in den Schlagzeilen aus und so arbeitete man sich so langsam hin so. Also, wenn man jetzt

00:45:33: eine Chronologie der letzten Tage vielleicht sich noch mal anguckt. 15.04.

00:45:39: hatten wir eben einmal kurz als Schlagzeile, 'Bild' schreibt vom großen Stadion-Krach und Knatsch auf allen Ebenen. Zitat:

00:45:46: "Sie streiten um Würstchen, Parkplätze und was die Hostessen anziehen". Man einigte

00:45:52: sich dann glaube ich auf die Farbe des Bier-Sponsors des FC St. Pauli, da braun und weiß im

00:45:58: Volksparkstadion irgendwie nicht statthaft waren. Aber wenn Ihr Angst habt, 16.04., schon

00:46:04: einen Tag später meldet das 'Abendblatt', der Würstchen-Streit sei schnell beigelegt worden. Puh. Die Präsidenten hätten sich persönlich

00:46:11: ausgetauscht, man habe eine Teilung der Provisionseinnahmen aus dem Würstchen-Verkauf erzielt. Also

00:46:17: sich darauf geeinigt, also fifty-fifty aus dem Würstchen-Verkauf. Das freut einen doch.

00:46:23: Absolut, die sollen auch hier angesprochen werden, die wichtigen Sachen. 16.04. auch, ein aufmerksamer Trainings-

00:46:29: Kiebitz entdeckt einen strategischen Vorteil für den FC St. Pauli. Der Rasen von Platz zwei auf dem Trainingsgelände ist nämlich

00:46:35: vollkommen im Eimer. Zitat des Trainings-Kiebitz: "Die gleichen Trainingsbedingungen wie in der AOL-Arena", die

00:46:42: nämlich war damals wegen ihrer schwierigen Lichtbedingungen dafür verschrien, dass die überaus äußerst schlechte Rasenbedingungen hat

00:46:48: und deswegen müssen sie auch gefühlt alle drei Minuten neuen Rollrasen verlegen, manchmal noch in der Halbzeitpause. Das

00:46:54: habe ich erfunden, aber hätte ja sein können, ich würde es ihnen zutrauen. 16.04., immer noch die Woche vorm Derby, der

00:47:00: FC St. Pauli beweist echten Sinn für Prioritäten und die wirklich wichtigen Details im Leben. In der Waschküche von Claus

00:47:07: Bubke wird Teppich verlegt. Ist das so schlau, im Nassbereich

00:47:13: Teppich zu verlegen? Weiß ich jetzt nicht. Das wurde dann auch noch mal schnell vorm Derby gemacht. Einfach um zu zeigen, dass wir es können. Verdammte

00:47:19: Scheiße. Wenn Ihr den Teppich selber mal riechen, anfassen und betreten wollt, er liegt natürlich aus bei uns im Museum, direkt aus der Waschküche

00:47:25: von Claus Bubke. Unterdessen wirbt Astra für seine Sündeloge. Es gab damals

00:47:31: ein Astra namens Sünde beim Derby samt Halbzeit-Tabledance-Einlage aus dem Dollhouse.

00:47:37: Pressezitat: "Da kann André nur mit den Augen trullern". Puh. Auch aus

00:47:44: heutiger Sicht. Herzlichen Glückwunsch. Immer noch der 16.04., Thomas Meggle, der die Stimmung in der Mannschaft und in der Stadt als

00:47:50: zu lethargisch und Zitat "viel zu ruhig" empfindet, sieht sich in der Verantwortung und macht Dampf. Zitat:

00:47:57: "Wir werden den FC St. Pauli in der ganzen Stadt lächerlich machen", verkündet er der Presse. Ob ihm die Verlegung des Heimspiels

00:48:03: von St. Pauli nach Stellingen etwas ausmacht? Schlagzeile habt Ihr eben schon gehört, aber "Mir doch egal", sagt Meggie, "Millerntor,

00:48:09: St. Ellingen, egal wo, wir schlagen den HSV auch auf dem Mond". Wieso

00:48:16: werden wir den FC St. Pauli lächerlich machen? Guter Punkt. Natürlich lautet das Zitat "Wir werden den HSV in der

00:48:22: ganzen Stadt lächerlich machen". Da war ein freudscher Versprecher. Also im Vorwege machts auf jeden Fall mehr Sinn, im Nachwege

00:48:28: ok, aber... Also Thomas Meggle hatte die dringende Absicht, den Hamburger Sportverein in der ganzen Stadt lächerlich zu

00:48:34: machen. So jedenfalls sagte er es der Presse. Stimmt. Ja nun, nächster Tag, 17.04. Auf Meggles

00:48:40: Provokation reagieren die HSV-Profis laut der Zeitung 'Die Welt' mit Zitat "Demonstrativem Gelächter und

00:48:46: härtesten Gegenmaßnahmen". Sie drohen wiederum über die Presse damit, beim Einlaufen, Zitat "Nicht den eigens vom

00:48:52: FC St. Pauli aufgebauten Millerntor-Spielertunnel zu nutzen". Oha, da haben wir aber

00:48:58: Angst. Kennen sie da Schleichwege? Harte Bandagen. Naja, irgendwie werden sie es schon gemacht haben. Sie waren, kann

00:49:04: ich aus eigenem Augenschein bestätigen, sie waren dann auf dem Platz. Am gleichen Tag bezeichnet FC St. Pauli-Präsident

00:49:11: Reenald Koch, nie um ein kerniges Presse-Zitat verlegen, Meggles Kampfansage als, Zitat: "Überflüssig

00:49:17: wie ein Kropf. Kurt Jara muss das nur an die Kabinentür heften, um seine Jungs heiß zu machen".

00:49:23: 18.04., Trainer Didi Demuth sieht das anders. "Er hat das Spiel angeheizt, das ist auch okay. Das

00:49:29: gehört dazu". 19.04., endlich Derby-Tag. Vor dem Derby wird berichtet, dass

00:49:35: der HSV die gemeinsame Pressekonferenz am Vortag beinahe abgesagt hätte, weil der FC St. Pauli nur

00:49:41: die eigenen Sponsoren auf der Wand im Hintergrund zeigen wollte, wie es ja eigentlich bei Heim-Pressekonferenzen auch üblich ist. Darunter übrigens

00:49:47: auch das Springer-Männermagazin 'Maxim'. Letztlich nehmen die HSV-Vertreter zähneknirschend

00:49:54: dann doch vor der missliebigen Logowand Platz, doch abermals finden die Rauten Wege, es dem FC St. Pauli mal so richtig

00:50:00: zu geben. Wieder aus der Zeitung zitiert: "St. Pauli muss Brötchen und Würstchen für die Journalisten alleine bezahlen".

00:50:07: Übrigens hat sich die Presse damals auch wirklich nicht vor dem Detail gescheut zu

00:50:13: berichten, diese Pressekonferenz war dann tatsächlich zweigeteilt. Erst hat glaube ich der HSV geredet, so freundlich, höflich

00:50:19: und so weiter. Dann der FC St. Pauli, keine Interaktion, es wurde nicht aufeinander eingegangen. Und in

00:50:25: der Bildunterschrift wurde noch extra drauf hingewiesen, dass es beim HSV lediglich Mineralwasser und Orangensaft gab, beim FC St. Pauli auch

00:50:31: Bier. Das war mal anders, das gab sogar auch im Presse-Bereich Holsten damals beim HSV.

