#16 "Harry muss fliegen" – Der FC St. Pauli und Persönlichkeiten

Shownotes

In dieser Folge geht es um besondere Biografien und starke Persönlichkeiten beim FC St. Pauli. Celina erzählt von Monika, der Gründerin des allerersten braun-weißen Frauen-Teams. Christopher berichtet wie der "vielleicht beste Spieler, der jemals bei St. Pauli gespielt hat", überhaupt ans Millerntor kam und was der KGB, der TSV Föhrste, ein britischer Medienmogul und ein ehemaliger HSV-Präsident damit zu tun hatten. Christoph spricht über einen Torwart mit Draufgänger-Attitüde, Star-Allüren und einem Hang zur Selbstinszenierung.

Ihr wollt unsere Arbeit und diesen Podcast unterstützen? Dann werdet Fördermitglied! Das geht schob ab 2 Euro im Monat.

Transkript anzeigen

00:00:00: Hast Du ein Pflichtspiel gemacht? Für den Cuxhavener

00:00:02: Sportverein hab ich tatsächlich ne Reihe von Pflichtspielen

00:00:04: gemacht. Ich wurde schon in der D-Jugend aussortiert. Das

00:00:09: entspricht ungefähr meinen Erfahrungen, eigentlich sogar

00:00:13: ziemlich genau.

00:00:18:

00:00:23:

00:00:28:

00:00:38: Ja, hallo und herzlich willkommen zu FCSP Geschichte(n),

00:00:42: das n den Klammern, dem offiziellen Podcast des FC St.

00:00:45: Pauli-Museums in der Gegengerade des Millerntor-Stadions. Ich bin

00:00:50: Thomas und ich sitze hier wie gewohnt mit Celina. Moin. Christopher. Moin.

00:00:54: Und mit Christoph. Hallo. Ja, FCSP- Geschichte, -Geschichten, so heißt

00:00:58: unser Podcast und genau das werdet Ihr auch heute wieder

00:01:02: hören. Es geht um starke Geschichten von starken

00:01:05: Persönlichkeiten,

00:01:07: die eine Geschichte haben. Wie immer aus ganz verschiedenen

00:01:10: Blickwinkeln vorgetragen. Und damit haben wir für Euch

00:01:13: hoffentlich wieder eine gute Mischung aus Unterhaltung und

00:01:16: auch der ein oder andere Neuigkeit aus der Historie

00:01:19: unseres Vereins vorbereitet.

00:01:22: Starke Geschichten von starken Persönlichkeiten, aber auch über

00:01:26: starke. So gesehen hast du natürlich recht. Es ist

00:01:30: missverständlich. Es ist ein Podcast voller starker

00:01:33: Persönlichkeiten. Aber stimmt beides finde ich, insofern.

00:01:36: Absolut.

00:01:37: Wir mischen und losen und dann werden wir wissen, wer zuerst

00:01:41: eine Geschichte vortragen mag. Und zwar

00:01:45: ist das dieser Zettel. Und das ist Celina.

00:01:49: Nee, das kann nicht sein.

00:01:51: Ich fang immer an. Ich kann es doch nicht. Die sehen alle

00:01:54: gleich aus, guck mal.

00:01:57: Letztes Mal hast Du nicht angefangen. Nächstes Mal zieh ich. Gerne,

00:02:01: bitte, kein Problem mit.

00:02:05: Okay ich fang an, als letztes fertig, als erstes am Strand. Du

00:02:09: kannst als erstes an die Bar.

00:02:12: Wir begeben uns ins Jahr 1970.

00:02:18: Seid ihr bereit? Auf jeden Fall. Schon eingetaucht. Die

00:02:21: erste Mondlandung ist erst wenige Monate her, genauso wie

00:02:24: ein anderer großer Schritt für die Menschheit, die Einführung

00:02:27: von Sexualkundeunterricht an den Hamburger Schulen.

00:02:31: Es ist außerdem das 60. Jubiläumsjahr des FC St. Pauli.

00:02:36: Das Millerntor nennt sich zu Ehren des 1969 verstorbenen

00:02:39: langjährigen Präsidenten seit Kurzem Wilhelm-Koch-Stadion und

00:02:43: der neue Vereinspatriarch heißt Ernst "Don Ernesto" Schacht, die

00:02:47: erste Fußball-Herrenmannschaft wird von Erwin "Ata" Türk

00:02:50: trainiert, Spitznamen zu der Zeit noch mal anders

00:02:55: speziell.

00:02:57: Es gibt noch keine Totenkopffahnen und keine Punks

00:03:00: auf der Gegengerade. Der FC St. Pauli ist ein bürgerlicher

00:03:03: Stadtteilverein und alles andere als ein Zuschauer*innenmagnet, zu

00:03:07: den Punktspielen kommen im Schnitt zwischen 2.000 und 3.000

00:03:10: Zuschauer*innen. Ähnlich unbeliebt wie der FC St. Pauli, vielleicht

00:03:13: sogar noch ein bisschen unbeliebter, ist das Viertel

00:03:16: selbst. Die Hafenstraße ist noch nicht besetzt und rottet

00:03:19: fröhlich vor sich hin. Nach dem Aufschwung der 50er- und 60er-

00:03:22: Jahre und dem Beatles-Hype kippt St. Pauli langsam aber

00:03:25: sicher ins Negative, das Viertel macht zunehmend durch

00:03:28: Gewalt, Verfall und Drogenhandel Schlagzeilen und wenn es in der

00:03:31: Presse mal kurz nicht um den Kiez geht, sondern um den FC

00:03:34: St. Pauli, dann liegt der Fokus wie auch heute noch fast

00:03:37: ausschließlich auf der ersten Fußball-Herrenmannschaft, wenn

00:03:40: nicht gerade die Amateure die Profis aus dem DFB-Pokal

00:03:43: schmeißen, aber das ist eine andere Geschichte, die haben wir in

00:03:46: diesem Podcast ja schon mal gehört. Alles Gute Peter Darsow.

00:03:49: Folge 3, wenn Ihr noch mal reinhören wollt.

00:03:53: Es gab und gibt aber auch noch andere Abteilungen im FC St.

00:03:57: Pauli, nämlich zum Beispiel Rugby, Tischtennis, Schach und

00:04:00: Handball. Und jetzt muss ich hier mal wieder kurz einen

00:04:04: Exkurs einschieben, wisst Ihr, wie und wann Handball entstanden

00:04:07: ist?

00:04:10: Bei den Azteken irgendwann.

00:04:12: Auf jeden Fall gab es ja nicht wie heute Hallenhandball,

00:04:16: sondern vor allen Dingen Feldhandball. Also richtig auf

00:04:19: so einem großen Fußballfeld letztlich.

00:04:22: Es gibt ja auch noch ne andere Sportart, die auch

00:04:25: Handball heißt. Hab ich mal in Irland gesehen, das ist wie

00:04:28: Squash, aber mit der Hand halt dann eben.

00:04:32: Und deswegen heißt Handball, wie wir es kennen, in Irland Olympic

00:04:36: Handball. Aber mehr weiß ich auch nicht.

00:04:39: Schon mal sehr viel

00:04:41: Nischenwissen auf jeden Fall. Lange her. Ja, ich spann Euch

00:04:45: nicht länger auf die Folter. Der deutsche Handball wurde während

00:04:49: des Ersten Weltkriegs von einem Berliner Turnwart namens Max

00:04:52: Heiser erfunden, um Frauen eine Alternative zum Fußball zu

00:04:56: bieten. Ja, das habt Ihr jetzt richtig verstanden, Handball

00:05:00: sollte zu Beginn quasi Fußball für Frauen sein oder man könnte

00:05:03: auch sagen, Handball wurde erfunden, damit Frauen nicht

00:05:06: Fußball spielen. Max Heiser nannte es eine neue Sportart, sie hieß

00:05:09: Torball und beschrieb sie als eine Art

00:05:13: Mischung aus Hockey und Ballspielen wie Königsberger

00:05:17: Ball und Raffball. Ah. Da sind wir wieder bei obskuren Sportarten

00:05:21: des Kaiserreichs. Tamburinball, da war es wieder.

00:05:25: Da war es wieder.

