#20 Die Lichter, die Sehnsucht: Der FC St. Pauli und der Hafen
Shownotes
In der 20. Folge FCSP-Geschichte(n) beschäftigen sich Celina, Christopher und Thomas mit dem FC St. Pauli und seiner Beziehung zum Hafen. Thomas bringt die harten Fakten an den Start, Christopher macht einen Abstecher nach Duisburg um anschließend im Krankenhaus einzukehren und Celina klärt, wer das berühmte "Herz von St. Pauli" wirklich geschrieben hat (Spoiler: nicht Hans Albers).
Quellen zu Celinas Story (Auswahl):
Fischer, Heinz D.: Reeducations- und Pressepolitik unter Britischem Besatzungsstatus. Die Zonenzeitung "Die Welt" 1946-1950.Konzeption, Artikulation und Rezeption
Hamburger Institut für Sozialforschung: Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941–1944
Jary, Micaela: Traumfabriken „Made in Germany“. Die Geschichte des deutschen Nachkriegsfilms 1945–1960
Köpf, Peter: Schreiben nach jeder Richtung. Goebbels-Propagandisten in der westdeutschen Nachkriegspresse.
Sonntag, Christian: Medienkarrieren: Biografische Studien über Hamburger Nachkriegsjournalisten 1946-1949 (Forum Kommunikation Und Medien, Band 5)
Reporter in Hitlers Krieg – Die Propagandakompanie | Terra X
Die Liebe des Lügenbarons. Hans Albers und seine jüdische Partnerin Hansi Burg | Der Spiegel
Hans Albers. Ein Held auf der Leinwand aber nicht im Leben | Deutschlandfunk Kultur
Transkript anzeigen
00:00:00: Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten. Wer verrät uns nie? KPDi? Fast. Die KPD des
00:00:08: Fußballs. So, seid Ihr bereit?
00:00:16:
00:00:22:
00:00:26:
00:00:30: Hallo und herzlich willkommen
00:00:37: zu FCSP-Geschichte(n), das n in Klammern, dem offiziellen Podcast des FC St.
00:00:44: Pauli-Museums.
00:00:46: Entgegen unserem eigenen Versprechens haben wir uns noch mal zurückgezogen in
00:00:51: die unangekündigte Winterpause. Das tut uns sehr leid,
00:00:54: dafür bitten wir um Entschuldigung, jetzt sind wir zurück in einer etwas
00:00:59: abgespeckten Besetzung, denn Christoph ist leider krank.
00:01:03: Das heißt, ich sitze hier heute nur mit: Christopher.
00:01:07: Und Thomas. Genau, das ist auch eine sehr nette Runde
00:01:10: und wir haben drei schöne, naja, schön ist immer
00:01:14: das falsche Wort, aber wir haben drei Geschichten für Euch
00:01:18: vorbereitet und haben ja letztes Mal schon angekündigt,
00:01:21: dass wir ein Hörer*innen-Thema aufgreifen. Bei dieser Folge geht es um den FC St.
00:01:27: Pauli und den Hafen, das war ein Vorschlag von Pascal.
00:01:30: Vielen Dank, Pascal.
00:01:32: Ja, ich glaube, dann werden wir Euch gar nicht länger auf
00:01:35: die Folter spannen. Ihr habt ja lange genug gewartet,
00:01:38: wir steigen einfach direkt ein. Thomas hat eine kleine Einleitung
00:01:42: vorbereitet. Gib uns die Hard Facts. Der Hamburger Hafen als solches dürfte ja
00:01:46: als bekannt vorausgesetzt werden, aber da wir ja auch ein Bildungspodcast sind,
00:01:51: einige Infos dann doch noch mal hier, wir haben hier in Hamburg den größten
00:01:55: Seehafen des Landes und nach Rotterdam und Antwerpen auch den drittgrößten
00:01:59: Europas.
00:02:00: Und auch wenn es von hier aus etwa 100 Kilometer bis zur Elbmündung sind,
00:02:05: Hamburg gilt als Seehafen. Die Geschichte beginnt hier schon relativ
00:02:09: früh, denn die ersten Ansiedlungen so ab dem 9.
00:02:12: Jahrhundert waren natürlich bewusst hier gegründet
00:02:15: worden, denn Flüsse vor der Haustür waren immer
00:02:18: schon ein wichtiger Grund, sich niederzulassen.
00:02:21: Seit 1189 hat Hamburg das Hafenrecht, was mit zahlreichen Privilegien verbunden
00:02:26: war, allerdings
00:02:28: heute weiß man, dass dieses Dokument, unterschrieben von Kaiser Barbarossa,
00:02:32: eine Fälschung ist. Man hat das einfach gemacht,
00:02:37: um andere Städte sozusagen auszustechen und hat sich da einfach bedient
00:02:42: dem, dass man damals noch nicht so richtig gut
00:02:45: sich schnell mal informieren konnte, wie heutzutage.
00:02:49: Zunächst hatte Hamburg dann nur einen Binnenhafen an der Alster
00:02:53: noch, Nikolaifleet heute.
00:02:55: Mit Bäumen zur Elbe abgegrenzt, daher gibt es auch den heute noch bestehenden
00:03:00: Namen Baumwall. Das rührt daher. Und
00:03:03: nach und nach wurde dann der Hafen immer mehr an die Elbe ausgedehnt.
00:03:07: Über die Jahrhunderte wurde dann auch immer wieder versucht,
00:03:10: weiterhin Konkurrenzhäfen zu Hamburg aufzubauen,
00:03:13: zum Beispiel von Seiten der Bremer Bischöfe in Stade.
00:03:16: Oder im Hannoverschen, in Harburg und ganz besonders auch auf
00:03:20: dänischer Seite, in Altona oder auch in Glückstadt,
00:03:24: also Glückstadt wurde extra gegründet, um eine Konkurrenz zu Hamburg aufzubauen,
00:03:29: was offensichtlich nicht ganz geklappt hat.
00:03:32: Nicht umsonst hatte dann Hamburg auch Ritzebüttel, das heutige, na wer weiß es?
00:03:37: Cuxhaven, genau.
00:03:41: Und gemeinsam mit Lübeck auch das weiter flussaufwärts gelegene Bergedorf erobert,
00:03:45: um die Elbe besser kontrollieren zu können und zum Beispiel,
00:03:48: dass die Insel Neuwerk vor der Elbmündung heute noch zu Hamburg gehört,
00:03:52: ist auch eine Folge davon. Aber diese Vormachtstellung Hamburgs hat
00:03:55: das Ganze letztlich nie beeinträchtigen können,
00:03:58: und nachdem Mitte des 18. Jahrhunderts es einen Vergleich mit Dänemark dann gab und
00:04:02: zum Beispiel alle Elbinseln zu der Zeit dann so Finkenwerder,
00:04:05: Veddel und so weiter, zu Hamburg kamen, war der Grundstein gelegt zum späteren
00:04:09: Hafenausbau.
00:04:11: Der dann immer größere Baumaßnahmen auch an der Elbe nach sich zog,
00:04:14: bis hin zum Bau der Speicherstadt ab 1883, für den dann zumeist ärmere Menschen, etwa
00:04:19: 20.000, aus ihren angestammten Wohnquartieren vertrieben wurden,
00:04:23: ohne Entschädigung im Übrigen. Und mittlerweile wissen wir ja,
00:04:27: beherrscht ja eher die Containerschifffahrt den Hafen,
00:04:30: und deswegen ist der eigentliche Umschlag ein bisschen ausgelagert mittlerweile und
00:04:35: ist natürlich nicht mehr so stadtnah möglich wie früher.
00:04:40: Dass mal nur so als grobe Einleitung, worüber reden wir eigentlich,
00:04:45: wenn wir über den Hamburger Hafen reden. Und dann können wir auch mal einfach
00:04:51: direkt ins Hafenthema starten und Christopher könnte mal was vortragen.
00:04:58: Ja dann starte ich mal mit meiner Hafengeschichte,
00:05:02: also ich nenne meine Geschichte "Keine Elfmeter im Rathaus oder Aufstand der
00:05:08: Rhetoriker".
00:05:09: Unser Thema Heute ist ja der FC St. Pauli und der Hafen und da haben
00:05:14: wir jetzt schon ein bisschen was von Thomas gehört.
00:05:17: Also zur Geschichte des Hafens, die Verbindung zwischen Hafen und dem FC St.
00:05:22: Pauli versuchen wir heute ja vielleicht noch ein bisschen herzustellen und um da
00:05:27: vielleicht so ein bisschen näher zu kommen,
00:05:29: startet meine Geschichte im Ruhrpott, genauer gesagt in Duisburg,
00:05:34: und noch genauer gesagt im Duisburger Stadtteil Hamborn.
00:05:39: Dort fand nämlich am 19. Januar 1997 ein Freundschaftsspiel der etwas anderen Art
00:05:44: statt. Der Landesligist Hamborn 07 traf auf den
00:05:47: Bundesligisten FC St. Pauli, live vom WDR übertragen. Es war die
00:05:52: Wiederauflage des DFB-Pokalspiels der beiden Mannschaften aus dem Jahr 1952 und
00:05:57: aufmerksame Hörer*innen erinnern sich vielleicht an Celinas Story über den
00:06:02: Tschammer-Pokal bzw. dessen direkten Nachfolger, den DFB-Pokal.
00:06:06: Denn dort war auch das Spiel
00:06:08: gegen Hamborn ein Teil unserer Story. Hört also gerne rein in Folge 14 unseres
00:06:14: Podcast. Es kam also zur Wiederauflage und diese
00:06:17: Wiederauflage wurde initiiert von einem Mann namens Friedrich Küppersbusch.
00:06:22: Der TV-Journalist Küppersbusch hatte damals eine Sendung namens
00:06:26: "Privatfernsehen", in der er im öffentlich-rechtlichen
00:06:30: Fernsehen die Auswüchse des damals noch recht neuen Privatfernsehens persiflierte
00:06:35: und kommentierte.
00:06:36: Und eben auch die Sportberichterstattung des Senders Sat1
00:06:40: und seiner manchmal doch sehr schrillen Galionssendung "ran" wurden aufs Korn
00:06:45: genommen. Die Sendung "Privatfernsehen" fand in
00:06:47: Hamborn 07 schnell so ihren urigen Liebling und die Sendung wurde
00:06:51: Trikotsponsor der Hamborner und der WDR finanzierte die Stadionzeitung des
00:06:56: Traditionsvereins, übrigens auch Spitzname "Die Löwen".
00:07:01: Kurze Zeit später kam Küppersbusch in seiner Sendung zum Schluss,
00:07:05: es muss eine Neuauflage dieses historischen Spiels von 1952 her. Gesagt,
00:07:09: getan, der Präsident der Hamborner besuchte,
00:07:12: begleitet von einem Kamerateam, dann den FC St.
00:07:14: Pauli und seinen nachmaligen Manager Helmut Schulte am Millerntor und da
00:07:19: hören wir mal kurz rein: "Ja, es ist wahr, dass Hamborn 07 als erster deutscher
00:07:23: Fußballverein live im Fernsehen war und dass der 4:3-Sieg gegen St.
00:07:27: Pauli 44 Jahre her ist.
00:07:29: Es stimmt auch, dass der heutige Löwenpräsident letzte
00:07:33: Woche in Hamburg Revanche angeboten hat und dass St. Pauli mitmacht.
00:07:38: Hiermit wird verkündet, dass der FC St. Pauli am 2. Februar bei Hamburg 07 zu
00:07:43: einem Freundschaftsspiel antritt am Holtkamp.
00:07:47: Es soll eine Neuauflage des ersten Spiels im deutschen Farbfernsehen, nee,
00:07:52: im deutschen Schwarz-weiß-Fernsehen sein, steht das Ding.
00:07:56: Ja super, dann darf ich mich dafür bedanken."
00:07:59: Ja super. Hiermit wird verkündet, super. Also es hat den Präsident von den
00:08:04: Hamborner Löwen faktisch aus dem Sitz gerissen. Ja,
00:08:07: es kam also nachdem der Präsident der Hamborner Löwen komplett aus dem Sitz
00:08:11: gerissen wurde von Helmut Schulte, kam es nun also zur Neuauflage und der
00:08:16: WDR übertrug live. Küppersbusch begleitete dann live für den
00:08:19: WDR das Spiel als rasender Reporter.
00:08:22: Auch da hören wir jetzt mal kurz rein und wundert Euch nicht.
00:08:26: Am Anfang hört man so ein bisschen Musik, das ist Götz Alsmann,
00:08:29: der live bei den Hamborner Löwen mit seiner Band Musik spielt,
00:08:33: zur Feier des Tages, denn es wurde alles live übertragen vom
00:08:37: WDR und Götz Alsmann, übrigens damals einer der größten Stars
00:08:40: des WDR mit seiner damals noch laufenden Sendung "Zimmer frei" und wir hören jetzt
00:08:45: mal in den Bericht rein:
00:08:47: "Die Idee zum Rückspiel in Duisburg hatte Friedrich Küppersbusch.
00:08:51: Die Macher von "Privatfernsehen", mit einem feinen Gespür für die Mischung
00:08:55: aus Tradition und Zeitgeist. Das Spiel von einst begeistert auch heute
00:08:59: noch und wir erfuhren sogar, dass das Spiel von 1952 prägende
00:09:03: Auswirkungen hatte. Ich kann mich noch genau erinnern,
00:09:06: meine Mama hat mich gerade gewickelt und plötzlich flimmerten diese Bilder übers
00:09:11: Fernsehen. Und Du warst still? Ich war ganz ruhig.
00:09:15: Und plötzlich hab ich geschrien, das war die 87. Minute,
00:09:18: da kam dieses Elfmetertor, es war wunderbar." Ja, es war wunderbar,
00:09:22: ihr hörtet übrigens gerade quasi die Stimme des Potts Manfred,
00:09:26: genannt Manni Breuckmann, lange Jahre einer der bekanntesten
00:09:30: Hörfunk- und Sportreporter des WDR, auch Prominenz wie WDR-Intendant Fritz
00:09:34: Pleitgen oder Marie-Luise Marjan alias Mutter Beimer waren vor Ort,
00:09:39: um sich dieses Spiel anzugucken.
00:09:42: Mutter Beimer natürlich bekannt aus der Lindenstraße. Selbstverständlich. St.
00:09:47: Pauli verlor 1952 mit 3:4 und der Mann, der das Goldene Tor für Hamborn schoss,
00:09:52: war 1997 auch bei der Neuauflage wieder vor Ort.