00:50:38: Ich glaube heutzutage 25 Jahre später kann man das zugeben, ich habe mir manchmal ein paar Flaschen

00:50:44: für zu Hause mit eingepackt. Ds ist sehr verjährt. Ja, ebenfalls noch 19.04., das

00:50:51: 'Abendblatt' gibt sich staatstragend, veranstaltet einen Präsidenten-Gipfel, man spielt Flauschball. "Auf

00:50:57: dieses Stadion sind zwei Drittel der 36 Proficlubs neidisch", sagt Reenald Koch, FC St. Pauli-Präsident.

00:51:03: HSV-Boss Hackmann kontert: "Seitdem es bei uns wieder Vollbier gibt, ist ein

00:51:09: Neidfaktor abgebaut". Den kann man ruhig ein bisschen sacken lassen. Ein Neidfaktor.

00:51:16: Überlegt mal, der muss ja von Neid zerfressen sein. Also ein Neidfaktor, aber er weiß schon sehr, sehr viele Neidfaktoren,

00:51:22: die man als weltweit bekannter Europapokalsieger-Verein gegenüber dem angeblich ja so zeckigen kleinen

00:51:28: Lokalrivalen haben könnte. Es gab kein Bier? Ja, es gab tatsächlich mal einen, das ist aktenkundig, es gab mal einen Vollbier-Streit.

00:51:35: Eine Zeit lang durfte bei St. Pauli Vollbier ausgeschenkt werden. Ausgezwitschert. Ja, beim

00:51:42: HSV aber nicht. Mit der Begründung, die St. Pauli-Fans seien schon also

00:51:48: grundsätzlich auch alkoholisiert friedlicher und das hat natürlich den HSV wahnsinnig gemacht. Ja, so ungefähr war die Situation also

00:51:54: hier und da. Also einige wollen eher bisschen Öl ins Feuer, andere deeskalieren, wiederum

00:52:00: anderen ist es nicht eskaliert genug. Einmal zitieren muss ich noch, weil es einfach so schön geschrieben ist, nämlich die 'taz', bisher

00:52:07: noch nicht so oft vorgekommen. Die 'taz Tageszeitung' ist am 19.04. eher skeptisch. "Willkommen

00:52:13: im Spielzeugland", schreibt der zuständige Redakteur. "St. Pauli zieht um zum HSV und keinen

00:52:19: kümmerts. Der FC St. Pauli spielt sein Heimspiel gegen den HSV in der verhassten Schüssel an der Müllverbrennungsanlage.

00:52:25: Alle rennen zum Spiel um die Stadtmeisterschaft, aber es geht um nichts, ihr Freunde längst

00:52:31: vergangener Derby-Rivalität. Das religiöse Grollen eines Matches zwischen den Celtics und Rangers

00:52:38: aus Glasgow besitzt es nicht einmal bei aller Fantasie der aggressiven Marketingabteilung des FC St.

00:52:44: Pauli", so die taz. Für Zitat "ermüdende Aktivitäten, wie den

00:52:50: aufwändigen Stadionumbau oder sogenannte Torwächter, die mit einem blöden Blau- bzw. Rotlicht auf dem Kopf die

00:52:56: Tore audiovisuell aufpeppen sollen". So viel zum Sinnbild des authentischen Fußballs, das stand

00:53:02: damals aber noch nicht in den Werten des FC St. Pauli. Sorry, das musst Du nochmal erklären, was sollte da passieren?

00:53:08: Da wurden Figuren aufgestellt, ich habe auch Fotos versucht zu finden, leider ist es mir nicht gelungen. Ich erinnere mich auch nur noch sehr schattenhaft

00:53:15: daran, das war wohl auch wiederum vom Bier-Sponsor des FC St. Pauli irgendwie initiiert. Da gab es neben den Toren irgendwie so Figuren

00:53:21: und die hatten ein Blaulicht für HSV und ein Rotlicht für den FC St. Pauli. Für die Leute, die die Orientierung verloren haben?

00:53:27: Es gab damals ein Bier namens 'Astra Rotlicht', dafür sollte das dann wohl werben nehme ich mal an. Und Astra Blaulicht dann?

00:53:33: Das gab es halt nicht, aber vor allem ist die Marketingaktion, die wir glaube ich alle ziemlich doof

00:53:39: finden, aber auch voll nach hinten losgegangen, weil das Rotlicht erschien dann ja nicht so sehr oft in diesem Spiel, eigentlich gar nicht.

00:53:46: Also das fand der zuständige 'taz'-Redakteur auch blöd, genauso wie die fehlende Derby-Stimmung

00:53:52: und schrieb sich so richtig in Rage, geht noch etwas weiter. Und das sind nur Auszüge, ist also

00:53:58: ein seitenlanger Rant. "Rivalität als Werbegag, wenn sich dann auch noch der

00:54:04: Blödelbarde und HSV-Edelfan Lotto King Karl mit drei Punkten für St. Pauli einverstanden erklärt, um

00:54:10: dem Stadtrivalen die Nichtabstiegs-Chance zu erhalten wird klar, dass sich sowohl fußballerisch als auch verbal

00:54:16: das Derby auf unterstem Niveau bewegt. Denn einen unverdienteren Nichtabsteiger als den FC

00:54:22: St. Pauli gibt es einfach nicht". Schön auch der Name des 'taz'-Redakteurs: Oke

00:54:29: Göttlich. Was ist denn mit Oke los? Plottwist. Da hat unser Präsident richtig

00:54:36: einen rausgehauen. Oke war es auch zu wenig Hass anscheinend.

00:54:42: Damals z.B. Christian Bönig, der spätere FC St. Pauli-Sprecher, schrieb zu dieser Zeit für 'Die Welt' und hat da also auch ausgesprochen

00:54:49: beißende Spielkritiken verfasst. Da waren einige Leute noch woanders als sie jetzt dann heute sind. Christian

00:54:56: Bönig ist ja zum Glück auch nicht beim FC St. Pauli, sondern beim 1. FC Nürnberg und darf da... Entschuldigung, hast Du gerade "zum Glück" gesagt? Ja, das

00:55:03: sage ich so sehr deutlich, keinen weiteren Kommentar dazu. Jedenfalls hat man sich dann so in Stimmung

00:55:09: gebracht, es fand dann auch noch das Spiel statt. St. Pauli-Style habe ich das jetzt mal eher als Nebensache behandelt

00:55:16: und meinen Rücken zum Spielfeld gedreht und dabei Bier getrunken. Mineralwasser, aber naja. Das

00:55:24: Spiel lässt sich nämlich praktischerweise auf eine Schlüsselszene reduzieren. Ja, es lief ungefähr so: "St. Pauli attackiert,

00:55:30: Nico Patschinski greift am HSV-Strafraum an, unterstützt von Ugur Inceman und Meggle. Der Lohn, so scheint es, folgt prompt:

00:55:36: Bernd Hollerbach köpft einen Ball in die eigene Gefahrenzone, Inceman ist schneller als Albertz und fällt nach dessen

00:55:42: Grätsche. Den HSV-Fans stockt der Atem, Schiedsrichter Markus Merk, aber nutzt den seinen

00:55:49: zum Elfmeterpfiff". Hübsch beschrieben vom 'Hamburger Abendblatt'. Thomas Meggle, muss ich wirklich sagen,

00:55:55: er beweist Mut. Denn wenn man vorher so prominent in der Presse aufgetreten ist, ist das

00:56:01: schon wirklich einiges, sich dann auch wirklich den Ball zu nehmen und die Verantwortung für den Elfmeter zu

00:56:07: übernehmen. Er war auch der Elfmeterschütze des FC St. Pauli, hatte also bereits drei Elfmeter

00:56:13: sicher verwandelt, muss man sagen. Er hat den auch nicht schlecht geschossen beweisen Fernsehbilder, die es immer noch gibt. Es war