00:05:27: Raffball ist glaub ich so ne Unterart von Rugby, das weiß ich

00:05:31: noch. Fragt mich bitte nicht was Königsberger Ball ist. Das klären

00:05:35: wir beim nächsten Mal. Vielleicht Völkerball. Mit Kapern. Wichtig,

00:05:38: weil es war ja eine Sportart für Frauen, jede Art von Kampf und

00:05:42: Körperkontakt war streng verboten.

00:05:45: Inwieweit Max Heiser den Handball jetzt wirklich erfunden

00:05:48: hat, ist nicht so ganz hundertprozentig klar, weil in

00:05:51: Skandinavien schon damals eine ähnliche Sportart gespielt wurde

00:05:54: Namens Handbold.

00:05:55: Torball sollte nicht nur Spaß machen und Frauen davon

00:05:58: abhalten, Fußball zu spielen. Die sportliche Betätigung sollte

00:06:02: Frauen auch fit für die Arbeit in der Fabrik machen, weil die

00:06:05: Männer waren ja an der Front. Erster Weltkrieg.

00:06:09: Ein offizielles Regelwerk hat Max Heisers Handballvariante

00:06:12: dann im Oktober 1917 bekommen. Das Datum gilt deshalb als

00:06:15: offizielle Geburtsstunde der Sportart, also in Deutschland.

00:06:19: Seitdem heißt Handball in Deutschland auch Handball. In

00:06:22: Skandinavien hieß Handball ja auch vorher schon Handball.

00:06:25: Falls ihr euch gefragt habt, was Handbold übersetzt bedeutet.

00:06:29: Ich hab es mich nicht getraut zu sagen.

00:06:33: Bis zum wirklichen Durchbruch der Sportart brauchte es dann

00:06:36: allerdings noch ein paar Jahre. Einen Turnlehrer namens Carl

00:06:40: Schelenz entwickelte das Spiel weiter, er erlaubte Zweikämpfe

00:06:43: und verkleinerte den Ball, um das Werfen zu erleichtern.

00:06:46: Dadurch wurde dann auch Prellen ein Ding. Habt Ihr mal

00:06:49: Handball gespielt? Was wurde ein Ding, Prellen? Prellen.

00:06:54: So mit dem Ball auf dem Boden laufen. Also dribbeln. Ja, aber

00:06:57: beim Handball ist das Prellen. Ach so. Ich interpretier das so,

00:07:01: dass du nie Handball gespielt hast. Doch für TSV Stelligen.

00:07:05: Aber Du hast mich geprellt, Ich hab nicht geprellt, ich bin

00:07:09: einfach, ich hab mich so reingeworfen immer in den Raum

00:07:12: da. Ich hab auch mal kurz Handball gespielt, Probetraining

00:07:15: beim BSV Buxtehude, ich war sehr schlecht.

00:07:19: Bin dann zum Fußball gegangen, da war ich auch sehr

00:07:22: schlecht. Aber hat mir mehr Spaß gemacht. Übrigens wird Königsberger Ball

00:07:24: irgendwie nie nirgends erklärt, immer nur, dass es ein

00:07:27: Handballähnlicher Vorläufer ist. Es gab auch noch

00:07:30: Pforzheimer Torball oder Wiesbadener Torball.

00:07:33: Also irgendwie einfach alles regionale Besonderheiten

00:07:36: offensichtlich. Na ja, also durch diese Anpassung des

00:07:39: Regelwerks wurde Handball dann auch für Jungen und Männer

00:07:42: attraktiv, weil was sollen Männer auch mit einer Sportart

00:07:46: ohne Zweikämpfe?

00:07:47: Eben. 1921 wurde die erste Deutsche Meisterschaft im

00:07:51: Feldhandball ausgespielt. Wisst ihr, wer der Sieger war?

00:07:57: Es hätte mich jetzt auch gewundert. Nicht auswendig.

00:08:00: TSV 1860 Spandau. Klar. Und das erste Länderspiel fand 1925

00:08:04: zwischen Deutschland und Österreich statt. Ich dachte, Spandau

00:08:08: wär im Wasserball so groß, aber egal.

00:08:12: Spandau Wasserballet. Und falls ihr irgendwann mal bei "Wer wird

00:08:16: Millionär" sitzt und diese Frage bekommt,

00:08:20: merkt euch das: 1936 war Feldhandball das erste und das

00:08:26: einzige Mal olympisch. Kleiner

00:08:29: Fun Fact dazu am Rande. Die Nazis fanden Handball übrigens

00:08:32: richtig super, weil es quasi Training fürs Handgranatenwerfen

00:08:34: war. Wobei Handgranaten- Weitwurf tatsächlich eine

00:08:37: Sportart war in der Zeit, also natürlich nicht mit echten,

00:08:40: sondern mit so aus Holz oder sowas. Naja gut, aber schon so

00:08:42: aus Holz und im gleichen Gewicht in etwa wohl, aber das

00:08:45: war tatsächlich so eine Art Sportart, letztlich ja auch

00:08:48: bei Leichtathletik-Wettkämpfen. Also Ihr habt das jetzt

00:08:51: vielleicht schon raus gehört und Thomas hat es ja vorhin auch

00:08:54: schon gesagt, bis in die 60er- Jahre war Handball kein Hallen-

00:08:56: sondern ein Outdoor- beziehungsweise ein Rasensport.

00:09:00: Und Feldhandball und Großfeldhandball wurden auch wie

00:09:03: Fußball damals mit 11 Spieler*innen pro Team

00:09:05: ausgetragen. Ne, also ein Torwart, eine Torwärtin und dann

00:09:09: 10 Feldspieler*innen und was ich dann auch festgestellt hab bei

00:09:12: der Recherche, es gibt auf youtube

00:09:15: ganz tolle Videos von Feldhandballspielen, so aus den

00:09:19: 50er-Jahren. Das ist echt abgefahren. Guckt Euch das

00:09:22: unbedingt an. Aber zurück nach St. Pauli. Ich hatte ja in der

00:09:26: allerersten Folge dieses Podcasts erzählt, dass es Frauen

00:09:30: in Deutschland bis 1970 verboten war, Fußball zu spielen,

00:09:33: beziehungsweise dass der DFB den Vereinen verboten hat,

00:09:37: Frauenfußballabteilungen zu unterhalten.

00:09:41: Vor dem Hintergrund dessen, was ich Euch eben über Handball

00:09:43: erzählt habe, könnt Ihr Euch jetzt vielleicht vorstellen,

00:09:46: warum sehr, sehr viele Frauen, die Lust auf zweikampfbetonten

00:09:49: Ballsport hatten, vor 1970 in Handballabteilungen eingetreten

00:09:52: sind und Handball gespielt haben. Das heißt jetzt natürlich

00:09:54: nicht, dass die Handballerinnen alle lieber Fußball gespielt

00:09:57: hätten, Handball ist ja auch eine tolle Sportart, aber sie

00:10:00: durften eben auch keinen Fußball spielen, also sie durften

00:10:02: natürlich schon und haben das auch gemacht, aber nicht in

00:10:05: Vereinen. Und es wird Euch jetzt sicher auch nicht wundern, dass

00:10:08: die Gründerinnen der ersten Frauenfußballabteilungen in den

00:10:11: Sportvereinen 1970 in vielen Fällen aus den Handballabteilungen kamen. Das

00:10:15: war beim FC St. Pauli auch nicht anders. Und über die

00:10:18: Frau, die damals die treibende Kraft hinter der Gründung des

00:10:22: allerersten FCSP-Frauenteams waren, möchte ich heute ein

00:10:25: bisschen was erzählen, nämlich über Monika Assmuteit, geborene

00:10:29: Hoppe. Monika ist Mitte der 1940er-Jahre in Hamburg geboren

00:10:32: und ihr Elternhaus befand sich in der Seilerstraße. "Ich bin auf

00:10:36: St. Pauli aufgewachsen

00:10:38: und habe von frühester Jugend an eigentlich immer mit dem FC St.

00:10:42: Pauli zu tun gehabt, weil mein Vater ein Fußballgänger war. Der

00:10:46: hatte eine Dauerkarte und ist zu jedem Heimspiel gegangen. Dann

00:10:49: hatten wir das alte St. Pauli- Stadion ganz bei uns in der

00:10:53: Nähe, da bin ich ganz oft vorbeigekommen, und als ich dann

00:10:56: selber so mit circa zehn Jahren Lust bekam, mich irgendwie

00:11:00: sportlich zu betätigen, da habe ich gedacht, das ist wohl am

00:11:03: einfachsten, ich gehe zum FC St. Pauli in die Handballabteilung.