00:09:55: Helmut Sadlowski und da hören wir jetzt auch noch mal rein:
00:09:59: Dieses 4:3 sahen im Fernsehen live gerade mal 4.000 Zuschauer und er erzielte
00:10:04: es, keine Diskussion. War
00:10:06: berechtigt, weil einer auf der Linie mit der Hand
00:10:09: abgewehrt hatte.
00:10:11: Und da
00:10:16: blieb mir ja gar nichts übrig, einer musste ja schießen."
00:10:20: Einer musste ja schießen, sagt Helmut Sadlowski,
00:10:23: der den entscheidenden Elfmeter zum 4:3 für Hamborn am Millerntor verwandelte.
00:10:29: Und was ihr nicht sehen konntet in diesem Bericht,
00:10:32: denn es ist ja ein Podcast und kein Sehcast.
00:10:35: Dass sich just in diesem Moment des Interviews mit Helmut Sadlowski ein Mann
00:10:39: mit stabiler Kurzhaarfrisur, Bomberjacke und einem grauen
00:10:43: Kapuzenpullover mit der Aufschrift "Übersteiger" und einem Klaus Störtebeker-
00:10:47: Konterfei durchs Bild quetscht und Helmut Sadlowski einen interessierten Blick
00:10:52: zuwirft. Mein heutiger Museumskollege Ronny
00:10:54: Galczynski, ehemaliger "Übersteiger"- Redakteur und Mitglied der AGiM,
00:10:58: quetschte sich da also gerade durchs Bild.
00:11:02: Einige Monate später, im Jahr 1997, sollte er etwas für Unruhe im Verein
00:11:06: sorgen, als er als Antragsteller für die AGiM
00:11:08: seine Unzufriedenheit über den Namen Wilhelm-Koch-Stadion äußerte.
00:11:12: Auch das ist eine andere Geschichte und aufgrund dieser Hintergrundinformationen
00:11:17: und ich hoffe Ronny verzeiht mir das, liegt der Verdacht nahe,
00:11:20: dass in Hamborn noch etwas anderes passiert sein muss als ein netter Kick
00:11:25: des FC St. Pauli im Duisburger Norden, denn ihr fragt euch mit Sicherheit
00:11:29: erstmal:
00:11:30: Das ist ja alles schön und gut, aber war das Thema nicht Hafen?
00:11:34: Warum erzählt er jetzt seit gefühlt einer halben Stunde von Hamborn 07, Götz
00:11:39: Alsmann und Mutter Beimer. Erst mal die Verbindung,
00:11:42: denn Duisburg hat den größten Binnenhafen der Welt,
00:11:45: dadurch finden sich in Duisburg über 700 Brücken, mehr als in Venedig und St.
00:11:50: Petersburg, aber damit steht Duisburg europaweit
00:11:53: natürlich nicht auf Platz 1. Die Nummer 1 in Europa mit knapp 2.500
00:11:57: Brücken ist natürlich: Hamburg. Richtig.
00:12:00: Und da wären wir wieder beim Thema, womit ich auch prompt wieder zum Spiel
00:12:05: nach Hamborn am 19. Januar 1997 zurückgehe, denn das Fanzine "Splitter" fasste das
00:12:10: Spiel ungefähr so zusammen: "Für Unterhaltung,
00:12:13: sofern man denn auf diese Art von Unterhaltung steht,
00:12:16: sorgten diverse Zelte mit Bier, Wurst und Livemusik."
00:12:19: Ich stehe auf diese Art von Unterhaltung muss ich sagen.
00:12:23: Livemusik übrigens der erwähnte Götz Alsmann.
00:12:27: "Dazwischen wuselten ständig irgendwelche armen Studentenhippies in Käptn Blaubär,
00:12:32: Hein Blöd oder Maulwurfkostüm herum, um bescheuerte Faxen zu machen."
00:12:37: Die Maus war auch da, ganz wichtig, erinnere ich noch. Die Maus, genau,
00:12:41: war ja der WDR. "Der Bus aus Hamburg mit dem üblichen
00:12:45: Pöbel wuselte ebenfalls schon herum, allerdings mehr an den Bierständen.
00:12:50: Und als es soweit war, das Spiel meine ich,
00:12:53: platzierte sich der Block dann im kleinen Stadion,
00:12:55: das heute rund 3.500 Zuschauer fasste. Das Spiel war natürlich irgendwie
00:13:00: scheißegal, in Klammern, unsere Profis blamierten sich nicht,
00:13:03: immerhin.
00:13:04: So konzentrierte man sich darauf, Hafenkrankenhaus-Gesänge anzustimmen,
00:13:07: besonders immer dann, wenn sich eine mobile Kamera zwecks
00:13:10: Interview in unserer Nähe befand, was im TV wohl ganz gut rüberkam.
00:13:14: Gut rüber kam sicherlich auch das jetzt schon legendäre Interview unseres Sunday
00:13:18: Strippers Ralf, siehe unten." Dazu kommen wir gleich noch.
00:13:21: "Um der Hafenkrankenhausgeschichte ein wenig Nachdruck zu verleihen,
00:13:24: startete ein Kommando samt mitgebrachten 10 Meter Transpi.
00:13:27: "Hafenkrankenhaus bleibt, sonst gibt es einen Elfmeter im Rathaus"
00:13:32: mit der Unterschrift der Profis kurz vor Schluss eine Pitch Invasion,
00:13:37: was tut man nicht alles. Insgesamt recht kultig die ganze Angelegenheit."
00:13:42: Es war also sehr kultig in Hamborn und Fans des FC St.
00:13:45: Pauli haben also ein Transpi gezeigt, auf dem stand "Hafenkrankenhaus muss
00:13:50: bleiben, sonst gibt es einen Elfmeter im Rathaus".
00:13:54: Das war die komplizierteste Überleitung zu dem Begriff Hafen der Podcast-
00:13:59: Geschichte vermutlich. Das war der Plan. Das Hafenkrankenhaus
00:14:04: also. Ah, jetzt. Wegen Hafen, weißt Du. Darum geht es nämlich in dieser
00:14:09: Geschichte und um Hamborn 07. Also das Hafenkrankenhaus,
00:14:13: worum ging's da eigentlich und was war das Hafenkrankenhaus auf St. Pauli,
00:14:19: denn es gibt es heute nicht mehr.
00:14:23: Um kaum ein anderes Krankenhaus ranken sich so viele Geschichten wie um das
00:14:27: Hafenkrankenhaus auf St. Pauli. Gehen wir zurück ins Jahr 1900. An der
00:14:31: Westseite der Seewartenstraße, direkt in Sichtweite zum Hamburger Hafen,
00:14:35: entstand ein Krankenhaus, ursprünglich als Polizeikrankenhaus
00:14:38: gegründet, in dem sich, Zitat, "sich in Gewahrsam
00:14:41: befindende Männer behandelt werden sollten".
00:14:43: Doch die Nähe zum Hafen und zur Reeperbahn prägte das Krankenhaus,
00:14:47: Pastor des Krankenhauses war übrigens Clemens Schultz.
00:14:50: Er war zudem der Pastor der St. Pauli- Kirche und Mitglied im St. Pauli
00:14:54: Turnverein. Die Chronik des Hafenkrankenhauses
00:14:57: schreibt, ich zitiere: "Schon bald gab es eine Abteilung für die zwangsweise
00:15:01: Behandlung von Geschlechtskrankheiten, Reinigungs- und Desinfektionsabteilungen,
00:15:06: ein gesichertes Unruhigenhaus zur Verwahrung von Tobsüchtigen und
00:15:10: Deliranten, ein Leichenschauhaus und 20 Frauenbetten
00:15:13: mit einer Einrichtung für Notgeburten. Von Beginn an war dem Krankenhaus eine
00:15:18: Verbands- und Aufnahmestation angegliedert und es werden auf der Straße oder an
00:15:23: öffentlichen Plätzen erkrankte, verletzte oder bewusstlose Personen
00:15:27: aufgenommen. Hierzu namentlich auch die auf Schiffen
00:15:30: im Hafen oder auf Werften verunglückten Personen." Unruhigenhaus,
00:15:34: Ein Unruhigenhaus.
00:15:36: Unruhigenhaus der Liga. Auch die
00:15:38: Unfallchirurgie wird ein Kernstück der Einrichtung.
00:15:41: Doch nicht nur Gäste auf der Reeperbahn mit zu viel Promille intus profitierten
00:15:46: also davon, auch der FC St. Pauli und dessen Sportler waren
00:15:50: Stammgäste an der Seewartenstraße. So schrieb zum Beispiel die Vereinszeitung
00:15:54: 1936 "Unser Willy Fredericksen hat sich beim Rugby-Training das rechte Bein
00:15:59: verletzt.
00:16:00: Vier Wochen hütet er nun das Bett im Hafenkrankenhaus. Wir wünschen Dir,
00:16:04: lieber Willy, gute Genesung." Vier Wochen, weil er sich das rechte Bein verletzte.
00:16:08: Ich würde sagen, da senden wir auch mal gute Genesungswünsche.
00:16:12: Gute Besserung Willy. Und nicht nur Rugby,
00:16:15: auch Fußball ist ein gefährlicher Sport im Februar 1951 musste Vereinslegende
00:16:19: Harald Stender für vier Wochen mit doppeltem Schädelbasisbruch im Hafenkrankenhaus
00:16:24: behandelt werden. Das klingt auch unangenehm.
00:16:27: Absolut, genauso lange wie Willy Fredericksen. Bei einem Heimspiel gegen
00:16:30: Werder Bremen war er mit seinem Gegenspieler Dragomir Ilic zusammengestoßen und zog
00:16:34: sich beim Aufprall auf dem gefrorenen Boden diese folgenschwere Verletzung zu,
00:16:38: die ihm aufgrund seiner langen Ausfalldauer die Nominierung für die
00:16:42: deutsche Nationalmannschaft gekostet haben soll. Vier Wochen?
00:16:45: Naja also vier Wochen im Krankenhaus, nach dem Schädelbasisbruch bleibt noch ein
00:16:49: bisschen. Mindestaufenthaltsdauer vielleicht auch im Hafenkrankenhaus. Ich
00:16:53: glaube auch. Kleiner Trost, St. Pauli gewann das Spiel mit 5:2.
00:16:57: Gut möglich, dass Harald Stender als Stargast des
00:17:00: Krankenhauses auch von Dr. Henning Brütt behandelt wurde,
00:17:03: ärztlicher Direktor und einer der bedeutendsten Unfall- und Neurochirurgen
00:17:08: der deutschen Nachkriegszeit.
00:17:10: Unter der Leitung von Dr. Henning Bütt und dessen Nachfolger Dr.
00:17:14: Gerhard Küntscher erregte das Krankenhaus internationales Aufsehen im Bereich der
00:17:18: Unfallchirurgie. Dr. Henning Brütt war bereits seit 1930 Leiter
00:17:21: des Hafenkrankenhauses. 1933 trat er in die NSDAP ein und machte sich im Laufe
00:17:25: seiner Leitung an NS-Medizinverbrechen schuldig.
00:17:28: So wurden im Hafenkrankenhaus unter anderem Zwangskastrationen an
00:17:32: homosexuellen Männern durchgeführt, persönlich von Brütt vorgenommen.
00:17:36: Das Krankenhaus arbeitete eng mit der NS- Justiz zusammen und wurde 1934 von
00:17:41: Staatssekretär Georg Ahrens auserkoren, ein nationalsozialistisches
00:17:45: Musterkrankenhaus zu werden. Er machte es zu einer Ausbildungsstätte
00:17:49: der sogenannten "Braunen Schwesterschaft". Diese Schwesternschaft behandelte nur
00:17:53: noch im sogenannten Volkswohl und gegen angeblich,
00:17:56: Zitat, "unwertes Leben", der Beginn der NS- Euthanasie.
00:18:01: In einigen Fällen wurden Personen vom Krankenhaus auch in Tötungsanstalten
00:18:06: überstellt, wo sie Opfer der NS-Euthanasie wurden.
00:18:10: 1944 spielte eine Szene des Films "Große Freiheit Nr. 7" im Hafenkrankenhaus.
00:18:16: Hannes, gespielt von Hans Albers, besucht seinen Bruder Jan auf der
00:18:21: Krankenstation. Ein Film,
00:18:23: der das von Hans Albers gesungene Lied "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins"
00:18:28: richtig berühmt machte. Geschrieben wurde das Lied allerdings
00:18:32: schon im Jahre 1912 von einem Mann namens Ralph Arthur Roberts. Albers war,
00:18:37: wie so oft, nur der Performer des Liedes.
00:18:41: Dem Regisseur Helmut Käutner wurde aufgrund des melancholischen und
00:18:45: resignierten Untertons des Filmes übrigens Wehrkraftzersetzung vorgeworfen.
00:18:49: Dr. Henning Brütt musste nach Kriegsende für vier Monate seine Leitung im
00:18:54: Krankenhaus aufgeben, bevor er im März 1946 im
00:18:56: Entnazifizierungsverfahren vom Mitläufer zu entlastet eingestuft wurde und wieder
00:19:01: die Leitung übernehmen konnte. Ist ja nicht ungewöhnlich gewesen.
00:19:06: Brütts Nachfolger 1957 wurde dann Dr. Gerhard Küntscher.
00:19:10: Er war der Erfinder der Marknagelung, ein chirurgisches Verfahren zur
00:19:14: Versorgung von Brüchen der Röhrenknochen, wobei das Eintreiben eines langen
00:19:19: Metallstifts in das Knochenmark den Bruch von innerhalb des Knochens versorgen
00:19:24: sollte. Küntscher war ein Pionier der Medizin und
00:19:27: ein, ich zitiere, "unorthodoxer und unangepasster Mann,
00:19:30: der zu Polarisierung neigte".
00:19:34: Am 1. Januar 1931 trat Küntscher in die NSDAP
00:19:37: ein, wenig später in die SA. An der Universität
00:19:39: Kiel war er der sogenannte Führer des NS- Dozentenbundes. Während seiner Zeit als
00:19:44: Mediziner an der Front beging er sogenannte Humanexperimente, er
00:19:48: verfeinerte die Technik der Marknagelung an Kriegsgefangenen,
00:19:52: doch aufgrund der deutlich verbesserten Heilung der Kriegsgefangenen wurde die
00:19:57: Anklageschrift durch die US-Militärjustiz fallen gelassen und man versuchte sogar
00:20:02: Küntscher
00:20:03: für sich zu gewinnen. Im Jahr 1968 sorgte das Hafenkrankenhaus wiederum
00:20:08: deutschlandweit für Aufsehen. Der NDR strahlte am 19. Februar 1968 die erste
00:20:13: Folge der Serie "Hafenkrankenhaus" aus. Es war damit die erste deutschsprachige
00:20:19: Arztserie in der Geschichte des Fernsehens und diese Sendung hat ein sehr
00:20:25: eigenwilliges Intro, was ich euch nicht vorenthalten möchte.