00:56:19: auch nicht Pfosten, wie es teilweise berichtet wird. Nein, er hat ihn schön halbhoch nach rechts geschossen. Problem: HSV-Keeper

00:56:25: Martin Pieckenhagen hatte sich vorher mal zeigen lassen, wie Meggie seine Elfer schießt und das war dann leider auch so. Also

00:56:32: ahnte er die Ecke und pariert sicher. Wobei man kurz einwerfen darf, es stand

00:56:38: zu dem Zeitpunkt 0:0. Eben, es stand 0:0, deswegen das war quasi das Spiel, weil

00:56:44: nach dem verschossenen Elfmeter dummerweise beim FC St. Pauli gar nichts ging, beim Hamburger

00:56:50: SV aber so einiges. Schon sechs Minuten später fiel das 1:0 und letzten Endes stand das dann also 4:0

00:56:57: bzw. es war ja unser Heimspiel, 0:4. Nach dem Derby

00:57:03: klangen die Interviews dann ungefähr so: Der erste Mensch, den man jetzt hört, ist ein HSV-Spieler, Erik Meijer, lassen wir das

00:57:09: mal drin. "Bisschen Mitleid mit dem FC St. Pauli?" "Ja, schon" "Und der Knackpunkt des Spiels

00:57:15: schon die zehnte Minute, der Elfmeter von Thomas Meggle. Wenn, hätte, wäre und

00:57:21: überhaupt, wär der reingegangen. Wie sieht Meggle das selbst? "Für die Öffentlichkeit oder für andere Leute das

00:57:29: jetzt zu erklären, ist fast nicht möglich. Man kann Schuldgefühle. Man kann, man

00:57:36: kann Scham. Ich kann nur sagen, es

00:57:42: tut mir bei allen St. Paulianern leid, dass ich diesen Elfmeter verschossen habe". Ein

00:57:48: Mann am Boden. Das klingt definitiv so, ja. Das ist so und wer Thomas Meggle kennt weiß, das

00:57:54: ist dem wirklich nicht egal gewesen. Ja. Die Pressesprüche waren wirklich ein Versuch, da ein bisschen Pep reinzubringen, das war

00:58:00: wirklich alles ernst gemeint. Also Meggie ist da wirklich sehr, sehr straight und das kann man

00:58:06: fühlen, das ist wirklich eine Wunde. Und das kann man sich ja auch vorstellen. Also er erinnert sich da auch heute noch dran, wir haben ein

00:58:12: aktuelles Zeitzeugen-Interview aus unserem Zeitzeugen-Interview, ich glaube von vor zwei Jahren, wenn ich nicht ganz irre. Das

00:58:18: hat Christopher zusammen mit Ronny Galczynski geführt und daraus erzählt Thomas Meggle noch mal, wie er das heute

00:58:25: rückblickend sieht. "Wenn ich noch mal was zurückdrehen würde, dann würde ich gern genau diesen einen Elfmeter, diesen

00:58:31: einen Elfmeter zurückdrehen. Weil wir haben so lange kein Derby gespielt, wir haben so selten

00:58:37: die Derbys dort gewonnen. Und dann verliert man das Derby durch einen eigenen

00:58:43: Fehlschuss. So, ich hatte es in der Hand und ich habe es nicht gebacken bekommen. Das waren wirklich Momente, die

00:58:49: unglaublich weh getan haben. Also ich habe auf dem Fußballplatz zweimal geweint und das war bei

00:58:55: beiden Derbys". Es wird ja immer schlimmer. Ich sag doch, tiefe Gefühle, also

00:59:01: wirklich. Ultimativ muss ja nicht ultimativ gut sein. Tatsächlich habe ich da auch wirklich gerade

00:59:09: Gänsehaut gehabt, als ich das von Meggie noch mal gehört habe. Weil es da einem Menschen mal

00:59:15: wirklich nah ging, weil es vielen Menschen nah ging, also ich saß da ja auch. Und

00:59:22: ja, dann vorspulen zum Ende. Es steht 0:4, auch das Musikprogramm war

00:59:28: natürlich vom FC St. Pauli-Stadionsprecherteam ausgesucht worden. Ich erinnere mich noch an das Gefühl,

00:59:34: also aufstehen, noch mal runter gucken, tief unten in diese sich leerende zugige Betonschüssel

00:59:40: schauen und da ist irgendwo der Rasen. Die Stimmung ist noch viel tiefer unten, auf der Videowall, die

00:59:46: so schön hergerichtet wurde, steht es dann eben 0:4. Der Abstieg ist jetzt dann wirklich so gut wie sicher. Hätte man die letzten

00:59:52: drei Spiele gewonnen, wär es noch gegangen, das war nur dummerweise das drittletzte Spiel, mit Bausch und Bogen verloren und

00:59:58: aus den Stadion-Lautsprechern dringt "It's a bittersweet symphony this life". Das

01:00:06: hat wirklich gepasst. Ja, in den letzten beiden Spielen gegen Bremen und Nürnberg verliert

01:00:12: der FC St. Pauli dann jeweils 2:3, immerhin, aber nach dem

01:00:18: Derby wird gemeldet, 22.04., dass der FC St. Pauli nach Abzug sämtlicher Kosten 1,4 Millionen

01:00:24: Euro Kasse gemacht habe. Am Millerntor hätte es nur 400.000 € gegeben. Na,

01:00:31: dann ist ja gut. Klassenerhalt wäre wahrscheinlich lukrativer gewesen. Genau. Der war ja auch in der Rückrunde, in der Hinrunde acht Punkte, in der Rückrunde immerhin

01:00:41: 14. Ja, auch Trainer Dietmar Demuth sieht das dann so, es war wirklich einfach so die Saison, wo

01:00:47: du halt wirklich superleicht die Klasse hättest halten können. Und so erzählt er uns das auch im Zeitzeugen-Interview

01:00:53: fürs Museum. "Jede Niederlage tat weh. Zumal wir eigentlich immer, auch Erste Liga,

01:00:59: immer die Chance hatten, über den Strich zu springen. Da war immer ein

01:01:05: Spiel, wo wir gesagt haben, wenn wir das gewinnen, springen wir über den Strich. Wir haben es leider nicht geschafft

01:01:11: und ich weiß, dass wir Riesenspiele abgeliefert haben. Nur nicht vom Ergebnis her". Klassiker.

01:01:18: Riesenspiele, nur nicht vom Ergebnis her. Also ich meine, das Derby kann er jetzt nicht gemeint haben. Nee,

01:01:25: dieses nicht, wirklich nicht, und das davor auch nicht die ganze Zeit, nur am Schluss, aber naja gut. Immerhin, man

01:01:31: hat ja trotzdem die Fußballgeschichte verändert, denn Deutscher Meister wurde 2001/02 Borussia Dortmund mit 70 Punkten.

01:01:37: Der FC Bayern hatte irgendwie drei Punkte zu wenig, die hatten 68 Punkte. Wo haben sie die denn verloren?