00:11:08: Was ich dann auch gemacht habe. Ich habe eine ganze Weile dort

00:11:10: als Schülerin gespielt und irgendwann wieder aufgehört.

00:11:13: Ich kann heute nicht mehr sagen warum. Wahrscheinlich kamen dann

00:11:16: irgendwie andere Interessen dazu.

00:11:18: Als ich circa 20 Jahre alt war, hatte ich wieder Lust Sport zu

00:11:22: treiben. Ich bin dann mit meiner besten Freundin Jenny in die

00:11:25: Handballabteilung eingetreten und wir fingen bei den zweiten

00:11:28: Damen an, Handball zu spielen.

00:11:31: Das war dann ne ganze Weile eigentlich unsere

00:11:34: Hauptbeschäftigung, sportlich, aber auf einmal ging es los. Es

00:11:37: war ein Hype überall, dass die Leute anfingen, Fußball zu

00:11:41: spielen, die Frauen gründeten in den verschiedensten Vereinen

00:11:44: Mannschaften.

00:11:46: Ja, und da wir eigentlich auch fast alle von der zweiten

00:11:49: Damenmannschaft am Fußball interessiert waren, haben wir

00:11:54: uns dann überlegt,

00:11:55: ob der Verein uns vielleicht erlauben würde, beim FC St.

00:11:58: Pauli eine Damenmannschaft zu gründen. Es sah so aus, dass der

00:12:01: Vorstand wohl nicht sehr begeistert war von unserer Idee,

00:12:05: aber sie konnten das auch schlecht ablehnen, weil in allen

00:12:08: möglichen Vereinen jetzt neue Fußballmannschaften gegründet

00:12:11: wurden für Frauen und

00:12:13: auf unserer Seite hatten wir hauptsächlich die

00:12:15: Rugbyabteilung, die stand von Anfang an hinter uns und hat uns

00:12:18: auch gleich sehr unterstützt." Ja, der Vorstand des FC St.

00:12:21: Pauli erlaubte die Gründung eines Frauenteams unter der

00:12:24: Bedingung, dass die Frauen elf Spielerinnen, einen Trainer und

00:12:27: einen Betreuer zusammenbekamen.

00:12:29: Unterstützung von der Vereinsführung und von

00:12:32: den Fußballern gab es bei der Suche natürlich nicht, zum Glück

00:12:35: gab es da noch die Rugbyabteilung und aus den Reihen der

00:12:38: Rugbyspieler rekrutierten Monika und ihre Mitspielerinnen dann

00:12:41: auch den ersten dringend benötigten

00:12:44: Trainer. Der hieß Eilert Garbade und hatte vor seiner Zeit in der

00:12:47: Rugbyabteilung schon einige Jahre am Millerntor Fußball

00:12:50: gespielt und 1970 lag er praktischerweise auch gerade im

00:12:53: Clinch mit Geschäftsführer Walter Windte. Die Chance der

00:12:55: Vereinsführung, einen reinzuwürgen, kam für ihn also wie gerufen.

00:12:59: "Also im Grunde genommen ging es darum, dass ich mich ja mit dem

00:13:02: Walter Windte ein bisschen erzürnt hatte, ein bisschen quergelegt

00:13:05: habe.

00:13:07: Und dann hörte ich ja, dass dort eine Damenmannschaft aufgestellt

00:13:13: werden sollte und

00:13:15: hab dann nur gehört, dass da so Walter Windte und Ernst

00:13:18: Schacht, die waren nun sehr stark dagegen. Die wollten

00:13:21: also überhaupt nicht, dass da die Mannschaft

00:13:25: aufgebaut wird.

00:13:27: Und haben dann also auch versucht, wenn sich doch ein

00:13:30: Trainer bereit erklärt hätte, dass sie dem versucht haben

00:13:33: abzuraten. Und ich hab das gehört und da hab ich

00:13:36: gedacht, jetzt machst du das." Das ist ja auch ein Grund. Und dann

00:13:39: hat er das gemacht. Und dann hat Eilert das gemacht.

00:13:42: Danke. Nachdem sich dann auch noch ein Betreuer gefunden

00:13:45: hatte, bestand die größte Herausforderung darin, ein

00:13:48: komplettes Team mit elf Spielerinnen aufzustellen. Ein

00:13:52: Handball-Team, also ein Hallenhandball-Team, bestand ja

00:13:55: nur aus sieben Spielerinnen, das war natürlich zu wenig.

00:14:00: Und Monika, die im neu gegründeten Team schnell zur

00:14:03: Kapitänin und Wortführerin aufgestiegen war, führte nicht

00:14:06: nur alle Verhandlungen mit dem FC St. Pauli, sondern

00:14:09: rekrutierte auch aktiv neue Spielerinnen.

00:14:12: "Also ich weiß nicht mehr genau wie es kam, aber irgendjemand

00:14:16: bei uns im Verein erzählte dann, dass es Damen gab

00:14:19: auf St. Pauli aus dem "Camelot" aus dem Damenclub, die Fußball

00:14:23: gespielt haben in ihrer Freizeit. Und dann haben wir zu

00:14:26: denen Kontakt aufgenommen und haben uns mal mit denen

00:14:29: getroffen und merkten, dass das irgendwie gut funktioniert hat

00:14:33: mit uns. Wir waren auf einer

00:14:35: Wellenlänge, wir haben gemerkt, dass wir das gleiche Interesse

00:14:38: haben, der Fußball stand bei uns im Vordergrund und wir

00:14:41: wollten möglichst viel erreichen und vor allen Dingen fanden wir

00:14:45: die Idee ganz toll, dass es jetzt bald beim FC St. Pauli

00:14:48: eine Damenmannschaft gibt." Monika war nicht nur eine

00:14:50: engagierte Sportlerin, sie war auch Frontfrau in Deutschlands

00:14:54: erster weiblicher Beat-Band "The Kids". Am Schlagzeug saß damals

00:14:57: mit Regina Gronenberg eine wirklich talentierte

00:14:59: Fußballerin, die hat aber damals für Sperber gespielt.

00:15:03: Und weil Monika und Regina in unterschiedlichen Vereinen aktiv

00:15:06: waren, kam es immer wieder zu Terminproblemen, bis der Manager

00:15:09: irgendwann die Reißleine zog. Und die Ansage war dann ungefähr

00:15:12: sinngemäß, "wenn Ihr unbedingt Fußball spielen wollt, dann tut

00:15:15: es wenigstens im selben Verein".

00:15:17: Regina war eigentlich ganz happy bei Sperber und wollte gar nicht

00:15:21: ans Millerntor wechseln, aber für Monika kam es überhaupt

00:15:24: nicht in Frage, das Projekt Frauenteam beim FC St. Pauli

00:15:27: direkt wieder aufzugeben. Also setzte sie sich durch. "Ja, nun

00:15:30: kam das Thema,

00:15:31: wer wechselt? Und da ich in diesem Fall ausnahmsweise gesagt

00:15:34: hab, ich geb nicht nach, für mich kam nur der FC St. Pauli

00:15:38: in Frage, ich hab die Mannschaft da gegründet, mein Herz hing

00:15:41: daran, musste Regina wechseln und ich hab mich einmal

00:15:44: durchgesetzt. Ich war wie gesagt der Bandleader und ich war ja

00:15:47: auch noch die Mannschaftsführerin und da hab

00:15:49: ich mal einmal nicht nachgegeben und hab gesagt, nein, da musst

00:15:52: Du zu uns kommen. Und schweren Herzens hat sie das dann auch

00:15:55: getan, dafür bin ich ihr ehrlich gesagt sehr dankbar gewesen." Ich glaube,

00:16:00: die Dankbarkeit war auch angemessen, weil Regina da auch

00:16:03: wirklich ein Stück weit ein Opfer gebracht hat.