00:20:37: "Jeden von uns kann es treffen. Ein Unfall, eine Krankheit und das Geheul der Sirenen
00:20:42: bahnt uns den Weg ins Krankenhaus. Hilflos sind wir, voll Angst und Hoffnung.
00:20:48: Ich will nicht ins Krankenhaus, ich will nicht. Angewiesen auf Menschen,
00:20:53: von deren Können und Hilfsbereitschaft unser Leben abhängen kann."
00:20:57: Ich will nicht ins Krankenhaus,
00:21:01: schön. Das ist also die Serie "Hafenkrankenhaus".
00:21:04: 13 Episoden lang kümmerte sich Schwester Inge um die Sorgen und Nöte
00:21:09: ihrer Patient*innen. Doch der Ruhm des Hafenkrankenhauses
00:21:13: trotz dieser Serie verblasste und bereits sechs Jahre später, Mitte der 70er-Jahre,
00:21:18: stand das Hafenkrankenhaus erstmals vor der Schließung.
00:21:22: Eine Station wurde bereits geschlossen, doch dann kam es zu einer denkwürdigen
00:21:28: Katastrophe im Hamburger Hafen.
00:21:31: Am Abend des 9. Januar 1976 kommt es an der Werft von
00:21:34: Blohm & Voss bei dem Neubau des Containerschiffs "Anders Maersk" zu einer
00:21:38: Explosion des Dampfkessels. Zwölf Arbeiter sind durch die Druckwelle sofort tot.
00:21:42: 29 schwer verletzt, drei Männer sterben auf der Fahrt in entfernte Krankenhäuser und
00:21:47: das Hafenkrankenhaus öffnet noch in der Nacht die bereits geschlossenen Stationen,
00:21:51: um Schlimmeres zu verhindern. Dadurch wird die Relevanz des
00:21:55: Krankenhauses an dem Standort noch einmal deutlich.
00:21:58: Doch 1994 kündigt sich die endgültige Schließung des Hafenkrankenhauses an.
00:22:02: Der "Krankenhausplan 2000" von CSU- Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer
00:22:07: sah unter anderem den Abbau von 913 Betten in Hamburg vor.
00:22:10: Als kleinstes Hamburger Krankenhaus in einem Stadtteil mit eher schwacher
00:22:14: Sozialstruktur, und daher wenig politischer Lobby wurde das
00:22:18: Hafenkrankenhaus also als entbehrlich angesehen.
00:22:22: Es kam zu starken Protesten, Demonstrationen,
00:22:25: Solidaritätsbekundungen und Unterschriftenaktionen.
00:22:28: Bekannte Hamburger Persönlichkeiten wie Heidi Kabel, Carlo von Tiedemann,
00:22:33: Lilo Wanders, Corny Littmann und der FC St. Pauli beteiligten sich an einer
00:22:37: Plakatkampagne, die hieß "Das Hafenkrankenhaus muss bleiben".
00:22:41: Die Bürgerinitiative "Ein Stadtteil steht auf" wurde gegründet,
00:22:44: die Initiative besetzte Anfang 1997 unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit die
00:22:49: Station D.
00:22:50: Zu diesem Zeitpunkt waren 87% der Hamburger Bevölkerung gegen die
00:22:54: Schließung und wir hören mal kurz in eine Spiegel TV-Reportage rein.
00:22:58: "Seit drei Wochen hat auch Hamburg eine Montagsdemonstration.
00:23:01: Aufgebrachte Hanseaten wollen sich in Zukunft regelmäßig zum Wochenbeginn
00:23:06: treffen, sie kämpfen für das traditionsreiche
00:23:08: Hafenkrankenhaus, das nach dem Willen der Politiker
00:23:11: geschlossen werden soll. Seehofers Sparkurs führt auch in Hamburg
00:23:15: zum Kliniksterben. Wenn das Hafenkrankenhaus schließt,
00:23:18: dann gibt es wirklich Tote.
00:23:21: Aber ein Menschenleben ist wahrscheinlich nichts mehr wert und darum sind wir hier
00:23:26: auf der Straße, gar nicht so um die Arbeitsplätze,
00:23:28: sondern es geht wirklich um Menschenleben. Akut gefährdet ist bei einer Schließung
00:23:33: die Erstversorgung der Bewohner von St. Pauli und der Hafenbeschäftigten. Dazu
00:23:38: kommen noch die Touristen, die sich Jahr ein Jahr aus zu Millionen
00:23:42: im Amüsierviertel zwischen Landungsbrücken und Reeperbahn tummeln."
00:23:46:
00:23:46: Also klare Worte da bei Spiegel TV zu den Protesten um die Schließung des
00:23:53: Hafenkrankenhauses. Selbst das WWW, das World Wide Web, wurde im Frühjahr 1997
00:24:00: für den Protest genutzt. Danke, dass Du das noch mal erklärt hast.
00:24:05: Manche Leute kennen das ja nicht mehr. Mehr. Nicht mehr, genau. Ein
00:24:11: Medizinstudent aus Hamburg nutzte das
00:24:15: neue Medium, um auf die Situation aufmerksam zu machen,
00:24:18: so hieß es auf der Homepage, ich sag mal so teilhumoristisch: "Ein
00:24:22: Kommando von 80 Straßenkämpfern aus St. Pauli hat am Montag, den
00:24:25: 3. Februar das Hafenkrankenhaus gestürmt und besetzt.
00:24:28: Die Patienten wurden nicht als Geiseln genommen,
00:24:31: St. Pauli ist nicht nur Heimat des bekannten Fußballclubs,
00:24:34: sondern auch sozialer Brennpunkt, in keinem anderen Stadtteil in Hamburg
00:24:38: leben so viele Menschen, vor allem auch Jugendliche,
00:24:40: auf der Straße.
00:24:41: Gerade für sie ist es wichtig, dass es auf St. Pauli
00:24:44: nicht nur, wie vom Senat geplant, eine Notfallambulanz,
00:24:47: sondern auch die Möglichkeit einer stationären Behandlung gibt.
00:24:51: Nach noch unbestätigten Gerüchten soll Bürgermeister Voscherau den Aktivisten um
00:24:55: Holger Harnisch (Initiative zum Erhalt des Hafenkrankenhauses) und Frank Eyssen
00:24:59: (Büro für notwendige Einmischung) freies Geleit in ein sicheres Drittland,
00:25:03: vermutlich Kuba, zugesichert haben. Eine Stellungnahme der Besetzer liegt
00:25:07: hierzu noch nicht vor. Der Kampf geht weiter.
00:25:11: P.S.: an den montäglichen Stadtteilrundgängen und der Besetzung
00:25:14: kann jeder teilnehmen. Wem es zu Hause vor der Glotze langweilig
00:25:18: wird oder wer plötzlichen Bewegungsdrang verspüren sollte,
00:25:22: kann seine Ideen und Energien hier einbringen." Und ich nutze diese
00:25:25: Möglichkeit, um noch mal nach Hamborn zurückzugehen,
00:25:28: denn dort stürmten also die Fans des FC St. Pauli in der 80. Minute
00:25:32: wie vom "Splitter"-Fanzine erwähnt, also den Platz.
00:25:36: Friedrich Küppersbusch nutzte die Gunst der Stunde,
00:25:39: um sich einen beteiligten Fan zu schnappen und fragte investigativ nach.
00:25:44: Es gibt dazu auch eine Videoaufzeichnung,
00:25:46: ich lese es aber lieber, denn der "Splitter" hat das eigentlich ganz
00:25:51: gut zusammengefasst, was dieser Fan nun also Friedrich
00:25:54: Küppersbusch ins Mikrofon diktierte.
00:25:59: Ich zitiere also aus dem "Splitter" mit der Überschrift "Ralfs Rhetorikkurs Teil 1".
00:26:05: Mit Friedrich Küppersbusch (WDR) und Ralf-Dieter Splett vom
00:26:08: "Übersteiger". Thomas, Du wirst ihn wahrscheinlich gut kennen.
00:26:12: Ja, doch, ja. "Küppersbusch: Das ist der Chef vom Übersteiger,
00:26:15: ich kenne ihren Namen noch gar nicht. Ralf: Ralf, ich bin ein Redakteur,
00:26:19: also wir sind ein Kollektiv von mehreren Leuten, von 25 Leuten. Küppersbusch:
00:26:24: Das finde ich ein Stück weit irgendwie sehr wichtig.
00:26:27: Können wir mal Aufklärung kriegen über dieses Hafenkrankenhaus-Banner?
00:26:31: Was ist denn da gerade auf den Platz getragen worden?
00:26:35: Ralf: Ja, natürlich, also auf jeden Fall, und zwar wie vielleicht auch durch die
00:26:40: Presse ging. Auch überregional sind halt die auf Bund,
00:26:43: auf Bundesebene halt eben die, wird halt gesagt,
00:26:46: dass die Krankenhäuser halt sparen müssen oder die einzelnen Etats.
00:26:51: Küppersbusch: Und das ist ein Krankenhaus in Hamburg, das Ihr nicht hergeben wollt?
00:26:55: Ralf: Genau, und insofern ist nämlich wie ein
00:26:58: Stadtteil, weil da auch halt viele Leute verarztet
00:27:01: werden, auch vor Ort halt eben.
00:27:04: Und das ist konkret halt auch ein Stadtteil, wo es halt St. Pauli ist,
00:27:07: ein armer Stadtteil. Und wenn ein Krankenhaus geschlossen wird,
00:27:11: hat das eine unheimliche Auswirkung, weil die Leute, die halt... Küppersbusch:
00:27:15: Jetzt weiß es die Nation, ich kriege hier gerade Bescheid,
00:27:18: dass das Spiel so ereignisreich ist, dass ich zurückgebe zu Tom Theunissen,
00:27:23: vielen Dank." Ein Highlight der Fernsehgeschichte.
00:27:25: Genau. Der "Splitter" fügt noch ein kleines
00:27:28: Sternchen hinzu. "Rhetorik: laut Duden, Redekunst,
00:27:30: Lehre von der wirkungsvollen Gestaltung der Rede."
00:27:34: Ralf, "Übersteiger"-Redakteur, hat sich quasi unsterblich gemacht beim
00:27:38: WDR und Inhalt schlägt hier natürlich auch die Rhetorik, das ist ja klar.
00:27:42: Wie ihr aus dem "Splitter"-Bericht vorhin ja auch entnehmen konntet,
00:27:45: war das gezeigte Banner, also "Hafenkrankenhaus bleibt,
00:27:49: sonst gibt es einen Elfmeter im Rathaus" von den Profis des FC St.
00:27:53: Pauli übrigens unterschrieben worden. Nicht zur Freude von Vereinspräsident
00:27:57: Heinz Weisener, der den FC St. Pauli als absolut unpolitisch in der
00:28:01: Öffentlichkeit verstehen wollte.
00:28:04: Das passte dem Fanzine "PiPa Millerntor" gar nicht.
00:28:09: Von dem habe ich noch nie gehört. Das "PiPa Millerntor" war ein Fanzine,
00:28:15: wo ein Mann unter anderem mitgearbeitet hat, der heute sich Präsident des FC St.
00:28:22: Pauli nennt. Auch, ja. Unter anderem. No way.
00:28:26: Und in seiner nächsten Ausgabe lag der "PiPa Millerntor"
00:28:30: eine richtig feurige Beilage dazu, die folgenden Wortlaut hatte, die Thomas
00:28:37: bitte einmal vorlesen kann. Ja. Das ganze Flugblatt kann man sagen,
00:28:43: hat die Überschrift "Hafenkrankenhaus bleibt" von zwei Fußbällen eingerahmt und
00:28:50: hat den Text: "Mit Freude haben wir zur Kenntnis
00:28:52: genommen, dass Spieler und Verein vor drei Wochen sich
00:28:55: eindeutig für den Erhalt des Hafenkrankenhauses ausgesprochen haben,
00:28:58: so wurde das Transparent "Hafenkrankenhaus bleibt,
00:29:00: sonst gibt es einen Elfmeter im Rathaus". Oh nein,
00:29:02: "sonst gibt es einen Elfer im Rathaus", von allen Spielern unterschrieben. Diese
00:29:06: Aussage gegen die Schließung des Hafenkrankenhauses und die Unterstützung
00:29:09: des Kampfes zum Erhalt stieß jedoch nicht überall auf Begeisterung.
00:29:13: Mittlerweile sieht sich das Präsidium gezwungen,
00:29:15: unter Verweis auf den Paragraph 2 unserer Satzung alle Äußerungen zum Thema
00:29:19: Hafenkrankenhaus zu verbieten. Dieser Paragraph sagt aus,
00:29:22: dass der Verein unpolitisch zu sein hat. In der Vergangenheit hat sich der Verein
00:29:26: aber sehr wohl und berechtigt zu politischen Themen geäußert,
00:29:30: zum Beispiel die Demo im Stadion gegen Rassismus und ähnliches.
00:29:34: Dass der Verein sich in der jetzigen Situation so bedeckt hält,
00:29:37: scheint andere Gründe zu haben. Gründe, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem
00:29:41: auch von uns gewollten Stadionausbau und möglicher Unterstützung durch den
00:29:45: Hamburger Senat liegen dürften. Es scheint,
00:29:47: dass die Stadt dem Verein droht, den Ausbau zu verhindern,
00:29:49: falls er in dem Konflikt um das Hafenkrankenhaus Stellung bezieht. Und
00:29:53: unser FC St. Pauli reagiert, und zwar nicht so,
00:29:55: wie wir es von den Spielern in besten Zeiten gewohnt sind,
00:29:58: mit Biss, Einsatz und Kampf bis zum Umfallen, nein.
00:30:01: Der Verein verpasst den Spielern einen Maulkorb,
00:30:03: kein Spieler darf sich mehr öffentlich zu diesem Thema äußern.
00:30:07: Der Verein selbst verweigert jegliche Stellungnahme. Unserer Vereinsführung ist,
00:30:11: auch wenn sie immer mit der Viertelverbundenheit kokettiert,
00:30:14: scheinbar der Bezug zum Viertel völlig abhandengekommen.