01:01:44: Kann ich mir auch nicht vorstellen. Vielleicht gabs da ja mal was, vielleicht machen wir dazu auch mal ne Sendung. Aber was

01:01:52: die Endorphine angeht und was das Derby angeht, wir kamen bekanntlich wieder. Neun Jahre später sah

01:01:58: die Sache, wie wir alle wissen, ganz anders aus. Ich wollte mir damals auch keine Karte kaufen,

01:02:04: meine Frau hat mich zum Glück überredet. Ich sage nur Boll, Asamoah, 1:0. Mit

01:02:10: dabei am 16. Februar 2011: Thomas Meggle als Co-Trainer. Ich

01:02:17: habe ihm damals auch per SMS gratuliert und leider habe ich die SMS nicht mehr, weil das Handy nicht mehr da ist. Ich

01:02:23: bin mir nicht sicher, er hat glaube ich geantwortet "An diesem Tag hätten wir sie sogar auf dem Mars geschlagen". Meggie,

01:02:31: ich bin mir nicht ganz sicher, ob Du doch Mond geschrieben hast. Mond oder Mars, es war auf jeden Fall nicht die Erde und Mars wäre irgendwie auch toll und

01:02:37: ja, so war's dann ja eben auch. Also das war denn der Derbysieg, den Du wirklich verdient hast. Und seit

01:02:44: diesem Tag, seit dem 16.02.2011 hat der HSV bekanntlich nur noch zwei Derbys gegen den FC St. Pauli gewonnen.

01:02:50: Zwei weitere endeten unentschieden, fünf dagegen gingen an den FC St. Pauli, zuletzt 3:0 am

01:02:57: 14. Oktober 2022 aus Perspektive dieser Sendung. Am 21. April 2023

01:03:03: steht das nächste Derby an. Mal schauen, was es bringt. Ja, jetzt bin ich

01:03:09: deprimiert und freue mich auf Christophers glorreiche Sieggeschichte. Ich glaub diesmal, Du hast

01:03:16: bestimmt was mitgebracht, wo eine St. Pauli-Mannschaft mal so richtig die Wurst vom Teller zieht. Ich muss dazu noch mal ganz kurz auf deine Geschichte

01:03:22: zurückgehen zum Thema Mars und quasi Alien. Weil ich erinnere mich an dieses Spiel, ich habe es nämlich nicht vor Ort

01:03:28: gesehen, weil Du ja gefragt hast. Ich habe es nicht vor Ort gesehen, sondern bei meiner Verwandtschaft väterlicherseits in Trittau, alles Rauten.

01:03:34: Und wenn Du von einem Marianengraben erzählst, dann habe ich in diesem Marianengraben noch eine Bohrung

01:03:41: tiefer gemacht. Habe meinen Abend in Trittau im Rauten-hoch-1000-

01:03:47: Gebiet mit der Familie meines Vaters verbracht. Und ja, ich war glaube ich, ich muss mal

01:03:53: ganz kurz rechnen, ich glaube, ich war 15, ich muss 15 gewesen sein oder 16. Ich erinnere mich, dass meine Cousine, schon

01:03:59: etwas älter als ich, so 10-15 Jahre älter als ich, vor mir tanzend die Raute geküsst hat.

01:04:05: Das kann auch in so jungen Jahren fürs Leben prägen durchaus. Da hab ich direkt meine Mitgliedschaft beim HSV unterschrieben. Formative years, mal ganz komplett

01:04:16: andere Kurve, auf jeden Fall, als das Leben sonst genommen hätte. Wenn die Fanszene so cool ist, dann komme ich auch. Ich finde es wirklich toll, also

01:04:22: Respekt, dass du trotzdem bei uns für das FC St. Pauli-Museum arbeitest nach diesem wirklich nicht gerade aufbauenden

01:04:28: Erlebnis. Wegen dem Vollbier. Durftest Du schon Bier trinken oder warst Du nüchtern? Wahrscheinlich ist das auch

01:04:37: der Grund, warum die Völkerwanderung zum Millerntor stattgefunden hat. Einfach so, weil sie gemerkt hatten...

01:04:43: Meinst Du, es hatte nichts mit Politik zu tun? Nee, bei St. Pauli gabs mehr Saufen. Diese Biergeschichte war aber dann deutlich später, die war wirklich so irgendwo Ende der 90er,

01:04:52: so grob. Ja, ich meine auch, die fand in den 90ern statt. Muss mal gucken, gibt's

01:04:58: auch ein Buch-Kapitel in "FC St. Pauli alles drin", was es im Museumsshop zu kaufen gibt, was dem Museum natürlich dann hilft. Was Christoph geschrieben hat.

01:05:05: Werbung, Werbung, bitte kaufen. Genau das wollte ich natürlich eigentlich irgendwie umschiffen. Natürlich. Aber vielen Dank für den freundlichen Hinweis.

01:05:11: Ich unterbreche hier den kleinen Schwatz, indem ich jetzt endlich

01:05:18: mal was fürs Herz, für die Endorphine, für es ist nicht alles schlecht am Kiez. Was ich richtig

01:05:24: gut finde, was Ihr leider nicht sehen könnt, dass Christopher das eben auch lebt. Der Mann

01:05:30: strahlt mich gerade an wie ein Honigkuchenpferd, ich fühle mich uplifted. Im Schnelldurchlauf alle Derbytore

01:05:37: der letzten Jahre, ziehen wir jetzt einfach mal durch. Genau, zeig es den Griesgräm:innen in

01:05:43: dieser Redaktion. Wir haben ja schon quasi alles gehört,

01:05:49: ne? Also, was sind Derbys, gegen den großen Stadtrivalen, gegen kleine Stadtrivalen, Sportplatz-Nachbarn,

01:05:55: Teams mit fast identischen Namen. Aber was kann natürlich mehr Derby sein, als

01:06:02: der FC St. Pauli gegen den FC St. Pauli. Ahh. Mein Abschnitt,

01:06:08: ich nenne ihn "Das ultimative Derby - ein Verein protestiert gegen sich selbst oder es kam, was kommen

01:06:14: musste". Genau, das Thema FC St. Pauli gegen FC St. Pauli, das ist natürlich eine ungewöhnliche Konstellation, die

01:06:20: so natürlich innerhalb einer Liga nicht stattfinden kann. Das heißt, es funktioniert nur im Pokal

01:06:26: und auch nur, wenn dieser Pokal, ich sag mal, nicht bis zum Ende durchgedacht wurde vom Verband. Wir hatten ja

01:06:32: gerade diese ungewöhnliche Konstellation bei den ersten Frauen, die im Pokal-Halbfinale auf die

01:06:38: zweiten Frauen getroffen sind. Zu dieser Konstellation sagt Kim Koschmieder, Trainerin der 1. Frauen: "Alles-oder-

01:06:46: nichts-Spiel. Wir haben alles zu verlieren heute und wir müssen gewinnen. Das ist halt der große Unterschied

01:06:52: zu den beiden Teams. Erste gegen zweite Frauen". Wir wissen, die Sympathien sind natürlich dann für beide

01:06:58: Seiten vorhanden. Sportlich hat sich das erste Team dann doch standesgemäß mit 7:1 durchgesetzt, womit erst

01:07:05: zum dritten Mal ein Team unserer ersten Frauen im Pokalfinale steht. Also der Vorteil in diesem Spiel war natürlich, egal welches

01:07:12: Team gewinnt, St. Pauli steht im Finale, immerhin. Stimmt das ist grundsätzlich im Pokal auch noch mal

01:07:18: zu erwägen. Genau und man muss ja auch sagen, die Siegerin qualifiziert sich für den DFB-Pokal. Also ich glaube im Finale geht es jetzt

01:07:24: gegen Union Tornesch, die sich gegen den HSV durchgesetzt haben. Dadurch,

01:07:30: dass man sich als Pokalsiegerin quasi dann für den DFB-Pokal der Frauen qualifiziert,

01:07:36: ist das eine nicht zu unterschätzende Relevanz, auch finanziell für den Verein.