00:16:06: Bei Sperber gab es nämlich wesentlich bessere Trainings- und

00:16:09: Spielbedingungen für Frauen, weil der Vorstand den Fußball

00:16:12: der Frauen auch aktiv unterstützt hat. Ihr war aber

00:16:14: auch klar, dass Monika niemals zu Sperber gewechselt wäre.

00:16:19: "Das war keine Option. Monika war durch und durch St. Paulianerin,

00:16:23: die also schon da Handball gespielt hat beim FC St. Pauli,

00:16:26: die da wahnsinnig viele kannte und Monika war außerdem die

00:16:30: entscheidende Kraft auch für den Damenfußball im FC St. Pauli.

00:16:34: Also das hätte sie alles aufgeben müssen, um bei Sperber

00:16:37: vielleicht dann, ums vorsichtig zu sagen,

00:16:40: nicht spielen zu können." Die FC St. Pauli-Spielerinnen mussten am

00:16:43: Anfang auf einem Platz auf dem Heiligengeistfeld trainieren,

00:16:46: dessen Bodenbelag nicht aus Grand, sondern eher so aus

00:16:49: Bauschutt bestand. Sie durften sich auch nicht im

00:16:52: Vereinsheim umziehen.

00:16:54: Sie mussten die Umkleidekabinen an der Feldstraße nutzen, und

00:16:57: das haben die alles auf sich genommen. Das muss man sich auch

00:17:00: mal vor Augen führen. Dieses Mobbing, ich denke, das ist der

00:17:03: richtige Begriff, ließ dann erst nach, als die Frauen anfingen,

00:17:06: Erfolge zu feiern, und die Zuschauer*inneneinnahmen stiegen.

00:17:09: Falls Ihr dazu mehr wissen wollt, hört doch gern noch mal

00:17:12: die erste Folge dieses Podcast rein, da habe ich das alles ein

00:17:14: bisschen ausführlicher noch erzählt.

00:17:19: In der Saison 71/72 lief es für die St. Paulianerinnen

00:17:22: sportlich ziemlich gut. Dass sich zum Anpfiff regelmäßig elf

00:17:25: Spielerinnen fanden, war aber zu großen Teilen Monika zu

00:17:28: verdanken, die ist wirklich morgens noch auf den Kiez und

00:17:31: ins "Camelot" gegangen und hat Frauen dazu

00:17:34: überredet, zum Training beziehungsweise zum Spiel zu

00:17:37: kommen, ohne Schlaf direkt aus der Bar, direkt von der Arbeit.

00:17:40: Da kann man sich ja schon vorstellen, was

00:17:43: Monika für eine Überzeugungskraft auch besessen

00:17:46: haben muss.

00:17:48: Leider war 1972 für Monika gesundheitlich kein gutes Jahr.

00:17:52: "Schon lange mit Rückenschmerzen

00:17:55: zu tun und bin dann im März 1972 das erste Mal an der Wirbelsäule

00:17:59: operiert worden und fiel dadurch länger aus. Ich war natürlich

00:18:02: auch immer so ein bisschen eine Stütze für die ganze Mannschaft,

00:18:06: habe alles zusammengehalten und irgendwie war das natürlich

00:18:09: inzwischen auch so, dass die anderen aufgeholt haben und auch

00:18:12: immer besser wurden, unsere Spielergebnisse waren nicht mehr

00:18:16: so hervorragend und wir bekamen leider auch Probleme, die

00:18:19: Mannschaft immer voll zu bekommen.

00:18:22: Und ich schätze mal, dass das wohl alles da mit reinspielte.

00:18:25: Ich war wie gesagt selber dann ja eine ganze Weile nicht dabei,

00:18:28: aber irgendwie haute auf einmal alles nicht mehr hin und es kam

00:18:32: dann wohl nachher zur Auflösung der Mannschaft." Also in dem

00:18:35: Moment, in dem Monika krankheitsbedingt nicht mehr

00:18:37: spielen und vor allem nicht mehr vor Ort sein konnte, ist auch

00:18:41: wirklich dieses Team auseinandergefallen. Sie war am

00:18:43: Ende diejenige, die alles zusammengehalten hat und diese

00:18:46: Rolle konnte oder wollte auch sonst niemand anders ausfüllen.

00:18:51: Also ohne Monika, das kann man wohl wirklich so sagen, hätte es

00:18:54: 1970 kein Frauenteam beim FC St. Pauli gegeben.

00:18:57: Sie hat mit der Vereinsführung verhandelt, sie hat sich gegen

00:19:00: alle Widerstände durchgesetzt, sie hat ein Team aufgebaut und

00:19:04: zusammengehalten, und dazu braucht es, glaube ich, eine

00:19:07: extrem starke Persönlichkeit. Und genau deswegen wollte ich

00:19:10: die Geschichte heute noch mal erzählen.

00:19:13: Aber dann hat es natürlich, das haben wir ja auch schon

00:19:16: gehört, die Geschichte, ja dann wirklich noch 16-17 Jahre

00:19:20: gedauert ungefähr, bis es wieder ein Frauenteam beim FC

00:19:23: St. Pauli gab, also schon eine lange, lange Phase, wo das

00:19:27: komplett darniederlag. Bis es dann die die legendäre Ansage von Hans

00:19:31: Apel, Verteidigungsminister a.D. und SPDler.

00:19:36: ich lehne mich, glaube ich, nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, eher so die

00:19:39: konservative Front der SPD, der auf die Frage, ob man denn jetzt

00:19:43: Frauenfußball beim FC St. Pauli wieder einführen würde,

00:19:46: gesagt hat, "Nee, das geht nicht, weil dann müssten wir neue

00:19:49: Sanitäranlagen bauen."

00:19:53: Wurde dann aber trotzdem gemacht.

00:19:55: Ja, weil die Frauen dann auch eine relativ starke Persönlichkeit

00:19:59: hatten. Offensichtlich, ja. Ja, das stimmt wohl.

00:20:02: Ich mische mal wieder.

00:20:06: Und lese und zeige euch, Christoph. Platz Zwei, kommt mir

00:20:10: auch beim bekannt vor.

00:20:13: Aber ja.

00:20:16: Auch ich hab natürlich für unsere Folge zum losen

00:20:20: Themenkreis

00:20:23: Markante Personen, Spieler*innen mit spannenden Geschichten,

00:20:26: Schrägstrich Personenkult, etwas mitgebracht, denn wie Oke

00:20:30: Göttlich nicht müde wird zu betonen, ist der Personenkult

00:20:33: beim FC St. Pauli hochzuhalten und es gibt nichts Wichtigeres

00:20:37: als diesen. Nein, also hoffe ich sehr, dass Oke...

00:20:40: Hat er so gesagt hat, er sagt ja eher das Gegenteil, aber

00:20:44: wie wir alle wissen, ich sag nur Leo Manzi oder Bernhard Olck und

00:20:48: so weiter hat der FC St. Pauli dann doch immer mal wieder so

00:20:51: den einen oder anderen

00:20:53: Kult in Anführungsstrichen hervorgebracht natürlich. Das

00:20:56: war natürlich auch oft sehr ironisch gebrochen und dadurch

00:21:00: natürlich auch gerade sehr sympathisch dann auch wieder.

00:21:03: Also ich glaube, das hat schon eine andere Kategorie als jetzt

00:21:06: die Anbetung, die einem Cristiano Ronaldo oder so

00:21:09: entgegen schlägt. Die meisten Held*innen der braun-weißen

00:21:12: Geschichte sind doch in irgendeiner Weise ironisch

00:21:14: gebrochen oder haben die eine oder andere Verschrobenheit

00:21:18: aufzuweisen. Ich glaube, mein Spieler

00:21:20: des Tages, sage ich jetzt einfach mal, hat davon auch einiges

00:21:23: mitgebracht. Er hat auch eine solide Einstellung zu

00:21:26: Höhenflügen und brachte zwischen 1951 und 1964 einen Hauch von

00:21:30: Marlon Brando ans Millerntor, so stand das jedenfalls in der

00:21:33: Presse, und da muss es ja auch stimmen. Entschuldigung, 1964

00:21:36: oder? Habe ich mich versprochen? genau 1951 bis 1964, 13 Jahre ein

00:21:40: Hauch von Marlon Brando am Millerntor, womit sich die

00:21:43: Presse übrigens ausdrücklich auf den Brando der Frühzeit bezog,

00:21:47: der sah ja doch noch mal deutlich anders aus als der

00:21:50: Brando der

00:21:50: "Apocalypse Now"-Zeit und auch schon der Brando der

00:21:54: "Paten"-Zeit, den gab es damals ja auch noch gar nicht. Offenbar

00:21:58: maßen viele meinem Kandidaten einen Glamour bei, den ebenso

00:22:01: viele nicht unbedingt mit dessen Zeit verbinden, weil die

00:22:04: Wunderelf der Nachkriegszeit, die hat sich ja

00:22:07: nun allmählich aufgelöst, Anfang der 50er-Jahre. Große Erfolge

00:22:10: waren in den Fünfzigern auch die Ausnahme. Ihr könnt das auch in

00:22:14: unserer Folge über Trainer nachhören übrigens, wo ich von

00:22:17: Heinz Hempel erzähle, dem Rekordtrainer des FC St.