00:30:17: Dieses Verhalten unseres FC oder besser unserer Vereinsführung finden wir
00:30:21: skandalös. Wir fordern:"
00:30:23: Jetzt fett gedruckt, sozusagen: "Keine Maulkörbe für die Spieler.
00:30:26: Ein klares Ja zum Hafenkrankenhaus auch vom FC St.
00:30:29: Pauli. Heute ein 3:0-Sieg am Millerntor. Schließt Euch nach dem Spiel der Demo zum
00:30:34: Hafenkrankenhaus an. Kommt alle zur nächsten Montagsdemo um 17:00 Uhr." Und
00:30:38: dann noch als Ende: "Wir danken den Fans, die uns schon letzte Woche unterstützt
00:30:42: haben. Wir werden während der Halbzeitpause ein
00:30:45: Transparent laolamäßig rumgehen lassen wir hoffen,
00:30:48: dass Ihr uns nicht im Stich lässt."
00:30:52: Thomas, ist das Transparent, laolamäßig rumgegangen?
00:30:55: Das weiß ich nicht. Also ich erinnere mich,
00:30:57: weil ich ja, wie auch kurz angedeutet, ja in Hamborn mit dabei war,
00:31:00: erinnere ich mich natürlich an die Szene auf dem Platz,
00:31:03: ich war nicht mit auf dem Platz, aber sonst das Spiel danach oder das
00:31:07: jetzt von PiPa da, das erinnere ich nicht. Und ob das laolamäßig
00:31:10: rumgetragen wurde weiß ich auch nicht. Wie auch immer es
00:31:12: laolamäßig rumgetragen wird. Immer hoch und runter, damit keiner was lesen kann,
00:31:16: ich weiß es nicht.
00:31:19: Ja, und es half auch am Ende alles nichts. Im Jahr 1997 wurde das Hafenkrankenhaus
00:31:23: dann endgültig geschlossen, man einigte sich im Senat darauf,
00:31:27: dass das bis heute existierende Gesundheitszentrum im ehemaligen Gebäude
00:31:31: des Krankenhauses zu etablieren sei, und dies hat eben bis heute Bestand und
00:31:36: die bewegte Geschichte des Hafenkrankenhauses endete also nach 97
00:31:40: Jahren.
00:31:41: Sie bewegte nicht nur den Hafen und den Stadtteil St. Pauli,
00:31:45: sondern auch dessen bekannten Fußballclub und dessen Fans.
00:31:49: Farewell Hafenkrankenhaus. Wilde Geschichte. Im Übrigen habe ich noch
00:31:53: mal nachgeguckt, Hamborn hat dieser Sieg 1952 da nicht
00:31:57: viel gebracht, in der nächsten Runde sind sie dann bei Alemannia Aachen
00:32:01: ausgeschieden.
00:32:04: Hätten wir auch sein können, das hätten wir, ja. Ich wollte gerade sagen,
00:32:07: das hätten wir sein können. Ich habe mir da auch noch ein bisschen
00:32:11: ein paar Gedanken gemacht, die ich jetzt mal vortragen möchte,
00:32:14: wenn euch das Recht ist. Das ist okay. Ich sehe jetzt positive
00:32:18: Gesichter, sehr schön. Immer positiv. Ja genau, wir haben uns ja für ein im wahrsten Sinne
00:32:22: naheliegendes Thema entschieden, den Hafen eben, aber als das feststand,
00:32:26: habe ich mir mal überlegt, was verbindet den FC St.
00:32:29: Pauli jetzt eigentlich mit dem Hafen, also abgesehen von der örtlichen Nähe
00:32:34: und da fielen mir zunächst diverse Mannschaftsfotos ein.
00:32:37: Ist natürlich jetzt im Podcast ein bisschen schwierig,
00:32:40: Mannschaftsfotos zu zeigen, deswegen beschreibe ich sie mal.
00:32:44: Vielleicht fällt einigen ja das Motiv dann auch ein. Ein, wie ich finde,
00:32:49: sehr schönes Motiv gab es nämlich 1991, da posierte das Team vor dem Museumsschiff
00:32:54: "Rickmer Rickmers", das, wie ich finde, immer noch ein sehr schönes Bild,
00:32:58: also vor diesem grünen Segelschiff, das da ja neben der "Cap San Diego" liegt.
00:33:03: Das fand ich ein sehr hübsches Mannschaftsfoto.
00:33:06: Dann gab es 1997 ein Foto mit dem Gebäude der Landungsbrücken im Hintergrund und
00:33:11: dann gab es eine richtige Serie, nämlich ein Jahr später ist man dann in
00:33:15: der Speicherstadt gewesen, um sich ablichten zu lassen und im
00:33:19: Hintergrund sind so riesige Schiffsschrauben zu sehen,
00:33:22: also nicht echte, sondern ein Foto, ein riesiges Foto an einem Gebäude,
00:33:27: und zwar wurde da damals eine Titanic- Ausstellung gezeigt, in einem Gebäude der
00:33:32: Speicherstadt, ich glaube tatsächlich sogar im Gebäude,
00:33:35: wo jetzt das Miniatur Wunderland drin ist. In welchem Jahr war das? 1998
00:33:39: müsste es dann gewesen sein, oder 1997/1998 irgendwie in der Zeit auf jeden Fall.
00:33:44: Schiffbruch-Metaphern auch angebracht. Genau, ja.
00:33:46: Das erinnere ich deswegen auch noch ziemlich gut,
00:33:50: weil ich habe tatsächlich in dieser Titanic-Ausstellung mal hin und wieder
00:33:54: mal Museumsaufsicht gemacht, so als Nebenjob. Ja guck an.
00:33:57: Bist du ein Titanic-Experte? Nein, überhaupt nicht.
00:34:00: Aber es war eben natürlich alles sehr,
00:34:02: sehr dunkel, weil es sollte ja ein bisschen
00:34:04: suggerieren, man ist jetzt irgendwie unter dem Meer
00:34:06: und ist in diesem Wrack irgendwie zu Hause sozusagen,
00:34:08: und durchstöbert da so ein bisschen mit dem Rundgang da
00:34:11: das Ganze deswegen war das alles sehr, sehr dunkel.
00:34:14: Immer so komische Geräusche, so Unterwassergeräusche und das war
00:34:17: alles ein bisschen spooky. Das fand ich jetzt jedenfalls,
00:34:20: um da sozusagen auch stundenlang zu verbringen und da irgendwie
00:34:23: rumzuschleichen und die Leute zu beobachten. Ich find das ganz geil. Aber gut.
00:34:27: Ich find das eher spooky, dass du da rumgeschlichen bist und die
00:34:30: Leute beobachtest. Naja, weil ich war ja Aufsicht, ich musste ja,
00:34:33: das war mein Job sozusagen, nun gut okay egal. Aber wieder zurück zum Thema.
00:34:37: noch ein Jahr danach, 1999 hat dann das Team die Elbe im
00:34:40: Hintergrund und man steht auf der Köhlbrandtreppe.
00:34:43: Wenn ich weiß, wo das ist, also links auf dem Foto ist ein
00:34:46: offensichtlich leerstehendes, schon damals heruntergekommenes Gebäude.
00:34:50: Das steht auch natürlich schon lange nicht mehr und rechts ist das Haus,
00:34:53: in dem unter anderem die Kneipe Schellfischposten ist.
00:34:56: also auf der Höhe da oben ist. Da oben ist so ne Treppe eben und da hat
00:34:59: sich die Mannschaft aufgereiht und dann, das hatten wir gerade, glaube ich,
00:35:03: war es sogar in der letzten Ausgabe, genau.
00:35:06: Weil zu dieser Viva/Kuba, wie auch immer, Kampagne 2004,
00:35:09: da gab es ja auch dieses Foto, was wir glaube ich beschrieben haben auf
00:35:13: der ersten Viva-Ausgabe, da sitzt das Team ja in dieser Beach Bar
00:35:16: an der Elbe, dieses Strand Pauli war das da glaube ich.
00:35:18: Ich dachte das ist auf Kuba gewesen. Nee, nicht ganz,
00:35:21: Kuba war ja dann erst im Winter danach so,
00:35:24: aber dieses Foto ist tatsächlich auch am Wasser aufgenommen worden, immerhin.
00:35:29: Genau das sind so also sehr auch ein bisschen hergeholte zugegebenermaßen
00:35:34: Verweise auf St. Pauli und den Hafen. Dann kam mir,
00:35:37: das hatten wir aber auch schon, der sogenannte Hafenpokal in den Sinn,
00:35:42: den wir 1989 gespielt haben bei uns im Stadion,
00:35:45: den hatte Christopher aber schon in Folge 12 verarbeitet,
00:35:49: also auch hier gerne nachhören, wer es noch nicht kennt. Und dann, naja,
00:35:53: klar, Hafen, worauf kommt man dann auch ganz schnell?
00:35:57: Die Hafenstraße.
00:35:58: Richtig. Natürlich. Aber auch das ist natürlich hinlänglich
00:36:01: bekannt. Abgesehen davon könnte man das auch immer
00:36:04: noch in unserer Ausstellung gerne anschauen, die Thematik und dann, tja,
00:36:08: kam in mir die Frage auf, ob denn viele Menschen,
00:36:11: die mit dem FC St. Pauli verbunden sind, vielleicht im Hafen gearbeitet haben,
00:36:15: wäre ja auch möglicherweise naheliegend. Eine bekannte Person oder vielleicht
00:36:20: früher eher früher bekannte Person war zum Beispiel der legendäre Jugendleiter
00:36:24: Richard Rudolph.
00:36:26: Interessanterweise, er hatte ja den noch weiter bekannten
00:36:29: Namen Käppen, Käppen Rudolph. Es würde natürlich schon nahelegen,
00:36:33: dass das daher kam, dass er wirklich ursprünglich
00:36:35: Barkassenkapitän war, aber dieser Spitzname kam wohl daher,
00:36:39: dass er als Jugendlicher Kapitän einer Straßenmannschaft war,
00:36:42: die dann irgendwie im FC St. Pauli
00:36:45: irgendwann mal aufging, beziehungsweise damals noch im Turnverein.
00:36:48: Er war auch Barkassenkapitän, auch, aber dieses Käppen kam wohl
00:36:51: tatsächlich aus diesem fußballerischen Hintergrund. Ich dachte,
00:36:54: das hätte irgendwas mit seiner Kappe zu tun. Das wäre die nächste Variante,
00:36:58: er hat ja auch immer so ne Schiffermütze irgendwie aufgehabt.
00:37:01: Ja da hätten wir vielleicht drei Möglichkeiten. Die hat Helmut Schmidt auch getragen.
00:37:05: Käppen Schmidt. Wer weiß, vielleicht wurde er intern so genannt,
00:37:08: wer weiß es.
00:37:09: Genau, ja, aber Käppen Rudolph ist dann
00:37:12: ja aus dem Ersten Weltkrieg berufsunfähig mit einer Verletzung wieder nach Hause
00:37:16: gekommen, ist deswegen nicht weiter
00:37:18: Barkassenkapitän gewesen und war ab 1919 bis Mitte der 60er-Jahre für den Verein tätig.
00:37:22: Und es hatte ja auch eine große Bedeutung, die Jugendarbeit, weil,
00:37:25: also man kann eigentlich sagen, bis Ende des Zweiten Weltkrieges kamen ja
00:37:29: eigentlich die Spieler der Herrenteams fast ausschließlich aus der eigenen
00:37:33: Jugend.
00:37:34: Das hat sich dann natürlich im Laufe der weiteren Zeit und heute natürlich erst
00:37:38: recht ein bisschen aufgeweicht, dass dann irgendwie nur noch wenig Spieler
00:37:42: aus der Jugendabteilung auch wirklich in die Herrenteams kamen.
00:37:45: Aber damals war das eigentlich das, in Anführungsstrichen,
00:37:48: Hauptgeschäftsmodell, deswegen war natürlich seine Rolle auch Recht wichtig.
00:37:52: Wen haben wir dann noch? Der ehemalige Vizepräsident Max Uhlig
00:37:56: hatte einen Hafenbetrieb, 1929 gegründet, der im Bereich so Lagerei, Umschlag,
00:38:00: Container später auch tätig war und dann gab es noch
00:38:03: den Hafenarbeiter Willi Bruhnsen, also St. Pauli-Willi. Ach, St. Pauli-Willi. Ja, ja,
00:38:09: oder den ehemaligen Matrosen Theodor Vetter, Tattoo-Theo,
00:38:12: genau, Du wolltest das gerade sagen, pardon. Und dann hätten wir noch Volker Ippig,
00:38:18: denn der ist ja natürlich, wir wissen Fußballer, Torwart,
00:38:22: und danach war er Torwarttrainer, wissen wir auch, aber er ist dann ja auch,
00:38:27: ich glaube sogar bis heute, aber auf jeden Fall ist er als Lascher im
00:38:32: Hafen tätig.
00:38:33: Und jetzt ist die Frage, was ist ein Lascher?
00:38:36: Ich wollte es gerade sagen. Wisst Ihr es? Ich hab mal
00:38:39: in der 10. Klasse ein Referat über St.
00:38:42: Pauli gehalten, den Hafen und ich wusste dann mal für
00:38:46: einen kleinen Moment meines Lebens was ein Lukenvize ist.
00:38:49: Aber jetzt weiß ich es auch nicht mehr. Immerhin. Ein Lascher ist jemand der
00:38:54: Container befestigt auf Schiffen beziehungsweise natürlich auch wieder
00:38:58: löst wenn sie dann gelöscht werden.
00:39:00: Die sind natürlich keine Seile heutzutage, aber einfach Container-
00:39:05: Befestigung an Schiff und lösen derselben. Das ist ein Lascher.
00:39:09: Fallen Euch jetzt spontan noch andere Menschen ein,
00:39:12: die irgendeinen Hafenbezug haben, so ganz, also jetzt so ganz, nee,
00:39:16: mir nämlich auch nicht. Ich kenn Fans, vielleicht maximal noch die im Hafen arbeiten.
00:39:20: Ja gut das da gibt es natürlich, klar, die gibt es auch,
00:39:24: die gibt es natürlich auch, richtig, richtig, ja.
00:39:28: Ich hatte trotzdem nämlich dann noch einen weiteren Ansatz verfolgt,
00:39:31: nämlich uns bekannte Berufe von Vereinsmitgliedern zu durchforsten.
00:39:35: Da gab es nämlich in früheren Zeiten doch so einige Infos,
00:39:38: als Datenschutz offenbar noch ein Fremdwort war. Für uns als forschende
00:39:42: Menschen natürlich sehr wertvoll, wenn da so Geburtsdaten,
00:39:45: Adressen und eben auch Berufe in Vereins-Veröffentlichungen
00:39:49: genannt werden, sehr praktisch hin und wieder.