01:07:42: Pfingstmontag Hoheluft, glaube ich. Genau. Also wie gesagt, finanziell auch

01:07:48: wirklich nicht ohne, im DFB-Pokal teilzunehmen. Und wo wir dann auch schon bei den Finanzen

01:07:54: sind, um die stand es beim FC St. Pauli eigentlich noch nie so richtig gut. Vor allem auch nicht Ende der 60er Jahre. Wir haben ja

01:08:00: in der ersten Folge schon Christophs Geschichte, kurzen Abriss über die quasi verhinderten

01:08:09: Bundesligaspieler des FC St. Pauli gehört, könnt Ihr gerne noch mal anhören. Man könnte sagen,

01:08:15: das waren goldene Zeiten mit Rolf Bergeest, Oschi Osterhoff, Horst Haecks. Und

01:08:21: nachdem dann alle etwas in die Jahre gekommen sind, entstand so ein sportliches Vakuum. Also Spieler wie

01:08:28: Horst Haecks und Oschi Osterhoff ließen sich dann reamateurisieren. Die spielten dann noch für unsere Amateure, aber waren

01:08:34: natürlich schon in einem sehr hohen Alter. Sehr hohes Alter für Fußball. Für Fußballer, also natürlich. 30. Horst Haecks

01:08:42: müsste glaube ich schon 36 oder 37 gewesen sein. Also die erste Mannschaft des FC St. Pauli war in der Saison 68/69

01:08:48: damals in der zweitklassigen Regionalliga Nord, so hieß es damals. Das war aber die zweite Liga,

01:08:54: wie so oft knapp an der Qualifikationsrunde für die Bundesliga gescheitert. Nur ein Punkt fehlte

01:09:00: dem Team um Neu-Trainer Erwin, auch genannt Ata, Türk, um sich für diese Qualifikation

01:09:06: zu qualifizieren. Also das war alles ein bisschen ein sehr kompliziertes System. Die

01:09:12: ersten Zwei der Regionalliga Nord qualifizierten sich für eine Runde, in der man dann gegen die Sieger oder

01:09:18: die beiden Ersten anderer Ligen spielte und dann am Ende stieg Rot-Weiss Essen und Rot-Weiß Oberhausen auf und

01:09:25: eben nicht der VfB Lübeck, die uns damals um einen Punkt überholt haben. Man muss also sagen, zu dem Zeitpunkt St. Pauli-Fan

01:09:31: zu sein, war nicht besonders fancy. Zeitgleich entwickelten sich allerdings

01:09:37: die Amateure des Vereins hervorragend. 68/69 wurden sie Meister ihrer Klasse, Bezirksliga, stiegen in die Landesliga

01:09:43: auf und gewannen den Hamburger Amateurpokal, was sie dazu qualifizierte, in der folgenden Saison am

01:09:49: Norddeutschen Verbandspokal teilzunehmen. Eine Art Qualifikations-Pokal

01:09:55: des Norddeutschen Fußball-Verbandes, um wiederum sich für den DFB-Pokal zu qualifizieren. Klingt

01:10:01: alles kompliziert, ist es auch. Aber eben auch sehr lukrativ für regelmäßig klamme Stadtteilvereine. Im

01:10:07: April 1969, kurz vor Ende der ersten Saison unter Trainer Türk, suchte eben dieser vor dem Gastspiel in Wolfsburg

01:10:14: dann einen Gegner, um zwei Testspieler auf Herz und Nieren zu prüfen. Verteidiger Schröder aus Kiel und Torwart Pauly

01:10:20: aus Metternich. Also Torwart Pauly bei St. Pauli? Das ist ein Gag. Er hat aber augenscheinlich nicht so richtig überzeugt,

01:10:27: weil gespielt hat er hier nie, würde ich sagen. Das ist ebenfalls richtig, warum spielt er nicht hier?

01:10:33: Weil er kein Sankt im Namen hat. Richtig. Also gegen wen spielt man, um mal schnell eben unter der Woche zwei

01:10:40: Testspieler, sozusagen zwei Gastspieler zu testen? Die Wahl fiel auf die eigenen Amateure und es kam,

01:10:46: was kommen musste Teil 1. Die Amateure spielten die erste Mannschaft an die Wand. Fans schrien

01:10:53: "Schickt lieber die Amateure nach Wolfsburg". Das 'Abendblatt' schrieb: "Bei der ersten Mannschaft

01:10:59: gab es eigentlich nur Missstimmung. Mangelnder Einsatz, Fehlpässe en masse und Meckerei. Das Ende vom Lied: Peter

01:11:05: Gehrke wurde in der 85. Minute vom Schiedsrichter in die Kabine geschickt". Also eine Rote Karte im Testspiel gegen die eigenen Amateure muss

01:11:11: man auch erstmal sich erarbeiten. Ja, gute Laune sieht anders aus. Da half es auch nicht, dass sich Trainer Türk

01:11:17: in der zweiten Halbzeit kurzerhand selbst als Rechtsaußen aufgestellt hat. Er hat alles gegeben, das

01:11:24: kann man Erwin Türk nicht vorwerfen. Verhältnisse wie 1919. Ja, ähnlich auf jeden Fall. Ich weiß auch

01:11:30: nicht, ob vielleicht auch nur acht Spieler dabei waren. Also, das liest sich alles auf jeden Fall nicht so gut. Jedenfalls, und

01:11:36: jetzt kommen wir zu und es kam, was kommen musste Teil 2. Die Auslosung zur ersten Runde des

01:11:42: NFV-Pokals bescherte das erste und einzige Pflichtspiel-Derby zwischen der ersten und der zweiten Mannschaft des FC

01:11:48: St. Pauli. Der Spielausschuss war auch ein bisschen erschüttert. "Am liebsten hätten wir die Kugeln wieder

01:11:54: zurück in den Topf geworfen", sagte Werner Pfughoefft, Geschäftsführer des Norddeutschen Fußball-Verbandes damals

01:12:00: zur Auslosung. Erschütterung. Hätten sie es mal gemacht. Erschütterung

01:12:06: überall. Das wiederum gilt eigentlich für jedes FC St. Pauli-Pokalspiel, aber gut, weil der Gegner fast egal ist. Auch Kurt Hehl, damaliger Stürmer der Amateure, sagte

01:12:15: auch, er wäre erschüttert gewesen. Also Erschütterungen an allen Ecken und Enden. Und schnell gingen auch die Frotzeleien und Psychospielchen

01:12:22: los. Vinicio Zanforlini, technisch versierter Angreifer und bester Spieler der Amateure, konnte aufgrund seines Status für beide

01:12:28: Teams auflaufen, so dass er bis kurz vorher nicht wusste, für wen er eigentlich auflaufen soll. Zanforlini sagte

01:12:34: dem 'Abendblatt' nur "Ich spiele gerne für die Amateure und wenn Horst Wohlers rechtzeitig fit wird, dann wäre ich gar nicht so sicher, dass

01:12:40: unsere Profis gewinnen". Man muss dazu sagen, Horst Wohlers, der große bekannte Horst Wohlers, war damals noch bei den Amateuren als

01:12:46: 18-, 19-jähriger Jungspund. Später dann mit Borussia Mönchengladbach im Finale

01:12:52: der Landesmeister gewesen und generell Legende und später Trainer und Ihr wisst. Genau, Nachfolger Helmut Schultes unter anderem.