00:22:20: Pauli.

00:22:20: Der FC St. Pauli spielte damals zwar oben mit, aber meist

00:22:24: eben nicht ganz oben. Und trotzdem gab es in seinen Reihen

00:22:27: markante Spieler wie diesen. Neben 258 Erstligaspielen in der

00:22:30: Oberliga Nord und sechs Zweitligaspielen in der

00:22:33: Regionalliga brachte er es zu gleich

00:22:35: zwei Einträgen in die auch heute noch empfehlenswerten FC St.

00:22:40: Pauli Vereinsenzyklopädie von Ronny Galczynski und Bernd

00:22:44: Carstensen, einmal unter Harry Wunstorf und einmal unter

00:22:49: Krähen.

00:22:51: Krähen? Genau, das hatte ich ja gehofft, hab ich mich auch erst

00:22:55: gefragt. Ja genau, Krähen also.

00:22:59: "Ich habe Anlass zu glauben, dass mir Krähen Glück bringen", fand

00:23:02: Harry Wunstorf, Stammkeeper des FC St. Pauli in der Nachwunderelf-

00:23:06: Ära und damit Inhaber einer Position, auf der nach gängigem

00:23:09: Klischee Genie und Wahnsinn bekanntlich in besonders enger

00:23:13: Nachbarschaft leben. Der Krähenglaube des Harry Wunstorf

00:23:16: war natürlich eine vollkommen vernünftige Sache, und die hing

00:23:20: mit einer Oberliga-Partie bei Holstein Kiel zusammen, im Januar

00:23:23: 1954 war das. Auf einem Rastplatz hatte sich die erste Krähe auf

00:23:27: den Mannschaftsbus gesetzt.

00:23:29: Auf Wunstorfs Kasten auf dem Platz dann die nächste. Nach der

00:23:33: Heilzeitpause wieder eine. Endergebnis 5:4 für braun-

00:23:37: weiß und das nach dramatischem Spielverlauf. Frühe 2:0-Führung,

00:23:41: wildes Hin und Her aus Führung und Ausgleich, in der 85. das 4:4

00:23:45: der Kieler, in der 87. das 5:4 für braun-weiß durch Alfred "Coppy"

00:23:50: Beck, das konnte natürlich kein Zufall sein.

00:23:54: Also die Krähe und Harry Wunstorf eng verbunden. Aber vier

00:23:57: Gegentore, Entschuldigung. Ja, aber das war ein

00:24:00: mannschaftsdienlicher Typ. Lieber 5:4 als 1:0.

00:24:04: Die Krähe hat den Sieg gebracht.

00:24:07: Die 0 hat die Krähe eindeutig nicht gebracht. In anderen

00:24:09: Spielen von ihm vielleicht schon. Aber ja, das ist Harry

00:24:12: und die Krähe, extra nachzulesen auch in der Vereinsenzyklopädie

00:24:15: und das ist natürlich schon schön, dass die

00:24:18: Geschichte mit der Krähe und dass die es tatsächlich dann

00:24:20: auch in ein Fußballlexikon schafft.

00:24:24: Dass die da ist und das ist nur eine von unzähligen Storys über

00:24:27: Harry Wunstorf. Eine andere ist fast schon ein Fall für "XY

00:24:31: ungelöst" aus einer Zeit, als das Publikum den Spielern noch viel

00:24:34: näher war als heute, hier auf dem Zollinlandplatz zu Bremerhaven.

00:24:38: Der kurioseste Gegentreffer in Harry Wunstorfs Karriere, in

00:24:42: seinen eigenen Worten: "Neben dem Pfosten steht ein Zuschauer,

00:24:45: haut den Ball mit der Hand ins Tor und haut ab und das Tor

00:24:49: zählte, der Schiri hat das nicht gesehen.

00:24:52: War ein Ding, das wurde auch gefilmt und dann hat man nachher

00:24:55: gesehen, wie der stand. Das war ein riesen Zoff. Monatelang war

00:24:59: da Theater, diesen Zuschauer tauften die Medien dann den

00:25:02: schwarzen Mann vom Zollinland." Man hat ihn aber nie gefasst,

00:25:05: diesen Zuschauer, der also

00:25:07: dem Harry da den Ball in den Kasten bombte. Das Tor ist dann

00:25:11: ist die Statistik eingegangen. Also ja,

00:25:16: kann schon mal passieren. Aber als was dann, als Eigentor oder

00:25:19: als Tor eines imaginären Gegenspielers? Das müssen wir

00:25:22: tatsächlich dann nochmal nachgucken, denn aus der

00:25:24: damaligen Zeit sind die Spielbögen im Internet nicht

00:25:27: unbedingt komplett zu finden. Es kommt wahrscheinlich darauf an,

00:25:30: aus welchem Lager der Fan kam. Eben, und das weiß man ja nicht,

00:25:34: also tatsächlich eine ganz interessante Frage, auch aus

00:25:36: fußballstatistischer Sicht. Naja und wenn nichts passierte, das

00:25:40: ist ja das Schöne, sorgte Harry Wunstorf dafür, dass etwas

00:25:42: passierte.

00:25:44: Wenn der Spielverlauf es erlaubte, gab er gern schon mal

00:25:47: während der Partie Autogramme. Also nicht während der Pause,

00:25:49: während der Partie. Normal

00:25:52: Kaufte sich beim Eisverkäufer neben dem Torpfosten eine Cola

00:25:55: oder ließ sich eine Zigarette aus dem Publikum reichen, um

00:25:57: lässig einige Züge zu rauchen.

00:26:01: Nie die ganze Zigarette übrigens, erzählt Wunstorfs

00:26:03: Mannschaftskamerad Uwe Stothfang, sondern höchstens zur Hälfte,

00:26:06: weil, so sagte das Harry Wunstorf "in der andere ist doch

00:26:09: Nikotin drin."

00:26:11: Genau, im Mundstück. Dinge einfach so zu machen wie

00:26:15: alle anderen sie machten, das war Harry Wunstorfs Sache nicht.

00:26:19: Noch mal Uwe Stothfang, diesmal in seinen eigenen Worten im O-

00:26:22: Ton.

00:26:23: "Wenn wir Steak essen wollten. Ich sag das jetzt mal ganz knapp, dann

00:26:27: wollte Harry nur Nudelsuppe essen.

00:26:31: Wenn wir

00:26:33: alle Bier trinken, hat Harry Kaffee getrunken und wenn wir

00:26:37: gesagt haben, elf Kaffee, dann hat Harry ein Bier gezogen, also

00:26:41: ganz krass.

00:26:43: Immer dagegen. Also er war schon Individualist, aber er ist

00:26:47: offensichtlich seinen Kollegen nicht so richtig doll auf die

00:26:51: Nerven gegangen, sondern eher so liebenswerter Exzentriker.

00:26:55: Der zudem als Erster in der Mannschaft ein Auto besaß. Ein,

00:26:59: Zitat Harry Wunstorf "Alten VW, gebraucht mit Zwischengas."

00:27:03: Zwischengas ist übrigens, falls Ihr das genauso wenig wisst wie

00:27:06: ich,

00:27:08: Gas, das der Kraftfahrer beim Schalten von einem höheren in

00:27:11: einen niedrigeren Gang zwischen Kuppeln und

00:27:14: Schalten gibt, um bei nicht synchronisiertem Getriebe ein

00:27:17: geräuschloses Schalten zu erzielen.