00:39:52: Wir haben da mittlerweile so ne recht umfangreiche Namensliste mit über 4.000
00:39:57: Namen von Vereinsmitgliedern, zwar mehrheitlich aus dem Turnverein,
00:40:01: aber auch aus dem FC St. Pauli dann. Zum Beispiel aus alten
00:40:04: Mitgliederbüchern, so von 1874 oder von 1902, aus
00:40:07: Vereinszeitungen Anfang des 20. Jahrhunderts.
00:40:11: Oder es gab sogar eine gedruckte Mitgliederliste 1948. Die ist auch sehr,
00:40:15: sehr wertvoll für uns, weil auch da eben genau all diese ganzen
00:40:18: Daten mit Geburtsdatum und so weiter alles beisteht und eben halt Berufe. Und
00:40:22: da finden sich natürlich viele Berufe, die nur möglicherweise mit dem Hafen in
00:40:26: Verbindung stehen, denn da stehen jetzt ganz viele Kaufleute,
00:40:29: das ist natürlich unklar, welches Gewerbe sie dann betrieben haben,
00:40:32: aber kann natürlich auch hafennah gewesen sein. Handwerker genauso, Schlosser,
00:40:36: Schweißer, Elektriker.
00:40:38: Die können natürlich auf dem Schiff tätig sein, auf Werften. Bei Blohm & Voss.
00:40:42: Bei Blohm & Voss, möglicherweise, kann alles gut sein.
00:40:45: Maschinist, Heizer, Schiffszimmerer, Kesselreiniger,
00:40:48: das ist dann schon ein bisschen deutlicher,
00:40:51: wo die möglicherweise dann tätig waren, gibt es alles bei uns oder gab es alles
00:40:55: bei uns. Und auch einen klassischen Kapitän, Barkassenführer hatten wir eben
00:41:00: schon, einfach Schiffsführer ist natürlich
00:41:02: unspezifisch, Ewerführer, Ewerführerbaas, das ist ein?
00:41:07: Ewerführer. Also Ewerführer ist erstmal, das ist auch so, das sind
00:41:11: diese Schuten, die so in den in den Fleeten rumfahren,
00:41:14: diese flachen Dinger, das sind Ewer, und da gibt es also Führer,
00:41:17: natürlich dann jemand der dieses Schiff führt. und ein Ewerführerbaas.
00:41:21: Baas sind irgendwie so Vermittler, gibt es auch für andere Berufe,
00:41:25: das sind so Arbeitsvermittler, also jemand der diese Ewerführer
00:41:28: offensichtlich vermittelt dann wenn irgendwo sie benötigt werden.
00:41:32: Steht halt so geschrieben, dass jemand diesen Beruf ausgeübt hat,
00:41:36: ich kann es ja auch nicht ändern. Ich möchte gar nicht mich despektierlich
00:41:40: dem Ewerführerbaas gegenüber äußern. Es gab Steuerleute,
00:41:44: es gab einfach nur Seemann, Schiffer, Matrose, Steward,
00:41:47: ein Mitglied hatte ein Geschäft für Seemannsausrüstung. Es gab einen Decksmann,
00:41:52: einen Volldecksmann, offensichtlich die höhere Stufe.
00:41:55: Einmal alles, was zum Hafen gehörte.
00:41:57: Ja, Schauermann hatten wir, Stauer, einen Tallyman.
00:42:02: Ladungskontrolleur, also so ein englischer Begriff,
00:42:04: der aber auch hier im deutschen Hafen zum Beispiel auch genutzt wird.
00:42:08: Ladungskontrolleur ist ein englischer Begriff, Nein, Tallyman.
00:42:12: Tallyman. Man kennt das vielleicht
00:42:15: aus dem Song von Harry Belafonte, möglicherweise, "Banana Boat Song"
00:42:19: heißt das. Hey Mr. Tallyman. Ja genau. Hey Mr. Tambourine Man? Nee, das
00:42:23: waren die Byrds, glaube ich. Das weiß ich gerade nicht,
00:42:27: aber definitiv ein anderer Song. Hey Mr. Tallyman tally me banana.
00:42:31: Jetzt macht das auch Sinn. Deswegen Ladungskontrolle, er zählt die Bananen in
00:42:35: dem Fall. Also er zählt halt,
00:42:39: ob alle vollständig sind, die Ladung genau, da kommt das her. Jetzt
00:42:43: macht alles Sinn, ich sag ja Bildungspodcast. Und es gab
00:42:47: Zollbeamte, die können natürlich möglicherweise auch im
00:42:50: Freihafen tätig gewesen sein, logisch.
00:42:53: Bei weiblichen Mitgliedern ist es nicht ganz so konkret.
00:42:56: Also es gibt kaufmännische Angestellte, Kontoristinnen und Packerinnen,
00:43:00: auch die können natürlich irgendwie hafenmäßig tätig gewesen sein.
00:43:04: Es gab einen Werftbesitzer namens Jozwiak, die Werft existierte von 1900 bis 1994,
00:43:08: immerhin. Da habe ich einen Fun Fact zu. Gerne. Auf
00:43:11: der Jozwiak-Werft, übrigens Herbert Jozwiak,
00:43:13: natürlich Jugendspieler beim FC St. Pauli gewesen und auch gespielt.
00:43:17: Ich wusste, dass du es auswendig weißt. Nein,
00:43:20: die
00:43:21: die Jozwiak-Werft war die erste Werft, bei der Frauen als Schlosserinnen
00:43:26: ausgebildet wurden. Go Jozwiak-Werft.
00:43:30: Da lerne ich sogar noch dazu, sehr gut. Richtig,
00:43:35: es gab eine Familie von drei Segelmachern namens Edelmann,
00:43:39: die Firma gab es von 1856 bis 1984 auch immerhin. Da hast du jetzt nichts zu?
00:43:44: Nein? Gut.
00:43:48: Dann haben wir diverse Schiffsmakler, unter anderem darunter auch der Neffe von
00:43:53: Albert Ballin, dem Direktor der Hapag und Namensgeber
00:43:56: des Ballindamms, der Neffe, sein Neffe war bei uns Mitglied. Der
00:44:00: Ballinstadt auch. Auch der Ballinstadt, also der Auswandererstadt genau, ja ja,
00:44:05: richtig. Und dann haben wir noch einen der frühen
00:44:08: führenden Mitglieder der Spielabteilung des Turnvereins,
00:44:11: der 1956 verstorbene Arthur Folgmann war Leiter des Hamburger Freihafenamtes,
00:44:16: auch durchaus
00:44:17: eine höhere Stellung offensichtlich. Aber so viel,
00:44:20: wie sich das nun hier so komprimiert anhört, war es dann auch nicht. Zu sagen
00:44:24: ist überhaupt, wenn man es mal so insgesamt sich
00:44:27: anschaut, so Berufe von Mitgliedern, die Anzahl der
00:44:30: offensichtlich "niederen" Berufe ist in der frühen Mitgliedschaft, so weit
00:44:33: nachvollziehbar, eher unterrepräsentiert. Also der Verein war dann doch,
00:44:37: wie wir es eigentlich auch wissen und ahnen, recht bürgerlich geprägt
00:44:41: insgesamt. Also es gab tatsächlich einen, habe ich gesehen, der ist Knecht gewesen,
00:44:45: einfach.
00:44:47: Warum auch nicht? Muss auch sein. Wenn er gut Fußball spielen konnte.
00:44:51: Ja eben. Ja das nur mal so als kleine Abschweifung in diese thematische
00:44:56: Richtung. Damit wir es auch noch aufgelöst bekommen,
00:44:59: "Mr. Tambourine Man" ist tatsächlich von den Byrds
00:45:02: mit y, aber geschrieben hat den Song
00:45:05: Bob Dylan. Nein nicht Hans Albers, Der einzige Song,
00:45:09: den Hans Albers jemals geschrieben hat. Überraschenderweise.
00:45:14: Ja, Bob Dylan hatte ich damit aber auch noch in Verbindung gebracht.
00:45:15: Komischerweise nach seinem Tod. Nein, Bob Dylan hat den tatsächlich
00:45:19: ursprünglich geschrieben und kurz danach haben die Byrds den gecovert und haben
00:45:24: "erfolgreich Folk mit Rock gemischt und wurden dadurch zu Pionieren des Folk Rock".
00:45:29: Genau so steht's bei Wikipedia.
00:45:32: 1965. Was die wenigsten wissen ist, Bob Dylan hat auch "Auf der
00:45:36: Reeperbahn nachts um halb eins", das Original geschrieben.
00:45:39: Das ist sehr gut möglich, ja. Jetzt zu Celina.
00:45:43: Wenn Ihr glaubt, ich erzähle euch jetzt was über Fußball
00:45:46: muss ich euch leider enttäuschen, ich weiß ja nicht wie das bei euch ist.
00:45:50: Als langjährig St. Pauli sozialisierte Person kann
00:45:53: eigentlich niemand "der Hafen" sagen, ohne dass mein Gehirn "die Lichter"
00:45:57: dranhängt und deswegen dachte ich mir, ich schau mir für diese Folge noch mal
00:46:01: die Geschichte unserer Stadionhymne, nee Stadionhymne ist es nicht,
00:46:05: es ist glaube ich die offizielle Fanhymne, aber.
00:46:08: Also jedenfalls dieses Liedes an, die Geschichte dieses
00:46:12: Liedes an was wir immer alle mitsingen, vor jedem Heimspiel, das "Herz von St.
00:46:17: Pauli". Ich hatte noch so dunkel im Hinterkopf,
00:46:20: dass der Song aus dem gleichnamigen Film mit Hans Albers stammt,
00:46:24: und ich hatte so eine Ahnung, dass Hans Albers als Person irgendwie
00:46:28: problematisch ist, beziehungsweise war, und diese Info habe ich hauptsächlich von
00:46:33: Lars Lewerenz.
00:46:34: Der hat 2010 für sein Label Audiolith, den damals frisch gegründeten Hamburger
00:46:40: Musikpreis Hans gewonnen. Und den Hans hat der Lars dann noch
00:46:44: während der Preisverleihung auf der Bühne mit einer Axt filetiert. Hans,
00:46:49: das steht nämlich für Hamburg, Hansestadt, Hanseatisch,
00:46:52: und auch Hans Albers, das ist die offizielle Beschreibung.
00:46:57: Und Hans Albers war, das hat Lars damals auf der Bühne so
00:47:01: gesagt, ein, ich zitiere, "Scheißtyp, der die übelste
00:47:04: Nazi-Propaganda gebuckelt hat". Bei Wikipedia steht,
00:47:06: dass Lars das so in seiner Dankesrede gesagt hat
00:47:09: übrigens, in seiner Dankesrede, naja. Also ich hab Lars noch mal gefragt,
00:47:13: wie das damals wirklich war.
00:47:16: "Ich habe 2010 den Hans-Preis zerstört mit einer Axt ganz im Vorbilde von Nikel
00:47:21: Pallat, der ja schon wusste, wie man Äxte einsetzt.
00:47:23: Dafür gibt es mehrere Gründe. Erstens denke ich,
00:47:27: Hans Albers hat quasi unter dem Nazi- Regime in der Filmbranche gebuckelt,
00:47:31: dafür kann man so einen Preis nicht benennen. Zweitens,
00:47:34: es gibt glaube ich wesentlich mehr Leute, denen man einen Preis hätte widmen können,
00:47:39: unter anderem zum Beispiel Georg Elser hatten wir damals vorgeschlagen,
00:47:43: heute hat Georg Elser eine Halle, sehr gut auch.
00:47:46: Drittens denke ich, dass man Geld, was man quasi für seinen Preis ausgibt,
00:47:50: eher in Strukturen investieren sollte und sich nicht selbst abfeiern sollte.
00:47:54: Und viertens, das einzig Gute an dem Preis war, dass Nils Koppruch ihn designt hat,
00:47:59: hab ihn selig." Noch mal kurz für die, die das vielleicht nicht wissen.
00:48:03: Hans Albers war ein deutscher Schauspieler und Sänger aus Hamburg und
00:48:07: ein großer Kinostar im nationalsozialistischen Deutschland und
00:48:11: in der Nachkriegszeit.
00:48:12: Und seine Beziehung zum NS-Staat wird bis heute kontrovers diskutiert.
00:48:17: Hans Albers war ab circa 1920 mit der jüdischen Schauspielerin Hansi Burg
00:48:21: liiert, nach 1933 setzten die Nationalsozialisten
00:48:25: ihn verstärkt unter Druck, diese Beziehung zu beenden.
00:48:28: 1935 knickt er schließlich ein und gibt in einem Brief an Josef Goebbels seine
00:48:33: Trennung von Hansi Burg bekannt. Die beiden leben dann aber noch weiterhin
00:48:38: zusammen, bis Hansi Burg 1939 nach England fliehen
00:48:41: muss.
00:48:42: Hans Albers bleibt in Deutschland und dreht weiter Filme.
00:48:45: Auch einige NS-Propagandafilme. Obwohl er eigentlich gerne über den NS-
00:48:49: Führungskader spottet und sich in Teilen auch vom Regime distanziert,
00:48:53: wird er noch 1944 auf Goebbels sogenannter "Gottbegnadeten-Liste" geführt
00:48:57: und aufgrund seiner Beliebtheit genießt er auch den besonderen Schutz des
00:49:01: Propagandaministers. Das Thema Hans Albers ist einigermaßen
00:49:05: gut aufgearbeitet, ich packe euch da noch ein paar Links in
00:49:08: die Shownotes, falls Euch das interessiert,
00:49:11: könnt Ihr da gern noch mal tiefer einsteigen.
00:49:14: Ich persönlich halte es da eher mit Lars. Hans Albers hat definitiv und nachweisbar
00:49:19: Nazi Propaganda gebuckelt, wie Lars sagt und er hat sich
00:49:23: letztendlich für eine Karriere im NS- Staat und gegen seine Partnerin
00:49:27: entschieden. Wir werden uns in dieser Folge aber nur
00:49:30: noch am Rande mit Hans Albers beschäftigen, denn er hat das "Herz von St.
00:49:35: Pauli" entgegen meiner ursprünglichen Annahme nicht geschrieben.
00:49:39: Weder die Musik noch den Text. "Das Herz von St. Pauli,
00:49:44: das ist meine Heimat, in Hamburg, da bin ich zu Haus. Der Hafen, die Lichter,
00:49:49: die Sehnsucht, begleiten das Schiff in die Ferne hinaus".