01:12:58: Genau. Eigentlich außer Zanforlini räumte eigentlich niemand den in der Landesliga spielenden Amateuren irgendeine

01:13:05: Art von Chance in dem Spiel aus, ein, wie sagt man das? Aber was man kurz dazu sagen muss,

01:13:11: diese Landesliga Hamburg war durchaus nur eine Liga unter der Regionalliga Nord, also die dritte Liga. Also ich meine,

01:13:17: das war jetzt nicht der Superunterschied, wie er jetzt vielleicht klingt. Aber natürlich sind die Chancen da trotzdem klar verteilt. Ja

01:13:25: und Peter Darsow, ich sag mal raubeiniger Verteidiger der Amateure, sah auch eine große

01:13:31: Chance in dem Spiel: "Ja, das war natürlich der Hammer schlechthin. Für mich erstmal sowieso, habe natürlich gleich gesagt,

01:13:37: jetzt endlich kannst du denen das mal zeigen, dass du eigentlich da reingehörst und nicht hier. Und da hat ja jeder so

01:13:43: sein Kampflevel schon so ein bisschen hochgefahren". Und Darsows Teamkollege bei den Amateuren, Leopold Samsinger, sagte: "Wir

01:13:50: hatten ja auch eine tolle Mannschaft, das war wirklich eine gute Mannschaft. Wir hätten auch noch wesentlich mehr erreichen können, aber ich sag noch mal, wir haben alle

01:13:56: im Grunde das gleiche Ziel gehabt, wir wollen in die Liga. Eine geile Amateurmannschaft ist ganz gut, aber in

01:14:02: die Liga wollten wir". Mit Liga ist hier übrigens die Liga-Mannschaft gemeint, ein Begriff für die erste Profimannschaft des Vereins.

01:14:08: Am 25. Juli 1969 war es dann so weit. Vor 2.000 Zuschauern am Millerntor

01:14:15: trafen die Amateure des FC St. Pauli auf die Profis des FC St. Pauli. Und hier wäre genau der Punkt gewesen, wenn

01:14:21: ich mir das Motivationsgefälle mal so anhöre, wo dann also aus der ersten Mannschaft jemand hätte sagen müssen, wir werden unsere Amateure

01:14:27: selbst auf dem Mond schlagen. Genau; erstmal mussten die Amateure quasi unter Drängen

01:14:33: der Geschäftsführung erstmal ihr Heimrecht abtreten, damit es am Millerntor stattfinden

01:14:39: konnte. Ich weiß gar nicht, wo die Amateure damals gespielt haben, aber scheinbar war es irgendwie, das konnte ich nicht so ganz eruieren, aber sie mussten ihr

01:14:46: Heimrecht abtreten. Das hat mich so ein bisschen verwundert, aber naja. Meiner Ansicht nach haben die

01:14:52: zu dem Zeitpunkt auch am Millerntor gespielt. Dachte ich eigentlich auch, aber vielleicht die Amateure haben dann kein Geld

01:14:58: gekriegt, sondern die Profis. Das wiederum könnte ich mir schon eher vorstellen. Der klassische St. Pauli-Trick. Ja

01:15:05: und am 25. Juli 1969 kam es, wie es kommen musste Teil 3.

01:15:11: Das Spiel begann ausgeglichen, Chancen auf beiden Seiten mit leichten Vorteilen für die Profis. Klassenunterschied nicht

01:15:17: wirklich erkennbar. Amateurtrainer Willi Gerdau ging mit dem Pausenpfiff zur Auswechselbank und sagte dem auf der Bank sitzenden Defensivspieler

01:15:24: Peter Darsow, er soll sich am Kopfballpendel warmmachen für die zweite Halbzeit. Mit so ein bisschen Nebel im Kopf

01:15:30: läuft man gleich viel befreiter. Ja genau, Peter Darsow ging zum Kopfballpendel, das ich außerhalb des Sichtfeldes der Trainerbank befand

01:15:36: und köpfte sich warm. Fünf Minuten, zehn Minuten, 15 Minuten, 20 Minuten. Plötzlich

01:15:43: kam Gerdau angelaufen und meinte "Junge, ich habe Dich ganz vergessen, warum hast Du nichts gesagt?" Warm geköpft kam Peter

01:15:49: Darsow also in der 64. Minute ins Spiel und keine zwei Minuten später schoss er das Tor seines Lebens.

01:15:55: Mit dem Kopf? Abwarten. "Das war so ein abgefälschter Ball,

01:16:01: der kam aus der St. Pauli-Hälfte. Hüft-Drehschuss oder Halbvolley und so, den hab ich genommen und habe ihn voll aufs Tor gezimmert.

01:16:07: In dem Moment habe ich nicht an den Verein gedacht".

01:16:15: Nach dem Kopfballpendel hat er wahrscheinlich eh nicht mehr viel gedacht. 60er-Jahre-Kopfballpendel waren wahrscheinlich irgendwie aus Beton oder

01:16:22: so. Mit Medizinbällen. Aber man muss auch sagen, ausgerechnet Peter Darsow,

01:16:28: der Mann, der faktisch nie traf und dessen fußballerisches Talent sehr, sehr überschaubar war, wie auch ehemalige Mannschafts-Mitspieler

01:16:34: auch mal zu Protokoll gaben. Ja, doch so richtig freuen konnte er sich nicht, die Marschroute intern war eigentlich klar.

01:16:40: Hier gewinnt nur einer und zwar die erste Mannschaft. "In Zweikämpfen könnt ihr ruhig ein bisschen

01:16:46: weniger machen, dass ihr da nicht so aggressiv seid und so. Ihr wisst ja, worum es geht.

01:16:52: Mit der ersten Mannschaft kann man natürlich mehr Geld verdienen, als mit den Amateuren". Doch es stand 1:0 für die Amateure.

01:16:58: Allen Beteiligten war klar, so darf es nicht ausgehen. Also wurden die Amateure immer passiver und

01:17:05: überließen überließen den Profis das Feld. Doch der Ball wollte einfach nicht ins Tor, Pech meets Unvermögen. Peter Darsow

01:17:11: erinnert sich: "Dann wurden die Stimmen immer lauter, immer lauter, immer lauter. Das kam auch schon mal vor im Spiel, dass man

01:17:17: gesagt hat 'Mensch komm, so und so und lass doch mal' und wie auch immer. Aber die haben sich dann so dämlich angestellt, dass da gar nicht so klare

01:17:23: Chancen kamen, dass hätte eigentlich ein Tor fallen müssen". Und so gewann der krasse Außenseiter dieses kuriose

01:17:29: Spiel. Die Stimmung im Verein war danach eher mäßig, erinnert sich Wolfgang Sommer, jahrelanger Spieler der Amateure, bei dem Spiel

01:17:35: aber nur Zuschauer. "Und dann war natürlich großes Theater, dass die Amateure gewonnen haben, kann man sich ja vorstellen. Hat

01:17:42: den Verein ja auch viel Geld gekostet. Die haben fürchterlich auf uns geschimpft, auf die Amateurmannschaft. Aber wie gesagt, wir haben alle eigentlich alles getan,

01:17:48: dass die erste Mannschaft noch gewinnt, aber..." Dazu ein Zitat von

01:17:54: Erwin Türk, der vielleicht den kompletten Wahnsinn dieses Spiels einmal zusammenfasst: "Es ist unfassbar, was

01:18:00: sich heute ereignet hat. Die Amateure haben ihrem Brötchengeber praktisch die Gurgel durchgeschnitten. Das ist eine Katastrophe für den Verein".