00:27:20: Klingt kompliziert. Würde ich auch sagen. Kann man das nicht

00:27:23: einfacher haben? Herzlich willkommen zu

00:27:25: Mechatronikergeschichten.

00:27:28: Auto, Motor und Sport. Das n nicht in Klammern. Wir überlegen

00:27:32: schon längere Zeit auch noch Neben-

00:27:35: Podcast aufzumachen, also so Marie Kondo mäßig Aufräum-

00:27:39: Podcast auf jeden Fall auch. Und dann das auch. Unsere Autos,

00:27:42: Zwischengas. Jedenfalls zu einer Zeit, in der Privatautos

00:27:45: noch die Ausnahme waren, muss der gebrauchte VW mit

00:27:48: Zwischengas eine ähnliche Wirkung gehabt haben wie später

00:27:51: der berühmt-berüchtigte Ferrari von Günther Netzer. Einige Jahre

00:27:55: später leistete Harry Wunstorf sich einen englischen MG, der

00:27:58: deutlich mehr hermachte.

00:28:01: "In dem fuhr er immer alleine, während die Mannschaft im Bus

00:28:04: fuhr", erinnert sich Stürmer Peter "Oschi" Osterhoff. "So war der

00:28:08: Harry". Was Harry Wunstorf unterdessen auch war, "ein Pfundskerl,

00:28:11: echter Berliner, Lebemensch, Luftikus, ehrliche Socke, im

00:28:14: guten Sinne ein Spinner", so einfach mal ein paar

00:28:17: zusammengewürfelte Urteile seiner Mitspieler, jeder hatte eins.

00:28:21: Haben wir dann bei den Arbeiten fürs Jubiläumsbuch festgestellt

00:28:24: und, so Otmar Sommerfeld, "ein sehr guter Torwächter". Also

00:28:27: immerhin auch das. Besonders auf der Linie war Wunstorf stark,

00:28:31: was er auf den Beginn seiner Karriere zurückführte. "Zuerst

00:28:34: war ich ja Handballtorwart", berichtet Wunstorf, "und der

00:28:36: steht ja auf der Linie und verkürzt den Winkel, später habe

00:28:39: ich natürlich auch das Rauslaufen gelernt". Handball. Da

00:28:42: ist es wieder. Da verbinden sich die Geschichten. Schon. Da ist es

00:28:45: wieder. Ich glaube, wir hatten auch so den einen oder anderen

00:28:48: Handball-Keeper in der Geschichte des FC St. Pauli

00:28:51: auch. Wenn wir

00:28:52: mal überlegen, welche Keeper stärker auf der Linie

00:28:55: waren, waren so ein paar. Robin Himmelmann.

00:28:58: Ich wollte jetzt, aber gut. Viel Glück beim KSC an dieser Stelle.

00:29:01: Ja, schönen Gruß auch. "Mit tollkühnen Paraden und

00:29:04: gewagten Hechtsprüngen rettete Harry Wunstorf so manchen Punkt

00:29:08: und war auch hier stets auf seine Wirkung bedacht", so

00:29:11: Herbert Kühl, damals Teil der braun-weißen Verteidigung.

00:29:14: O-Ton: "Harry war ein guter Torwart, aber

00:29:18: Harry machte schon mal, dass er einen halben Schritt nach rechts

00:29:21: ging, um nach links weiter fliegen zu können, dass

00:29:24: das besser aussieht." Da darf man sich dann auch einen einigermaßen

00:29:27: verzweifelten Trainer Hempel vorstellen, weil wenn der

00:29:30: Torwart natürlich fliegt, muss der Torwart dann auch wieder

00:29:33: aufstehen, was dann dazu führt, dass der Torwart eine ganze

00:29:36: Weile lang nicht weiter im Strafraum agieren kann, also gab

00:29:40: es wohl öfter mal Wortgefechte, das hättest Du auch

00:29:43: anders machen können. Nee, den konnte ich nur so

00:29:45: kriegen. Na gut. Weil die beiden verstanden sich wohl ganz

00:29:49: gut und wenn Harry sagte, der ging nur so, dann ging der da

00:29:52: wohl irgendwie nur so und Heinz Hempel hat da wohl nicht so ganz

00:29:56: hart gegenregiert. Jedenfalls durfte Harry, die Krähe, the Crow,

00:30:00: weiter fliegen anders wäre es sein Wesen, glaube ich, auch gar

00:30:04: nicht gemäß. Harry muss fliegen.

00:30:07: Harry muss fliegen, genau schön auch. Nicht umsonst war er auch

00:30:09: so lange dann Torwart, da muss er ja schon irgendwie was

00:30:12: gekonnt haben zwangsläufig. Er war eben auch tatsächlich die

00:30:15: ganze Hempel-Zeit war er halt die Nummer 1. Auch deswegen,

00:30:18: weil sein Konkurrent Hansi Thoms zwar als ebenfalls sehr fähiger

00:30:21: Keeper galt, aber

00:30:22: immer so ein bisschen Pech hatte, dass er in zum Beispiel

00:30:25: Aufstiegsrunden-Spielen oder so, also irgendwelchen wichtigen

00:30:28: Spielen mal einen Bock schoss und deswegen haben ihm seine

00:30:30: Mitspieler so ein bisschen auch den Ruf beigegeben, leider auch

00:30:33: die Medien, dass sein Nervenkostüm nicht das Festeste

00:30:36: sei.

00:30:38: Wie fair das war, keine Ahnung. Aber später... Die Nerven, die Nerven.

00:30:41: Als dann der neue Trainer Westphal kam, hatte er dann eben

00:30:45: tatsächlich nur sechs Einsätze und dann lag es wohl auch ein

00:30:48: bisschen daran, dass der Trainer ein bisschen weniger Ecken und

00:30:51: Kanten auch ganz gut gefunden hätte.

00:30:55: Aber Wunstorf, Frühgeschichte, muss man unbedingt auch noch mal

00:30:59: erzählen, denn der hätte schon 1948 beinahe gegen die braun-

00:31:03: weiße Wunderelf gespielt. Damals war Harrys Handballphase vorbei,

00:31:07: er spielte für Union Oberschöneweide, Vorgängerverein

00:31:10: von Union Berlin. Oberschöneweide wiederum war

00:31:13: 1948 bekanntlich Viertelfinalgegner des FC St.

00:31:16: Pauli in der Endrunde zur Deutschen Meisterschaft. Vor

00:31:19: ausverkauftem Olympiastadion siegten die Wonderboys in Brown

00:31:23: mit 7:0.

00:31:24: Das wäre eine fürchterliche Schmach für Wunstorf gewesen, wenn, wenn

00:31:28: er da nicht gerade im Knast gesessen hätte.

00:31:32: Ok, das ist ein Grund. Ja, das war nämlich so. "Ja, ich hatte

00:31:35: Filme geschmuggelt und da haben sie uns erwischt", erinnerte

00:31:38: sich Harry Wunstorf 2008, "und dann habe ich vier Wochen

00:31:41: bei der GPU gesessen." Das heißt jetzt nicht Graphics Processing Unit

00:31:44: oder es heute heißt, wo Nvidia damit glaub ich zum

00:31:47: teuersten Unternehmen der Galaxis geworden ist. Nein, also

00:31:51: er hat vier Wochen bei der GPU gesessen, das war der

00:31:54: Geheimdienst der Sowjetunion, denn er hat eben sich beim

00:31:57: Filme schmuggeln erwischen lassen und das war dann nicht

00:32:00: gewünscht. In vier Wochen hat Harry 15 Pfund abgenommen, das war

00:32:04: schlimm, das war damals die Nachkriegszeit. Was waren das

00:32:07: für Filme? Das hat er leider nicht gesagt.

00:32:10: Also ich weiß nicht, ob es in irgendeiner Weise Erwachsenen-

00:32:13: Filme waren oder Spielfilme mit aus russischer Sicht. Oder

00:32:16: Mikrofilme von Geheimdokumenten, das kann jetzt ja

00:32:19: alles sein. Ich hoffe jedenfalls, es war keine NS-

00:32:22: Propaganda, ich glaub auch nicht, das wäre eher

00:32:25: uncharakteristisch gewesen, also er hätte sich dann

00:32:28: glaube ich eher was gesucht mit dem man tatsächlich Geschäfte

00:32:31: machen kann und weniger so ein Nazi-Netzwerk aufgebaut.