00:49:54: Im Internet kursieren tatsächlich sehr viele unterschiedliche Angaben zur
00:50:00: Urheberschaft und zum Entstehungszeitpunkt dieses Liedes,
00:50:04: viele davon sind schlichtweg falsch.
00:50:08: Es hat tatsächlich ein bisschen Zeit gekostet,
00:50:10: der Sache auf den Grund zu gehen. Ich hab mich mit meiner besten Freundin,
00:50:14: die praktischerweise Geschäftsführerin eines Musiklabels ist,
00:50:17: durch den GEMA-Werkskatalog gearbeitet, bis wir die älteste Version gefunden
00:50:20: haben. Im GEMA-Werkskatalog stehen nämlich keine
00:50:23: Daten, man muss die Nummern interpretieren
00:50:25: können, das konnte ich nicht, das konnte aber meine beste Freundin.
00:50:28: Danke Molly für Deine Zeit und Deine Unterstützung.
00:50:32: Ergebnis unserer Recherchen am Ende: die originale, übrigens Walzer Version,
00:50:36: wurde von einem Mann namens Michael Jary komponiert. Der Text,
00:50:40: den vermutlich alle FC St. Pauli Fans auswendig kennen,
00:50:43: stammt von einem gewissen Arno Gillo. Ich war kurz verwirrt,
00:50:46: als ich im Anschluss an die GEMA- Recherche dann festgestellt hab,
00:50:51: dass auf der allerersten Polydor-Pressung des Liedes noch mal ein ganz anderer Texter
00:50:55: steht, nämlich ein gewisser Herz, das hat anscheinend nicht nur mich
00:50:59: irritiert. Denn an verschiedenen Stellen im Internet,
00:51:02: unter anderem bei Wikipedia, wird infolge dieser Nennung
00:51:05: fälschlicherweise behauptet, der Text stamme von einem
00:51:08: österreichischen jüdischen Librettisten namens Peter Herz.
00:51:11: Der hat zwar auch Schlagertexte verfasst, aber nicht "Das Herz von St. Pauli".
00:51:16: Der Texter auf der Polydor-Platte ist Hans Herz und Hans Herz ist Arno Gillo,
00:51:21: aber dazu später mehr. Aber erstmal zu Michael Jary,
00:51:24: der war ein sehr erfolgreicher deutscher Film- und Schlagerkomponist der späten
00:51:29: 30er- und 40er-Jahre und der Nachkriegszeit.
00:51:32: Er wird 1906 im oberschlesischen Laurahütte bei Kattowitz geboren,
00:51:36: heute ist das Siemianowice Śląskie. Ich hoffe ich habe das richtig ausgesprochen,
00:51:41: falls nicht tut es mir leid.
00:51:44: Sein Geburtsname lautet Maximilian Michael Andreas Jarczyk.
00:51:48: Schon als junger Mann leitet er einen Kirchen- und Arbeiterchor und schreibt
00:51:53: erste Kammermusikwerke. 1929 wird er in der staatlichen
00:51:56: Musikhochschule Berlin aufgenommen. Neben seinem Studium arbeitet er als
00:52:01: Pianist in Cafés und Stummfilmkinos. Bei seinem Hochschulabschlusskonzert im
00:52:06: Februar 1933 dirigiert er ein selbstkomponiertes Stück und
00:52:09: wird von Mitgliedern des sogenannten "Kampfbundes für deutsche Kultur" ausgebuht.
00:52:14: Paul Graener, das ist der neue Direktor des Stern’schen Konservatoriums,
00:52:19: diffamiert sein Werk als, ich zitiere, "Kulturbolschewistisches Musikgestammel
00:52:23: eines polnischen Juden". Michael Jary ist kein Jude, er ist Katholik,
00:52:27: außerdem ist er deutscher Reichsangehöriger. Sein sogenannter "Arier-
00:52:31: Nachweis" findet sich noch heute in den Unterlagen der Reichskulturkammer im
00:52:36: Bundesarchiv.
00:52:38: Trotzdem publiziert er nach diesem Vorfall nicht mehr unter seinem
00:52:42: Geburtsnamen. Aus Jarczyk wird Jary und mit dieser
00:52:45: Namensänderung steht einer Karriere im NS- Staat dann scheinbar nichts mehr im Weg.
00:52:51: 1936 komponiert er seine erste Filmmusik, 1938 gelingt ihm mit dem Titel "Roter Mohn"
00:52:56: der Durchbruch als Schlagerkomponist. Er arbeitet für die gleichgeschaltete,
00:53:01: vom Propagandaministerium kontrollierte UFA
00:53:05: und schreibt Hits für Stars wie Heinz Rühmann.
00:53:07: Zu seinen größten Erfolgen gehört 1942 der Schlager "Ich weiß,
00:53:11: es wird einmal ein Wunder geschehen", aus dem Liebes- und Propagandafilm "Die
00:53:16: große Liebe" mit Zarah Leander. 1944 steht auch Michael Jary auf Goebbels'
00:53:21: Gottbegnadetenliste. Sein besonderer Status schützt ihn höchstwahrscheinlich und nach
00:53:25: eigener Aussage sogar vor dem Fronteinsatz.
00:53:29: Die einzige NS-Institution, mit der er ernsthaft oder zumindest nach
00:53:33: meinen Recherchen ernsthaft in Konflikt gerät, ist das Finanzamt.
00:53:38: 1944 geht eine Beschwerde bei der Reichskulturkammer ein,
00:53:41: auch die ist im Bundesarchiv einsehbar. Ich zitiere "Der Kapellmeister Max Jarczyk,
00:53:47: genannt Michael Jary, schuldet dem Reich einen größeren
00:53:50: Steuerbetrag.
00:53:52: Den Zahlungsaufforderungen meiner Vollziehungsbeamten und der
00:53:55: Vollstreckungsstelle leistet er keine Folge,
00:53:58: obwohl er bei seinen in den letzten Jahren erzielten großen Einnahmen zur
00:54:02: Bezahlung seiner Steuerrückstände ohne weiteres in der Lage gewesen wäre."
00:54:06: Tatsächlich verdient Jary im NS-Staat sehr gut, überliefert sind Honorare aus
00:54:10: den letzten Kriegsjahren, um die 15.000 Reichsmark. Nach Kriegsende
00:54:14: setzt Jary seine Karriere relativ ungebrochen vor 1948 gründet er seinen
00:54:18: eigenen Verlag, die Michael Jary Produktion.
00:54:21: 1949 zieht er nach Hamburg, es folgen weitere erfolgreiche Filme und
00:54:25: Schlager. 1957, und da sind wir wieder bei unserem Thema,
00:54:28: liefert Jary dann die Musik für den Kriminalfilm "Das Herz von St.
00:54:32: Pauli". Schon im Vorfeld der Dreharbeiten kommt es zu einem Konflikt zwischen dem
00:54:37: erfolgreichen Komponisten und dem Star der Produktion,
00:54:41: Hans Albers. Ich lese Euch jetzt einen Abschnitt aus einem Buch vor.
00:54:45: Der Titel lautet "Traumfabriken Made in Germany.
00:54:48: Die Geschichte des deutschen Nachkriegsfilms 1945 bis 1960", die Autorin
00:54:52: Micaela Jary ist Michael Jarys Tochter. "So kam es beispielsweise zum Eklat mit
00:54:57: der damals sehr populären Sängerin Liselotte Malkowsky.
00:55:00: Diese sollte in dem 1957 produzierten Film "Das Herz von St.
00:55:04: Pauli" den gleichnamigen, in Hamburg bereits durch sie bekannt
00:55:08: gewordenen Schlager singen.
00:55:10: Jedoch Albers lehnte das ab, selbst zu einem Duett ließ er sich nicht
00:55:14: bewegen. Es bedurfte einiger nebulöser Verträge,
00:55:17: bevor der Star überhaupt zu singen bereit war.
00:55:19: Unmittelbar vor der Musikaufnahme erschien ein Wirtschaftsprüfer,
00:55:23: Typ Gerichtsvollzieher, vom Finanzamt im Studio und legte dem
00:55:27: verdutzten Komponisten einige Verträge zur Unterzeichnung vor.
00:55:31: Herr Albers ist nicht bereit, erklärte der gute Mann, auch nur eine
00:55:37: einzige Note zu singen, wenn er nicht als Urheber der Lieder mit
00:55:43: bezeichnet wird. Michael Jary weigerte sich und
00:55:47: argumentierte darüber hinaus mit einem Tobsuchtanfall. "Das Herz von St. Pauli,
00:55:54: das ist meine Heimat, in Hamburg, da bin ich zu Haus."
00:56:01: Okay, das war hübsch, aber ich glaube, in der tragenden Version hätte das nicht
00:56:06: unbedingt eine Stadionhymne werden können, oder?
00:56:09: Das ist die Frage, von Albers ja auch nicht, kann ich mir nicht beantworten,
00:56:13: abschließend, das war jedenfalls die besagte erste
00:56:17: Polydor-Pressung mit Liselotte Malkowsky. Dass es dann am Ende doch noch zu
00:56:21: Aufnahmen mit Hans Albers kommt, liegt am Texter des Liedes,
00:56:25: der erklärt sich mit Hans Albers als Co-Autor einverstanden.
00:56:30: In der Folge wird Albers an allen Tantiemen wie ein Textautor beteiligt.
00:56:35: Wohlgemerkt, und das möchte ich noch mal betonen,
00:56:38: obwohl er keine Note und kein Wort zum Lied beigetragen hat.
00:56:42: Laut Micaela Jary lässt sich Hans Albers' Ruf als bedeutender Schlagertexter der
00:56:47: 50er-Jahre insgesamt weniger auf sein Talent als vielmehr auf seine
00:56:52: Geschäftstüchtigkeit zurückführen. Wer aber ist der eigentliche Autor des
00:56:56: Liedtextes?
00:56:59: Hinter den Pseudonymen Hans Herz und Arno Gillo verbirgt sich ein und dieselbe
00:57:04: Person, Josef Ollig. Zum Zeitpunkt der Dreharbeiten ein
00:57:09: leitender Redakteur des "Hamburger Abendblattes".
00:57:12: Josef Ollig wird 1906 in Eil bei Köln geboren,
00:57:16: er besucht die Volkshochschule und macht 1925 sein Abitur an einem humanistischen
00:57:22: Gymnasium. Nach dem Abschluss wird er Journalist.
00:57:26: Um 1929 zieht er nach Hamburg und beginnt als Redakteur für die "Hamburger
00:57:30: Nachrichten" zu arbeiten. Das nationalkonservative Blatt steht
00:57:34: rechtsextremen Ideologien nahe und unterstützt mehr oder weniger seit der
00:57:38: Parteigründung 1920 relativ offen die NSDAP. Der Historiker Robert F.
00:57:43: Hamilton kommt 2016 sogar zu der Einschätzung,
00:57:45: dass die "Hamburger Nachrichten" eine Schlüsselrolle bei der Etablierung der
00:57:50: NSDAP in der Hamburger Mittel- und Oberschicht und oberen Mittelschicht
00:57:54: gespielt haben.
00:57:56: Das klingt, damit Ihr Euch das mal vorstellen könnt,
00:57:59: im Sommer 1932 in einem Leitartikel auf der ersten Seite der "Hamburger
00:58:04: Nachrichten" zum Beispiel so: "Hat man denn um Gottes Willen immer
00:58:08: noch nicht begriffen, dass sich im Osten, in dem Grenzkampf zwischen germanischen
00:58:13: Edelmenschen und polnischen Untermenschen der Daseinskampf des deutschen Volkes
00:58:18: entscheidet?"
00:58:21: Ironischerweise wird genau diese Linientreue für die Zeitung ab 1933 zum
00:58:25: Problem. Als immer mehr Anzeigenkunden zur NSDAP-
00:58:28: Parteizeitung "Hamburger Tageblatt" wechseln,
00:58:31: geraten die "Hamburger Nachrichten" nach und nach in finanzielle Schwierigkeiten.
00:58:36: Vielleicht verlässt Josef Ollig deshalb im Laufe des Jahres 1933 die Redaktion
00:58:41: der "Hamburger Nachrichten" und wechselt zur Pressestelle von Shell.
00:58:45: Dort übernimmt er unter anderem die redaktionelle Leitung der "Shell Post".
00:58:51: Das ist die Hauszeitschrift der Rhenania-Ossag Mineralölwerke AG.
00:58:55: Das ist heute Shell Deutschland. In verschiedenen NS-Publikationen wird er ab
00:59:00: 1937 außerdem als Propagandaleiter und Pressereferent
00:59:04: der Firma bezeichnet. Über die Verstrickung der Shell mit dem
00:59:08: NS-Regime, vor Beginn des Zweiten Weltkriegs wohlgemerkt, gibt es
00:59:12: unterschiedliche Untersuchungen und unterschiedliche Einschätzungen.
00:59:16: Ich habe mich an dieser Stelle nicht
00:59:19: tief genug eingearbeitet, um das wirklich differenziert und
00:59:22: abschließend beurteilen zu können, deshalb nur so viel: Fest steht,
00:59:26: dass die Firma sich umfassend angepasst hat,
00:59:29: um den Erwartungen des NS-Regimes zu entsprechen.
00:59:31: Der Mineralölkonzern war ein wichtiger Faktor für die deutsche Wirtschaft,
00:59:36: insbesondere auch für die stark wachsende Luftfahrtindustrie. Zum Jahreswechsel
00:59:40: 1933/34 tritt das sogenannte Schriftleitergesetz in Kraft. Josef
00:59:44: Olligs Berufsbezeichnung ändert sich von Redakteur in Schriftleiter.
00:59:49: Das Gesetz besiegelt die zuvor begonnene Abschaffung der Pressefreiheit im
00:59:52: Deutschen Reich. Mindestens 1.300 Redakteur*innen,
00:59:55: darunter viele Jüdinnen*Juden, und politisch Andersdenkende
00:59:58: verlieren ihre Arbeit. Schriftleiter kann nur sein,
01:00:01: wer die deutsche Reichsangehörigkeit besetzt und wer über einen "Ariernachweis"
01:00:05: verfügt. Wer politisch nicht fügsam ist, bekommt keine Arbeit mehr in den
01:00:08: zugelassenen Medien. Schriftleiter werden außerdem zur
01:00:11: Mitgliedschaft in der Reichspressekammer und somit zur Loyalität gegenüber dem NS-
01:00:16: Regime verpflichtet.