01:18:06: Amateurtrainer Willi Gerdau stänkerte zurück: "Darf ich mich nicht freuen für meine Jungs? Sollten wir hier etwa Eigentore machen, damit die erste

01:18:12: gewinnt? Das wäre ja wohl unsportlich". Und auch Hans "Henner" Appel, Teil der berühmten Wunderelf

01:18:18: vom Millerntor und ehemaliger Nationalspieler schäumte: "Das sind doch Vollidioten, wo gibt's denn sowas in der ganzen Welt? Das gibt's doch

01:18:24: wieder nur bei St. Pauli". Ja und wenn man denkt,

01:18:30: peinlicher wird es heute auch nicht mehr, dann gibt es immer noch einen Funktionär wie den damaligen Geschäftsführer des FC St. Pauli, Walter

01:18:36: Windte, übrigens verantwortlicher Funktionär für beide Teams, der sich mit der Niederlage nicht abfinden wollte. Also wurden

01:18:42: alle Möglichkeiten geprüft um zu verhindern, was nicht sein darf. Was tut also der FC St. Pauli? Er

01:18:48: legt Protest ein. Er protestiert gegen die Wertung des Spiels und damit gegen sich selbst. Begründung:

01:18:56: die Spieler Batze, Helfenstein und Hehl seien für die Amateure nicht spielberechtigt gewesen. Unter anderem

01:19:02: hatte sich Hehl gerade reamateurisieren lassen, wie es im schönsten Verwaltungsdeutsch der 60er Jahre heißt, der Vorgang wäre

01:19:08: aber laut FC St. Pauli noch nicht rechtskräftig abgeschlossen gewesen. Sieg-Torschütze Peter

01:19:14: Darsow nahm dies auch mit einer gewissen Fassungslosigkeit zur Kenntnis: "Ja, ich habe es eben später dann auch noch mitgekriegt so weiter,

01:19:21: dass sie jetzt aufgrund dessen haben versucht das zu annullieren. Wie sie jetzt versucht haben, sich irgendwie

01:19:27: noch da rauszuwinden, dass die erste dann das nächste Spiel gegen Göttingen hat und nicht die Amateure. Da ist man schlecht drauf vorbereitet

01:19:33: worden von der Vereinsseite aus. Das hätte man mehr mit uns kommunizieren müssen und dann schon sagen müssen, komm so und so ist das,

01:19:39: die und die Situation ist da. Ja und dann müssen wir ein bisschen darauf hinarbeiten, dass es möglichst so nicht eintritt". Der

01:19:47: DFB folgte dieser abenteuerlichen Begründung nicht und lehnte den Einspruch des Vereins ab. Die Amateure durften in der zweiten

01:19:53: Qualifikationsrunde antreten, wo die "Profikiller", so scherzte das 'Hamburger Abendblatt', auf Göttingen 05

01:19:59: trafen. Nach einem dramatischen 3:4 gingen die Amateure geschlagen vom Platz und die Hauptrunde des DFB-Pokals musste

01:20:06: ohne den FC St. Pauli auskommen. Frage ist natürlich, ob die erste Mannschaft das gegen Göttingen besser gemacht hätte.

01:20:14: Wäre ja gleiche Liga gewesen, also das ist, ja, unklar, wahrscheinlich

01:20:20: eher nicht. Vielleicht wären sie motivierter gewesen, man weiß es ja nicht. Dieses Derby traf den Verein jedenfalls ins ganze

01:20:27: Mark und so wurde sogar von einem "Schwarzen Freitag" fabuliert, der in seinen Folgen für den FC St. Pauli eben so bitter

01:20:33: werden könnte, wie der Börsencrash seinerzeit für die Finanzwelt. Ich merke daran, dass wir in letzter Zeit eindeutig

01:20:39: ein bisschen zu lakonisch mit Pokal-Aus umgehen. Also, das war damals noch eine andere Sprache, da

01:20:46: brannte der Äther, wenn es Radio war oder die Buchstaben, mein lieber Mann. Ja,

01:20:53: was man eigentlich zusammenfassen kann ist, dass außer dem verletzten Horst Wohlers, der

01:20:59: damals schon der Star der Amateure war, dann auch niemand der Amateure in die

01:21:05: erste Mannschaft geschafft hat. Nachdem wir Leopold Samsinger gehört haben und Peter Darsow, die sich das natürlich auch erhofft haben, vielleicht

01:21:12: dadurch auf sich aufmerksam machen zu können, hat Erwin Türk quasi dann auf weitere

01:21:18: Amateurspieler im ersten Kader verzichtet. Verflixt, also jetzt mal rein aus sportlicher Sicht wirklich

01:21:25: schade. Im Grunde genommen hätte er das eigentlich genau umgekehrt machen müssen, einfach alle hochziehen und mal gucken was passiert. Genau,

01:21:31: das war eine sehr gute Amateurmannschaft. Wenn man sich den Kader anguckt, also die Namen wirklich, es gibt halt diese Altstars,

01:21:37: wie Kurt Hehl und Horst Haecks, die halt früher mal bei den Profis waren. Und Vinicio Zanforlini, den Du schon nanntest, der hat ein paar Spiele in

01:21:43: der ersten Mannschaft gemacht, aber eher so sporadisch mal. Er war also nie da irgendwie großer Stammspieler oder

01:21:49: sowas. Und ansonsten die anderen Namen, also muss ich zugeben, so richtig sagen die mir auch nichts. Also jetzt im Sinne von, dass sie

01:21:55: mal groß irgendwo auch woanders auch rausgekommen wären. Aber den Zustand des damaligen FC St. Pauli, der ersten Mannschaft liest du relativ

01:22:01: gut daran ab, wenn Du mal anguckst, wer in der ersten Mannschaft gespielt hat. Zugegeben. Du kannst ja mal so

01:22:07: wahllos mal ein paar Namen vorlesen. Ja, ein paar sagen einem was, aber wenn man so hört Günter Hoffmann, Wolfgang

01:22:14: Hustig, Bernd von Soosten, Reinhard Löffler, Uwe Drews, Peter Woltmann, Dieter Krause.

01:22:21: Werner Pokropp war immer noch zugange und auch Alfred Hußner war ein sehr guter Angreifer.

01:22:27: Udo Böhs und auch dann in der 80. wurde noch der Torwart gewechselt, Klaus Georg Christensen später,

01:22:33: das waren ja auch gute Torhüter. Aber insgesamt war das jetzt wirklich zu dem Zeitpunkt nicht unbedingt die Mannschaft, die jetzt die

01:22:39: Superstars der Zukunft in sich hatte. Es war auf jeden Fall eine Umbruchphase beim FC St. Pauli, danach

01:22:46: kamen ja auch die goldenen 70er, in denen man öfter mal auch den ersten Platz geschafft hat, nur den

01:22:52: Aufstieg dann verkackt hat. Aber das mündete dann ja immerhin dann auch. Genau, bis es dann hieß,

01:22:58: Ernst Schacht: "Amateurlager oder Gewaltschuss" und er dann also die, um bei Olaf Scholz zu borgen,

01:23:04: die Bazooka ansetzte und naja, wieder mal so ein kleiner Höhenflug mit einem Derby, was dann

01:23:10: ja der FC St. Pauli gewann in der ersten Bundesliga, auch eine wunderbare Derby-Geschichte.

01:23:17: Es gibt noch wunderbare Derby-Geschichten. Die wir aber nicht ausgewählt haben. Die werden ein anderes Mal erzählt werden. Also

01:23:23: deswegen im sozusagen Derby-Barometer würde ich sagen, FC St. Pauli gegen

01:23:29: FC St. Pauli ging schlecht für den FC St. Pauli aus, das schafft er auch. Man bleibt auch intern irgendwie

01:23:35: immer der Verlierer. Ja, aber das waren unsere drei, eigentlich ja

01:23:41: sogar vier, Thomas hatte auch einen interessanten Part dazu. Ja,

01:23:48: das waren unsere vier Stories zum Thema Derby. Genau, man sieht, facettenreiches Thema auf jeden Fall. Wir

01:23:54: freuen uns, dass das Ganze in letzter Zeit deutlich positiver für den FC St. Pauli ausgeht und hoffen

01:24:01: deswegen ja wohl doch, dass er am 21. April dann doch gegen den HSV gewinnt und

01:24:07: nicht gegen sich selbst. Ich sehe hier mal davon ab, an dieser Stelle Aussagen zu tätigen, die in irgendeiner Form schlecht altern könnten.