00:32:34: Dann Erwachsenenfilme.

00:32:36: Möglicherweise. Auf jeden Fall war es eins nicht, Obst. Er war

00:32:39: nämlich nach eigenen Angaben Obstfan, und da ist jetzt

00:32:42: also nicht die Computermarke, die

00:32:45: es ja auch gibt mit einem Obst, gemeint. Nee, er war

00:32:48: radikaler Obstfan, hat wahnsinnig viel Obst gegessen in

00:32:51: der Nachkriegszeit, wahrscheinlich auch wegen

00:32:53: Entbehrung vorher, das muss die Hölle gewesen sein,

00:32:57: dann also in diesem Sowjetknast gesessen zu haben, weil die von

00:33:00: Harry Wunstorf leidenschaftlich gern gegessenen Apfelsinen aus

00:33:03: der Dose, damals kostete eine Dose stolze 1,95 DM, wurden da

00:33:07: sicherlich nicht gereicht. Später beim FC St. Pauli war

00:33:10: übrigens sein höchstes Jahresgehalt nach eigenen

00:33:12: Angaben 580 DM.

00:33:13: Das heißt also, wenn man 1,95 DM im Vergleich setzt,

00:33:17: die Apfelsinen waren schon recht teuer, also er gönnte sich auch

00:33:21: gerne mal was, war dann auch gerne mal knapp bei Kasse, auf

00:33:25: der anderen Seite auch gerne mal großzügig.

00:33:29: Er arbeitete auch neben dem Fußball, wie die meisten Spieler

00:33:32: ja auch. Zunächst im Hafen, später als Zeitungsfahrer und an

00:33:35: der Druckmaschine beim, ausgerechnet, Springer-Verlag.

00:33:37: Immerhin war er kein Redakteur, auch einen Zigarettenladen hat er

00:33:40: nach Karriereende zeitweilig besessen. Aber Fotograf war er

00:33:43: auch. Er hat auch fotografiert, das ist richtig.

00:33:46: Für Springer sozusagen. Hat er selber tatsächlich aber nicht

00:33:49: als seinen Beruf genannt. Das war da wohl eher so

00:33:52: Zubrot, hat er wohl eher als bezahltes Hobby

00:33:55: verstanden. Mal ein paar schicke Fotos unterbringen. Ja, die

00:33:58: waren tatsächlich, ein paar sind noch erhalten, war

00:34:02: nicht ganz unbegabt. Auf der einen Seite galt Harry Wunstorf

00:34:04: bei seinen Mannschaftskameraden als großzügig, kam also auch

00:34:07: schon mal mit einer Runde Würstchen in die Kabine. Auch

00:34:10: mal zur Halbzeitpause, glaub ich. Spontane Partys in seiner

00:34:13: Wohnung. Nach der dritten Bockwurst ging es gegen Göttingen.

00:34:16: Aber wenn man schon so 2-3 Cola und ne Schachtel Zigaretten

00:34:19: drin hat. Er war auf der anderen Seite aber auch als Mundräuber

00:34:22: verschrien, er hatte, so erzählt das Herbert Kühn, die

00:34:25: Eigenschaft bei anderen auf den Teller zu grabschen, also das

00:34:28: Essen.

00:34:29: Schwein. Genau, kam bei Harrys

00:34:32: Mannschaftskollegen Otmar Sommerfeld nicht ganz so gut an.

00:34:35: Als Wunstorf eines Tages nach mehrfacher Warnung schon wieder

00:34:39: auf Sommerfelds Teller zulangte, haute er laut Herbert Kühl "mit

00:34:42: dem Messer zu, danach war sein Schinkenbrot sicher."

00:34:47: Und Harry Wunstorf? "Ja", meinte Herbert Kühl dann trocken, "der

00:34:50: konnte 1-2 Spiele nicht spielen." Also ich würde sagen,

00:34:53: in der Konkurrenz mit Franz Gerber um die originellste

00:34:55: Spielerverletzung ziemlich weit vorne und irgendwer hatte auch

00:34:58: mal eine Waschmaschine auf die Füße gekriegt, glaube ich in der

00:35:01: Vereinsgeschichte.

00:35:03: Jens Scharping. Ja, Scharping. Beim Umzug geholfen

00:35:06: irgendwo und dann... Vom Mitspieler beim Essen

00:35:09: attackiert, weil man klauen wollte ist auch schon nicht ganz

00:35:12: ohne. Harry war nicht nur exzentrisch sondern auch hart im

00:35:15: Nehmen, das musste man wohl auch sein in einer Zeit wo anfangs

00:35:19: die Keeper noch ohne Handschuhe spielten, die Bälle dafür aber

00:35:22: mit Nähten versehen waren und es im Strafraum rauer zuging als

00:35:26: heute. Das erzählt Wunstorf dann gleich auch endlich mal in

00:35:29: seinen eigenen Worten mit seiner eigenen Stimme.

00:35:33: Er ist leider 2011 mit 81 Jahren verstorben. Michael Pahl und ich

00:35:35: haben ihn aber bei den Recherchen für "FC St. Pauli - das

00:35:38: Buch" noch kennengelernt, die O- Töne, das kennt Ihr schon aus

00:35:41: dem Podcast vielleicht wenn Ihr öfter gehört hat, die wir damals

00:35:44: aufgenommen haben, das waren halt O-Töne, die waren als

00:35:47: Recherchegrundlage gedacht zum Schreiben, daher auch hier sorry

00:35:50: wegen der Aufnahmequalität, aber so könnt ihr den Marlon Brando

00:35:53: des FC St. Pauli eben auch mal in seinen eigenen Worten hören

00:35:56: 2008 in ich meine damals die "Domschänke" an der Budapester

00:35:58: Straße.

00:36:00: Wie war das damals im Strafraum, Harry Wunstorf?

00:36:03: "Ach ja. Da wurde schon ganz schön rumgekeilt.

00:36:06: Wenn ich heute sehe, wenn der Torwart im 16-Meter-Raum hoch

00:36:10: geht,

00:36:11: fängt einen Ball und der Stürmer springt mit und der Torwart

00:36:14: kommt runter und fällt. Dann wird abgepfiffen.

00:36:17: Ist doch uninteressant. Der Torwart ist im

00:36:20: Strafraum Feldspieler". Ja, völlig uninteressant. Er hätte lieber

00:36:23: mehr Ellenbogen im Gesicht wieder heutzutage. Ja er hat an

00:36:26: anderer Stelle auch erzählt, dass er schon auch, also er

00:36:29: brüllte dann, dass er kommt und dann ist er auch losgesprungen,

00:36:32: egal ob Mitspieler in der Nähe war oder nicht. Da hat dann

00:36:35: also auch schon mal jemand aus der eigenen Mannschaft ein

00:36:38: blaues Auge von Harry versehen bekommen. Klingt mehr nach Knochenbrüchen.

00:36:41: Er musste sich auch irgendwie durchsetzen.

00:36:44: Handschuhe waren halt zu Harry Wunstorfs Karrierebeginn noch

00:36:47: unüblich. Immerhin, das änderte sich, Doch die Bälle dann leider

00:36:51: auch, was Harry Wunstorf veranlasste, über technische

00:36:54: Modifikationen an seinem Körper nachzudenken, lange bevor das

00:36:58: Wort Cyborg erfunden wurde.

00:37:01: Später dicke Wollhandschuhe, bei den alten Bällen. Die

00:37:04: neuen Bälle habe ich ja nicht mehr

00:37:06: kennengelernt die neuen Bälle. Da konnte man nicht mit

00:37:09: Handschuhen spielen, weil die ja so

00:37:11: ein Zeug da drauf hatten. Deshalb haben

00:37:16: die hier Gummihandschuhe gehabt. Ich war schon als Torwart schon

00:37:21: mal dabei, mir auf die Finger Gummi zu nähen.

00:37:26: Aber das hat irgendwie nicht geklappt, weil das nicht genäht

00:37:29: werden konnte."