01:00:17: Sie sind aufgefordert, aus der Berichterstattung fernzuhalten,
01:00:21: was, das ist ein Zitat, "die Kraft des deutschen Volkes oder den
01:00:24: Gemeinschaftswillen schwächt". Außerdem sollen sie Inhalte vermeiden,
01:00:29: die aus, Zitat, "anderen Gründen sittenwidrig sind".
01:00:31: Letzterer ist so ein Gummiparagraph, der kann eigentlich auf alles angewendet
01:00:36: werden, was den Nationalsozialisten nicht passt.
01:00:39: Im März 1937 heiratet Josef Ollig mit 31 Jahren die drei Jahre jüngere Margaretha
01:00:44: Westendorff aus der Nähe von Kühlungsborn.
01:00:47: Im Januar 1940 wird er zum Kriegsdienst bei der Luftwaffe eingezogen,
01:00:51: im Juni 1941 marschiert er mit der Wehrmacht in die Sowjetunion ein,
01:00:55: bis Dezember 1941 sind die Verbände des ersten Flakkorps, zu denen Ollig gehört,
01:01:00: an der Kesselschlacht bei Białystok und Minsk, der Kesselschlacht bei Smolensk,
01:01:05: der Schlacht um Kyjiw, der Doppelschlacht bei Wjasma und Brjansk
01:01:08: und schließlich an der Schlacht um Moskau beteiligt.
01:01:12: Im November 1941 erhält Josef Ollig das Eiserne Kreuz zweiter Klasse.
01:01:16: Einen Monat später wird er mit dem Sturmabzeichen aller Klassen
01:01:20: ausgezeichnet und zum Unteroffizier befördert.
01:01:23: Irgendwann im Laufe des Kriegsjahres 1941 wird er außerdem als Kriegsberichter in
01:01:29: die Propagandakompanie der Wehrmacht aufgenommen.
01:01:32: Kein anderes Land investiert so viel in psychologische Kriegsführung wie Hitler-
01:01:37: Deutschland. Bis 1942 wachsen die Propagandakompanien auf eine Stärke von
01:01:42: 15.000 Mann.
01:01:43: Bis Kriegsende entstehen rund 80.000 Wortberichte und 5 Millionen Meter
01:01:47: Filmaufnahmen für die Deutsche Wochenschau.
01:01:49: Hinzu kommen rund 3 Millionen Fotos. Die Kriegsberichter der
01:01:52: Propagandakompanien, kurz PK, begleiten die Wehrmacht nicht nur,
01:01:56: sie sind als Teil der Armee auch zu absolutem Gehorsam verpflichtet,
01:02:00: sie sind Soldaten. Journalist*innen außerhalb der PK haben
01:02:03: keinen Zugang zum Kriegsgeschehen.
01:02:05: Josef Ollig ist jetzt Fliegerschütze und Wortberichter.
01:02:08: Außerdem inszeniert er den Krieg gegen die Sowjetunion mit seinem Fotoapparat.
01:02:13: Alle Kriegsberichter werden in den Propagandaabteilungen in Potsdam für den
01:02:17: Fronteinsatz ausgebildet. Die Berichte, die sie abliefern,
01:02:20: werden vor Veröffentlichung genau geprüft und dann von Publikationen im ganzen
01:02:25: Reich weiterverarbeitet.
01:02:26: Olligs Kriegsberichte und Fotos erscheinen in
01:02:29: kleinen Regionalzeitungen, in großen Tageszeitungen und NS-
01:02:32: Propagandablättern wie dem "Völkischen Beobachter" und dem "Adler".
01:02:36: Das war die Propaganda- Illustrierte der Luftwaffe.
01:02:39: Während Wehrmacht, SS und deutsche Polizisten Millionen
01:02:42: Jüdinnen und Juden durch Kugeln ermorden, während der grausame Feldzug zur
01:02:46: Ausrottung der sowjetischen Bevölkerung über 14 Millionen zivile Opfer fordert,
01:02:51: zeichnen Josef Ollig und seine PK- Kollegen für die Heimatfront das Bild des
01:02:55: tapferen und ehrbaren, ewig siegreichen deutschen Soldaten. Zu
01:02:58: den größten Kriegsverbrechen der Wehrmacht gehört die Misshandlung von
01:03:02: sowjetischen Kriegsgefangenen. Historiker*innen haben ausgerechnet,
01:03:05: dass 3 bis 3,3 Millionen Menschen in den deutschen
01:03:08: Kriegsgefangenenlagern unter grausamen Bedingungen ums Leben kamen.
01:03:12: Dieser Umgang, der gegen das Kriegsrecht und jeden
01:03:14: Kriegsbrauch verstößt, wird durch rassistisch-ideologische
01:03:18: Narrative gerechtfertigt und unterfüttert.
01:03:21: Am 3. Oktober 1941 kurz nach der ersten
01:03:23: Schlacht um Kyjiw und dem Massaker von Babyn Jar erscheint im "Hamburger
01:03:28: Fremdenblatt" ein Artikel von Kriegsberichter Josef Ollig,
01:03:31: in dem er einen Zug sowjetischer Kriegsgefangener beschreibt.
01:03:35: "Das ist kein Zug von Menschen, sie gleichen Halbwilden,
01:03:39: die mit tierhafter Gleichgültigkeit ihr Schicksal tragen und tief versunken sind
01:03:44: im dunklen Abgrund einer Primitivität, die ob ihrer Armut an Geist und Gefühl
01:03:49: erschüttert.
01:03:50: Da ist niemand, der noch aufrecht geht wie ein Mann.
01:03:54: Niemand, in dessen Gesicht etwas geschrieben
01:03:56: stünde vom Erleben dieser Stunde, und sei es auch nur ein Schimmer von
01:04:01: Freude darüber, dass dieses nackte Leben gerettet worden
01:04:04: ist. Nichts von dem, ein trauriger Zug und eine
01:04:07: vernichtende Anklage gegen diejenigen, die sich zu rühmen wagten,
01:04:11: diesen Menschen ein Paradies gebracht zu haben.
01:04:14: Sie haben Sie in Elend und Dumpfheit versinken lassen.
01:04:17: Der Zug dieser 3.000 ist eine einzige Anklage gegen sie."
01:04:21: Abgesehen von der entmenschlichenden Sprache ist hier auch die Schuldumkehr
01:04:25: bemerkenswert. Verantwortlich für das Elend der sowjetischen Gefangenen ist
01:04:30: nicht etwa der deutsche Vernichtungsfeldzug,
01:04:32: sondern die sowjetische Führung. Die Angst vor dem Bolschewismus zu
01:04:36: schüren, ist ein Kernziel der NS-Propaganda,
01:04:39: das Wort wird zum Inbegriff von Mord und Vergewaltigung, Verbrechen,
01:04:43: Elend und Hunger.
01:04:45: Die Deutschen sollen wissen und fürchten, was sie bei einer Kriegsniederlage
01:04:50: angeblich zu erwarten haben. Die Propaganda-Durchhalteparole lautet
01:04:54: "Sieg oder Bolschewismus". Ollig beschreibt im selben Artikel ausführlich die Armut
01:04:59: und das Elend der sowjetischen Bauern, um anschließend festzustellen,
01:05:03: "man spürt eine große Sehnsucht nach der Sauberkeit und Frische,
01:05:07: nach der Buntheit und Fröhlichkeit, die über deutschen Dörfern strahlt,
01:05:12: wenn man die Orte durchfährt.
01:05:15: Hinter den verfallenen Holzgittern seiner Hütten steht der Bauer und beobachtet den
01:05:19: Durchmarsch der deutschen Truppen. Er bestaunt ihr Material und bewundert
01:05:24: ihre Disziplin, er wundert sich darüber, dass diese Soldaten,
01:05:27: an die er sich nun schon gewöhnt hat, ihn weder misshandeln noch nach seinem
01:05:31: Leben trachten. Und während er sich dessen bewusst wird,
01:05:35: mag wohl die Ahnung in ihm dämmern, dass er nach diesem Ringen mit den seinen
01:05:39: vor neuen Lebensufern stehen wird."
01:05:43: Lebensufer, Lebensschiffe, das ist so eine Spezialität von Josef
01:05:47: Ollig, so maritime Metaphern auf das Leben
01:05:49: übrigens. Diese Ausführungen sind unfassbar zynisch,
01:05:52: wenn man sich vor Augen führt, dass Hitlers Krieg gegen die Sowjetunion
01:05:56: ein rassistisch und ideologisch motivierter Vernichtungskrieg gegen die
01:06:00: Bevölkerung war. Die wirtschaftliche Ausplünderung der
01:06:03: besetzten Gebiete war von Anfang an Teil der Kriegsplanung,
01:06:07: der daraus resultierende Hungertod von Millionen von Menschen war bewusst
01:06:11: einkalkuliert.
01:06:12: Darüber hinaus waren sowjetische Zivilist*innen nicht nur durch den
01:06:16: Hungertod bedroht, sie wurden auch als Zwangsarbeiter*innen
01:06:19: deportiert. Josef Olligs Spezialität als
01:06:22: Kriegsberichter sind Heldengeschichten, er schreibt über den ruhmbedeckten Weg
01:06:26: und die beispiellose Leistung der "Legion Condor",
01:06:29: die schon für Franco in Spanien kämpfen durfte. Er erzählt von "ganzen Männern,
01:06:33: von mutigen Flakkanonieren, von draufgängerischen und kaltblütigen
01:06:37: Schlachtfliegern".
01:06:38: In Josef Olligs Kriegsberichten fliegen letztere noch 1945 über "deutsche Städte
01:06:44: und Dörfer, verstümmelt durch den Terror eines
01:06:47: unmenschlichen Feindes, während am Boden deutsche Arbeiter Tag
01:06:51: und Nacht Waffen für den totalen Krieg schmieden".
01:06:54: Sein größtes und vielleicht meistveröffentlichtes Heldenepos,
01:06:59: schreibt Ollig 1944 über die "einzigartigen soldatischen Leistungen" von
01:07:03: Major Hans-Ulrich Rudel.
01:07:05: Dieser Artikel wird unter anderem im "Völkischen Beobachter" veröffentlicht.
01:07:10: Der taucht ja auch viel später noch mal auf und tatsächlich
01:07:14: im Fußballkontext, der Herr Rudel, weil er ja offensichtlich in irgendeiner
01:07:19: Form sich nach Südamerika abgesetzt hat nach dem Kriege und dort 1978 während der
01:07:25: WM in Argentinien im deutschen Lager,
01:07:29: im wahrsten Sinne, auftaucht und da durchaus freundlich empfangen wird von
01:07:33: der DFB-Spitze. Man könnte auch Ehrengast des DFB sagen.
01:07:36: Das ist durchaus das passende Wort. Ja das stimmt. Ja, das ist richtig,
01:07:40: der ist unter anderem glaube ich deshalb nach Südamerika gegangen,
01:07:44: um da so ein Fluchthilfenetzwerk für NS- Kriegsverbrecher aufzubauen.
01:07:48: Seine Vorgesetzten beim Oberkommando der Wehrmacht sind mit Olligs Arbeit als
01:07:53: Kriegsberichter hochzufrieden.
01:07:55: Im Frühjahr 1944 heißt es in einem Dokument des
01:07:59: Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda,
01:08:03: Zitat: "Der Fachprüfer Wort beurteilt Ollig sehr gut,
01:08:07: dem für seine Leistungen das RK 1 und 2," also das Ritterkreuz,
01:08:11: "die Frontfliegerspange für Kampfflieger in Bronze und das Panzersturmabzeichen
01:08:17: verliehen wurde."
01:08:19: In den letzten Wochen vor der Kapitulation der Wehrmacht ist Josef Ollig,
01:08:24: mittlerweile Leutnant der Luftwaffe, an der Westfront stationiert.
01:08:29: Dort fliegt er höchstpersönlich noch die letzten StuKa-Einsätze gegen den
01:08:34: Remagener Brückenkopf, so behauptet es zumindest Jahre später
01:08:38: der Journalist Günter Sawatzki. StuKa ist kurz für Sturzkampfbomber
01:08:43: übrigens und der Remagener Brückenkopf,
01:08:46: da geht es um die Ludendorff-Brücke. Die wurde im März 1945 von der US-Armee
01:08:52: erobert, was dann der Armee es ermöglicht hat,
01:08:55: den Rhein zu überqueren und die Wehrmacht hat dann nach der Eroberung durch die US-
01:09:01: Armee noch relativ verzweifelt versucht die Brücke zu zerstören,
01:09:05: um den Vormarsch der Alliierten noch aufzuhalten.
01:09:09: Bei Kriegsende kommt Ollig in ein Offizierslager in Hamburg-Rotherbaum.
01:09:15: Aber schon im ersten Nachkriegswinter ist er bereits oder
01:09:19: zumindest bereits zeitweise wieder auf freiem Fuß. Und er ist auf Jobsuche.
01:09:24: Mit 39 Jahren kann und will er sich schließlich noch nicht zur Ruhe setzen
01:09:30: und wie er dann seinen ersten Nachkriegsjob bekommen hat,
01:09:33: das werde ich jetzt in Olligs eigenen Worten vorlesen,
01:09:38: das hat er nämlich beschrieben, in einem unveröffentlichten Manuskript
01:09:43: zur Gründungszeit
01:09:44: der Zeitung "Die Welt" von 1961. "Meine erste Berührung mit der "Welt" geschah über
01:09:49: Oberst Garland, der am Gänsemarkt im Gebäude des früheren
01:09:53: "Hamburger Anzeigers" residierte. Ich besuchte ihn, damals noch
01:09:57: Kriegsgefangener und im Offizierslager an der Rothenbaumchaussee untergebracht,
01:10:02: in seinem Büro und legte ihm als Stilproben meine Kriegsberichte vor.
01:10:07: Er fischte einen Beleg der "Frankfurter Zeitung" mit einem Kampfbericht aus
01:10:11: Stalingrad heraus, las ihn kurz an und sagte,
01:10:14: kommen sie in drei Wochen wieder. Nach drei Wochen gab Oberst Garland mir die
01:10:17: Belege zurück. Ich marschierte täglich zum Gänsemarkt,
01:10:20: im Lager gab man mir großzügig Urlaub und dann wurde ich nach kurzer Zeit vor die
01:10:25: Frage gestellt, wollen sie eine Lizenz für eine
01:10:27: parteilich gebundene Zeitung christlicher Richtung oder wollen sie Ressortchef an
01:10:32: einer großen überparteilichen Zeitung werden?
01:10:35: Ich hatte den Geruch von Druckerschwärze schon in der Nase.