01:24:13: Hoffnung ist zeitlos, ich hoffe immer. Hoffnung ist, wie war das, Hoffnung war Pandoras letztes

01:24:20: übel? So ist es. So viel zu dem Thema. Habe ich jetzt Dir sofort geglaubt,

01:24:26: keine Ahnung, ob das mit Pandora stimmt. Klingt aber super. Ich glaube, das ist so. In der Box, die Pandora

01:24:32: immer dabei hat, sind natürlich auch noch die Hinweise, was gerade im Museum passiert. Ein Übel jagt das das

01:24:38: nächste, nein. Auf gar keinen Fall. Wir haben Superveranstaltungen. Genau, so

01:24:46: ist es. Das ist ja vielleicht auch später zur Verortung dieses Podcast noch mal ganz nett, deswegen haben wir uns entschlossen,

01:24:53: dass wir in der Sendung schon auch immer noch kurz sagen, was passiert gerade im Museum. Da weiß man ungefähr, wo wir da gerade waren. Der

01:24:59: Vorverkauf für das Weinfest gegen Rassismus beispielsweise läuft an, das geht gerade los. Es

01:25:07: findet bald die Woche des Gedenkens des Bezirks Hamburg-Mitte statt. Celina, vielleicht kannst Du dazu noch was sagen. Ja,

01:25:14: das Datum hab ich noch nicht rausgesucht, da muss ich eine Seite weiterblättern. Ich habe jetzt erstmal, wollte ich was zur Langen Nacht der Museen erzählen.

01:25:20: Das ist ein Termin, der noch vorher kommt. Da werden wir extra lange geöffnet haben am 22. April

01:25:26: von 18 bis 1 Uhr oder 12 Uhr. 1 Uhr. 1 Uhr,

01:25:32: steht das jetzt fest? Okay. Einen Tag nach dem Derby. Einen Tag nach dem Derby, ups.

01:25:39: Für das Museumsteam auch nicht so ganz ohne, toll dass Ihr alle mitmacht. Verraten wir schon, was da passiert? Ein bisschen können wir vielleicht

01:25:46: schon mal verraten. Es wird auf jeden Fall unter anderem um das Thema Derbyfieber gehen, aber es wird

01:25:52: auch Besuch von Ole Plogstedt geben von der 'Roten Gourmet Fraktion', den viele von Euch wahrscheinlich kennen. Unter anderem Tourkoch

01:25:58: von Fettes Brot, den Toten Hosen und so weiter. War auch schon oft bei uns im Museum zu Gast und

01:26:05: Ole Plogstedt wird eine besondere Aktion mit uns zusammen machen, die den

01:26:13: Arbeitstitel "Feuer frei mit Kartoffelbrei" trägt. Es geht darum, an das zu erinnern, was die 'Letzte

01:26:19: Generation' mit Kunstwerken macht und was ein bisschen wie die Hafenstraße seinerzeit auch in der bürgerlichen Presse sage ich mal

01:26:25: keine gute Presse hat. Aber vom Anliegen hier etwas ist, das sehr viele Menschen, auch die dem FC St. Pauli-Museum

01:26:31: nahestehen, absolut richtig finden. Klimaschutz ist wahnsinnig wichtig, darum geht es dann also auch da und wir wollen die Lange Nacht

01:26:37: der Museen, eben weil es die Lange Nacht der Museen ist, nutzen, um eben diese Debatte in unserem Museum stattfinden

01:26:44: zu lassen. Weil wir auch ein bisschen die Ahnung haben, in der Kunsthalle wird es nicht passieren. Also machen wir's einfach bei uns, dem

01:26:50: führenden Kunstmuseum im Millerntor-Stadion, außer es ist gerade Millerntor Gallery, die dann ja auch noch dieses

01:26:56: Jahr stattfindet. Die Kunst des Abstiegs. Die allerdings beherrschen wir auch, ab und zu auch die vom Aufstieg. Nachher

01:27:03: kommt übrigens tatsächlich von jetzt aus gesehen nicht allzu langer Zeit die Mannschaft auch noch vorbei, also können wir einfach gleich sitzen

01:27:09: bleiben. Die erste Mannschaft des FC St. Pauli besucht uns ja gerne im Museum, also jedenfalls einmal

01:27:15: pro Saison. Es kam schon eine Hälfte, da gab es eine Führung auf Deutsch, jetzt gibt's nachher noch eine in English.

01:27:22: Ohne Jackson Irvine müssen wir dazu sagen. Der ein Länderspiel hat, genau. Jackson kommt dann

01:27:28: hoffentlich noch mal extra, wir lassen uns natürlich eine Liste geben. Connor Metcalfe ja ähnlich. Da muss man auch sagen, Jackson Irvine

01:27:34: besucht auch die Weinbar ab und an nach Spielen. Sehr gut, er weiß quasi, wo das Museum ist. Ziehen ihn mit

01:27:40: seiner Weinschorle in der Hand einfach mal weiter ins Museum und tellen ihm in plain

01:27:46: Old English what we alles show in the museum. Klingt schon mal sehr professionell

01:27:54: definitiv. Jetzt noch mal zur Woche des Gedenkens den Bogen zurück, am 4.

01:28:00: Mai wird Frauke Steinhäuser bei uns zu Gast sein, um aus ihrem Buch zu lesen.

01:28:07: Das Buch heißt "Bis zu seinem freiwilligen Ausscheiden im April 1933", gibt übrigens auch im

01:28:13: 1910shop.de, unserem Online-Shop und es geht um jüdische und als jüdisch verfolgte Sportler:innen

01:28:19: in Hamburg in der Zeit des Nationalsozialismus. Ist ein super Buch, ich habe es gelesen, ich kann es sehr empfehlen und

01:28:26: Frauke ist eine tolle Rednerin. Den Vortrag habe ich auch schon mal gesehen, kommt auf jeden Fall vorbei, wenn Ihr da Zeit

01:28:32: habt. Und dann noch mal unsere Abschlussworte, falls keiner von Euch noch

01:28:38: was hat. Eine Kleinigkeit wollte ich noch kurz loswerden, weil

01:28:45: es gerade passiert ist. Und ich glaube, es passt gerade, weil wir gelacht haben. Es geht um eine Person, die das auch sehr

01:28:51: oft getan hat mit uns gemeinsam, die mit uns gemeinsam das Museum auch aufgebaut hat. Die als Mensch und Fotografin

01:28:57: einfach so sehr zum Millerntor gehörte, dass wir sie weiterhin glaube ich auch quasi wie ein Hologramm

01:29:04: vor uns sehen werden immer vor unserem inneren Auge. Und die den FC St. Pauli nicht nur mit ihren Fotografien abgebildet hat, sondern

01:29:10: auch neuronal gewissermaßen, denn sie kannte praktisch jeden. Also in ihrem Kopf war ganz, ganz viel FC

01:29:16: St. Pauli drin und wir werden sie immer sehr vermissen. Ja, liebe

01:29:22: Antje Frohmüller. Vielen, vielen Dank für alles, wir hätten dich gerne immer noch hier bei uns.

01:29:32: Ja, vielen Dank, dann hören wir uns beim nächsten Mal. Tschüss. Tschüss. Tschüss.

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