01:10:39: Dann Ressortchef in einer großen überparteilichen Zeitung sagte ich,
01:10:44: ohne lange zu überlegen. Der Oberst nahm einen winzigen Zettel und
01:10:48: schrieb "is engaged for 1.000". Mein Ressort sollte das Vermischte sein,
01:10:53: ich war glaube ich der erste, der eingestellt wurde."
01:10:57: Das ging ja einfach. Eigentlich hieß es nach dem Krieg
01:11:00: zunächst,
01:11:02: wer der Nazi-Propaganda gedient hat,
01:11:05: darf im Nachkriegsjournalismus keine Rolle spielen.
01:11:08: Nur mit einer Lizenz der Siegermächte durfte journalistisch gearbeitet werden,
01:11:12: aber wie das Beispiel Josef Ollig zeigt, wurde dieser Vorsatz in der Realität kaum
01:11:17: umgesetzt. Der für Hamburg verantwortliche britische
01:11:20: Pressechef Garland beschreibt die Problematik der damaligen Zeit wie folgt:
01:11:24: "Die meisten derjenigen, die lebendige Zeitungserfahrung hatten,
01:11:28: waren politisch vorbelastet.
01:11:29: Umgekehrt hatten diejenigen, deren politische Vergangenheit
01:11:32: unanfechtbar schienen, den Kontakt verloren und nicht vielen,
01:11:35: die den Kontakt verloren hatten, gelingt ein erfolgreiches Comeback im
01:11:39: starken Wettbewerb der Zeitungswelt. Darüber hinaus war die Situation durch
01:11:43: die harten Lebensbedingungen jederzeit heillos verwirrt,
01:11:46: was sowohl die Unqualifizierten als auch die Qualifizierten dazu führte,
01:11:49: alles zu versuchen, um einen Posten bei der Besatzungsbehörde
01:11:53: zu erhalten.
01:11:54: Gleichzeitig führten Untergrundrivalitäten und berufliche
01:11:57: sowie persönliche Eifersucht zu einer Welle von Denunziationen."
01:12:02: Gesunde Rivalität offensichtlich. Oder in anderen Worten, unbelastete
01:12:06: Qualitätsjournalisten waren im Deutschland der Nachkriegszeit schwer zu
01:12:11: finden. Von 127 "Welt"-Journalist*innen kamen am Ende
01:12:14: 40% aus Redaktionen der NS-Presse.
01:12:17: Weitere 6% hatten den Status eines NS- Autors,
01:12:21: Jeder Achte war NSDAP-Mitglied gewesen. So standen 46% der ersten "Welt"-Redaktion
01:12:26: für die Kontinuität zum NS-Staat. Verfolgte des NS-Regimes und
01:12:31: Remigrant*innen bildeten eine absolute Minderheit.
01:12:34: Fast alle verantwortlichen Ressortchefs, unter ihnen Josef Ollig,
01:12:39: hatten zwischen 193 und 1945 der NS- Propaganda gedient.
01:12:43: Josef Ollig bleibt zunächst einige Zeit bei der "Welt" und übernimmt dort im
01:12:48: September 1948 die Leitung des Hamburger Tagesberichtes mit Lokalnachrichten und
01:12:52: Anzeigen. In den 50er-Jahren wechselt er zum "Hamburger Abendblatt",
01:12:56: wo er ebenfalls den Lokalteil übernimmt und bis zum stellvertretenden
01:13:00: Chefredakteur aufsteigt. Ab 1970 verantwortet er zudem die Hamburg-
01:13:04: Buchreihe und die Hamburgensien-Mappen, letztere in Zusammenarbeit mit dem Museum
01:13:09: für Hamburgische Geschichte.
01:13:11: Nebenbei schreibt er Liedtexte, besonders gern für lokalpatriotische
01:13:15: Seemannsschlager wie "Das Herz von St. Pauli".
01:13:18: Wenn man heute den Namen Josef Ollig googelt,
01:13:20: findet man ihn hauptsächlich als Herausgeber von Büchern wie "Unter dem
01:13:25: Himmel von Hamburg, die Stadt aus der Luft", "So schön ist
01:13:28: Hamburg", "So schön ist Hamburg 2. Band, die grüne Stadt, Landschaft,
01:13:32: Parks und Tierwelt", "Norderstedt, die junge Stadt".
01:13:36: "Hamburg '79, Portrait einer Weltstadt mit Sonderteil HSV nach 19 Jahren wieder
01:13:40: Meister" und "HSV 1979, der Weg zur Meisterschaft".
01:13:44: Wobei "Hamburg '79" ist tatsächlich aus dieser Reihe, dieser Hamburg-Reihe,
01:13:48: die Du eben schon genannt hast. Da gab es ab ich glaub wirklich 1970
01:13:52: jedes Jahr so einen Jahresband, so mit allen Ereignissen der
01:13:57: Stadtgeschichte. Die habe ich irgendwie auch alle zu Hause
01:14:00: rumliegen tatsächlich. Hast du das geholt wegen HSV?
01:14:03: Nee, wegen Josef Ollig. Ah ja.
01:14:06: Der verstirbt am 27. Juli 1982 mit 76 Jahren in Hamburg.
01:14:10: Josef Ollig ist nur einer von vielen ehemaligen NS-Propagandisten,
01:14:14: die ihre Karriere in der Nachkriegszeit fortsetzen.
01:14:18: Die Redaktion der "Welt" ist in dieser Hinsicht nicht die Ausnahme,
01:14:23: sondern eher die Regel. Eine Biografie, die einige Ähnlichkeiten zu der von Josef
01:14:29: Ollig aufweist, ist zum Beispiel die von "Stern"-Gründer
01:14:33: Henri Nannen.
01:14:35: Auch der war lange Zeit in der Propagandakompanie der Luftwaffe aktiv
01:14:39: und auch er war an der Ostfront stationiert.
01:14:41: Viele seiner Stationen sind identisch mit denen von Josef Ollig,
01:14:45: Henri Nannens Briefe von der Front belegen eindeutig,
01:14:48: dass er von Kriegsverbrechen durch die Wehrmacht und von Massakern an der
01:14:52: jüdischen Bevölkerung wusste. Seine NS-Vergangenheit und die Frage nach
01:14:56: Schuld und Täterschaft führen Zeit seines Lebens immer wieder zu Kontroversen und
01:15:00: zu kritischen Debatten.
01:15:03: 1979 bekennt er in einem Leitartikel, "Wir hätten es wissen müssen,
01:15:07: wenn wir es nur hätten wissen wollen. Ich jedenfalls habe gewusst,
01:15:11: dass im Namen Deutschlands wehrlose Menschen vernichtet wurden,
01:15:15: wie man Ungeziefer vernichtet und ohne Scham habe ich die Uniform eines
01:15:20: Offiziers der deutschen Luftwaffe getragen. Ja, ich wusste es,
01:15:24: und ich war zu feige, mich dagegen aufzulehnen."
01:15:30: Ich hab sowohl für Michael Jary als auch für Josef Ollig im Bundesarchiv angefragt,
01:15:35: ob Hinweise auf eine NSDAP-Mitgliedschaft bestehen.
01:15:38: Für keinen der beiden gibt es einen Eintrag in der Mitgliederkartei.
01:15:42: Das heißt nicht, dass sie nie Anwärter oder Mitglied waren,
01:15:45: das heißt erst mal nur, dass es keine Karteikarte mehr gibt.
01:15:49: Ich habe allerdings auch in den Unterlagen der Reichskulturkammer und in
01:15:53: Olligs Militärakte keinen Hinweis auf eine Parteimitgliedschaft gefunden.
01:15:58: Und da sind natürlich auch so Beurteilungen drin und
01:16:01: Beförderungsvorschläge wo das, nehme ich an,
01:16:04: schon vermutlich, basierend auf meinen Erfahrungen, vermutlich erwähnt worden
01:16:09: wäre, wenn es so gewesen wäre, aber das ist jetzt nur eine vorsichtige
01:16:14: Einschätzung letztendlich, zu 100% sagen kann man es
01:16:17: nie.
01:16:18: Darüber hinaus hab ich fast jeden Kriegsbericht von Josef Ollig gelesen,
01:16:22: den ich in den Archiven finden konnte. Aber auch da ist es so,
01:16:25: dass ich bei der Fülle von Material im Prinzip erst am Anfang von dieser
01:16:29: Recherche stehe. Zum Beispiel also für
01:16:32: die Zeit, wo er Redakteur bei den "Hamburger
01:16:34: Nachrichten" war, das ja wirklich ne sehr rechte Zeitung
01:16:38: war, kann ich aber gar nicht nachvollziehen,
01:16:40: welche Artikel von ihm stammen, weil die meistens nicht mit
01:16:44: Namen versehen sind, deswegen ist es ein bisschen schwierig.
01:16:47: Man kann eigentlich nur davon ausgehen, dass er sich mehr oder weniger bewusst
01:16:52: dafür entschieden haben muss, für dieses Blatt zu schreiben.
01:16:56: Und hat er ja auch relativ lange gemacht, also mindestens vier Jahre. Unabhängig davon,
01:17:01: ob sie die nationalsozialistische Ideologie vollständig geteilt haben oder
01:17:05: auch nicht, waren Kriegsberichter wie Ollig natürlich
01:17:08: Vorschubleister und Stützen des Systems. Josef Olligs Biografie wirft,
01:17:13: wie so viele andere Biografien, deutsche Biografien,
01:17:16: die Frage nach Schuld, nach Täterschaft, nach Verantwortung und natürlich auch
01:17:20: nach Konsequenzen auf und außerdem, und für uns als Fanszene besonders relevant,
01:17:25: natürlich auch die Frage nach Trennbarkeit von Autor und Werk.
01:17:28: Ich habe da auch keine eindeutige Antwort, ich weiß nur,
01:17:32: dass ich bei meinem letzten Stadionbesuch wirklich einen inneren Widerstand
01:17:36: gefühlt habe, als es um dieses Lied ging, und es mir wirklich schwer
01:17:42: von den Lippen ging, weil ich es einfach anders lese,
01:17:46: jetzt wo ich weiß, was er sonst noch geschrieben hat.
01:17:50: Ich mein der Text selber ist natürlich schlagermäßig schwülstig zum
01:17:55: Teil, aber er ist natürlich jetzt nicht in
01:17:58: irgendeiner Form verdächtig, würde ich das mal nennen, aber ja.
01:18:02: Letztendlich geht das natürlich in diese Reihe seiner wie du schon sagst
01:18:08: so maritimen Beschreibungen, also Lebensufer, Lebensschiff,
01:18:12: das ist natürlich ein wiederkehrendes Muster und natürlich parallel dazu auch
01:18:17: diese Hamburgensien-Reihe. Also es passt natürlich in seine
01:18:21: Biografie rein, das heißt, es ist natürlich kein von ihm
01:18:25: entkoppeltes Werk, sondern schon etwas, was in einer Reihe seiner Arbeiten dann
01:18:31: seiner Arbeit eben nahe kommt, eben durch diese
01:18:35: Metaphern und durch eben seine Hamburg- Begeisterung oder die Schönheit,
01:18:39: die er für die Stadt Hamburg empfunden hat. Von daher kann man ihm, glaube ich,
01:18:44: davon jetzt gar nicht komplett entkoppeln, ist natürlich aber andererseits auch ein
01:18:48: Lied in einer Art von Texterei, die sehr zeitlos ist,
01:18:51: weil zum Beispiel auch irgendwie "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins" eben auch
01:18:56: hätte ich zum Beispiel fast getippt, wäre wahrscheinlich im gleichen Jahr
01:19:00: geschrieben worden, weil das so sehr ähnliche
01:19:04: Konnotierung hat und natürlich so Lieder über St. Pauli,
01:19:08: den Hafen und die Reeperbahn alle sehr ähnlich sind, also über die Jahrzehnte.
01:19:15: Wir haben das Stadion umbenannt, als wir festgestellt haben, dass der Mann,
01:19:21: nachdem es benannt war, in der NSDAP war. Die Frage, ist natürlich immer,
01:19:28: wie man damit umgeht.
01:19:32: In diesem Fall mit der Erkenntnis, dass der Mann,
01:19:35: der den Text geschrieben hat, um es in Lars' Worten zu sagen,
01:19:39: übelst Nazi-Propaganda gebuckelt hat. Mich würde auch total interessieren,
01:19:43: was unsere Hörer*innen zu dem Thema denken, also wirklich, das ist jetzt nicht so
01:19:49: gesagt, sondern es interessiert uns wirklich
01:19:52: total. Schreibt uns gerne E-Mails, kommentiert auf Social Media,
01:19:56: kontaktiert uns.
01:19:58: Teilt uns gerne mit, was Ihr darüber denkt.
01:20:02: Über die Geschichte rund um "Das Herz von St. Pauli".
01:20:07: Und wenn Ihr weitere Themenvorschläge habt,
01:20:10: wie unser Hörer Pascal das halt getan hat, jetzt zu dem Thema Hafen und Ihr merkt,
01:20:17: was dabei rauskommen kann, dann schickt uns gern weitere
01:20:22: Themenvorschläge und wir schauen wie wir
01:20:26: uns dazu ein paar Geschichten zusammen recherchieren. Wir bemühen uns,
01:20:30: wieder regelmäßiger aufzuzeichnen und vielleicht auch wieder ein bisschen mehr
01:20:35: über Fußball zu sprechen. Fußball, überbewertet. Wir sind doch nicht
01:20:39: beim FC St. Pauli wegen Fußball. Ist auch wieder richtig.
01:20:44: Ja, aber vielen Dank für die Geschichten. Also an uns Drei.
01:20:48: Stellvertretend von mir aus an uns Drei gesagt.
01:20:50: Danke von mir an mich. Genau und ja, ich hoffe,
01:20:53: dass euch die Folge gefallen hat, ist ein bisschen länger geworden,
01:20:58: macht aber glaube ich nichts, denn Inhalt schlägt Rhetorik,
01:21:02: wollte ich gerade sagen, wie war das in meiner Geschichte? Nee,
01:21:06: sondern der Inhalt ist ein sehr wichtiger gewesen.
01:21:09: Und uns liegt es auch am Herzen. Also meldet Euch gerne bei uns,
01:21:14: wenn Ihr dazu auch was sagen wollt und ansonsten bleibt mir nichts weiter zu
01:21:21: sagen, außer vielen Dank und bis zum nächsten
01:21:24: Mal. Auf Wiedersehen, Tschüss.
01:21:30:
Frank
‧Petra
‧Benny
‧Rüdiger Jung
‧