00:37:31: Ich finde das jetzt ziemlich irre Vorstellung. Ja, da sitzt

00:37:34: also Harry Wunstorf am heimischen Nähtisch. Ich hoffe er hat es

00:37:37: nicht selber gemacht. Also es klang fast ein bisschen so,

00:37:40: ein paar Gummilappen nehmen, ein bisschen Garn

00:37:43: und weiß nicht nach wie vielen Fingern er aufgegeben hat, aber

00:37:46: der Cyborg aus Gummi und Mensch ist dann leider doch nicht

00:37:48: entstanden und er griff dann wohl doch nur auf Handschuhe

00:37:51: zurück. Alles für den Club. Harrys allerhärtester Auftritt

00:37:54: allerdings ereignete sich bei einem auch insgesamt unglücklichen Spiel

00:37:57: und hat auch mit einer Ikone eines anderen

00:38:00: nicht ganz so bekannten Hamburger Vereins zu tun.

00:38:04: "Gegen HSV bin ich mal furchtbar zusammengetreten worden von Uwe Seeler hier in die Seite.

00:38:08: Ich hab mich auf den Ball geworfen, Uwe

00:38:12: hat durchgezogen.

00:38:15: Ob es Absicht war oder nicht, weiß ich nicht. Er sagte später,

00:38:19: war nicht mit Absicht, aber jedenfalls war das unschön,

00:38:22: was er gemacht hat." Ganz schön unschön. Das hätte Uwe

00:38:26: nie mit Absicht gemacht. Der Elder Statesman des Fußball lange Zeit. Generell

00:38:29: natürlich möchte ich nichts Böses über Uwe Seeler sagen,

00:38:33: aber dieser Tag war schon hart für Harry. Der Ohnmacht nahe

00:38:36: parierte Harry Wunstorf noch einige Bälle bis er 25 Minuten

00:38:40: später ins Krankenhaus gefahren werden musste. Mit Feldspieler

00:38:43: Harald Ramm im Tor, Auswechselspieler waren

00:38:46: zu dieser Zeit noch nicht erlaubt, verlor St. Pauli 0:5 im Derby

00:38:50: gegen den HSV. Wunstorf wurde übrigens im

00:38:53: Krankenhaus geröntgt, ergebnislos. "Das Kreuz war ja

00:38:56: noch dran", meinte er lakonisch.

00:39:00: Ja, das Kreuz hat Uwe Seeler immerhin noch dran gelassen. Er war

00:39:03: wirklich bei ganz vielen Sachen dabei, nicht nur bei

00:39:06: Tiefpunkten, auch bei ja gewissermaßen Höhepunkten, zum

00:39:09: Beispiel beim legendären Hamborn- Spiel, von dem Celina ja in

00:39:13: unserer Folge 14 über Titel und Trophäen erzählt hat. FC St.

00:39:16: Pauli gegen Sportfreunde Hamborn 07, das erste Live-Fußballspiel

00:39:20: im deutschen Fernsehen, Harry Wunstorf war dabei, das muss

00:39:23: doch was ganz Besonderes gewesen sein, oder Harry?

00:39:27: "Nein, alles nix aufregendes, da haben

00:39:31: wir nichts gemerkt davon, die saßen ja oben auf dem

00:39:35: Bunker von oben.

00:39:38: Es gab ja nur eine Kamera. Oben vom Bunker wurde das Spiel

00:39:41: gefilmt."

00:39:43: Es gab nicht nur eine Kamera auf dem Bunker. Ich glaube, es war

00:39:47: Harry einfach scheißegal, ehrlich. Es gab ja auch Fotos

00:39:50: von den Kameraleuten am Spielfeld. Auf jeden Fall

00:39:53: wuschi wuschi als Sound der Geschichte, wie sie an uns

00:39:56: vorbeikommt, das kann man sich, glaube ich, gut merken. Dass die

00:39:59: Spieler im Vorwege nichts davon wussten kann ich

00:40:02: mir vorstellen im Zweifel, also dass sie einfach nichts

00:40:05: mitgekriegt haben oder so. Das Spiel war

00:40:09: halt nicht nur nichts Besonderes für Harry, sondern es

00:40:13: führte sogar dazu, dass Nationaltrainer Sepp Herberger

00:40:16: Harry Wunstorf endgültig von seiner Liste strich. Auf der

00:40:20: nämlich hatte der ebenso exzentrische wie eben auch

00:40:23: auffällige Harry Wunstorf 1952 gestanden.

00:40:27: Rechtzeitig vor der WM 1954 also. Doch als Harry Wunstorf

00:40:31: 1952 sein Können in der B- Nationalmannschaft unter Beweis

00:40:34: stellen sollte, untersagte FCSP-Präsident Koch, ihm die

00:40:38: Länderspielreise. Der zweite FCSP-Keeper Kowalkowski litt

00:40:41: kriegsbedingt unter Gelenkrheuma und war nicht fit und so stand

00:40:45: Harry Wunstorf statt im Länderspiel gegen die Schweiz im

00:40:48: Pokalspiel gegen Hamborn zwischen den Pfosten.

00:40:52: Das hat er nie ganz verbunden, wie er selbst erzählt. "Ich hab

00:40:55: zu Hause gesessen und geheult. Wer bei Herberger abgesagt hat, kam

00:40:58: nie wieder dran.

00:41:01: War sein Prinzip.

00:41:03: Hat er immer durchgezogen all die Jahre.

00:41:09: Man denkt manchmal daran und ärgert sich auch, dass das alles so

00:41:12: gekommen ist."

00:41:15: Tja, dann also war es doch Ingo Porges, der dann nach dem Krieg

00:41:19: zum ersten Nationalspieler wurde, ansonsten Coolness,

00:41:22: Auftreten, Exzentrik und auch ein Hauch braun-weißer

00:41:26: Tragik. Harry Wunstorf hatte alles, also ja, ich denke an

00:41:29: meinen Spieler des Tages und denke er hat die braun-weiße

00:41:33: Vereinsgeschichte auf jeden Fall ein bisschen bunter gemacht. Das

00:41:37: kann man definitiv so sagen. Zu Zeiten des schwarz-weiß-Bildes im

00:41:40: Fernsehen. Und der schwarzen Krähen. Eine echte Leistung, aber wenn

00:41:44: einer ein schwarz-weiß-Bild farbig gekriegt hat,

00:41:46: dann Harry Wunstorf. Thomas, möchtest Du einmal erzählen, was

00:41:50: Du vorgestern aus dem Nachlass von

00:41:53: Claus Bubke gezogen hast. Also es gab mal eine Postkarte, ich

00:41:56: glaub das muss so 95/96 irgendwie in der Zeit gewesen

00:42:00: sein, die wurde vom Verein vertrieben oder verschenkt,

00:42:03: verkauft, keine Ahnung, wo ein Luftbild des Millerntor-Stadions

00:42:07: drauf war.

00:42:08: Mit Werbeumrandungen eines Sponsors. Und davon lag da ein

00:42:11: ganzer Stapel drin. Also die, weiß ich nicht, waren wohl

00:42:14: irgendwo übergeblieben und da steht hinten drauf, wer das Foto

00:42:17: gemacht hat und zwar Harry Wunstorf. Ja, das ist eine

00:42:20: Luftaufnahme, sieht aus als hätte er sich aus einem...

00:42:23: Er ist ja auch der Flieger gewesen. Allerdings.

00:42:26: Harry muss fliegen. Bringt ein bisschen Mystizismus in die

00:42:29: Geschichte rein, Harry, die Krähe, seine Seele wandert

00:42:31: vielleicht auch jetzt immer noch. Also wenn ihr irgendwo

00:42:34: eine Krähe in der Nähe des Millerntors sitzen seht, nennt

00:42:37: sie Harry.

00:42:39: Und bietet ihr auf jeden Fall, wenn Ihr noch rauchen solltet. Aber nur

00:42:42: ne halbe Zigarette, aber nur ne halbe Zigarette. Bietet ihr

00:42:45: Obst an, er ist doch Obst-Fan gewesen. Nee, noch schöner,

00:42:48: genau das muss man ja sagen, also er hatte jetzt ja neben dem

00:42:51: Rauchen insbesondere die Leidenschaft des

00:42:53: Dosenapfelsinenobstes, super. Bitte informiert Euch vorher,

00:42:55: ob Krähen das vertragen. Bei einer halben Zigarette mach ich mir keine

00:42:59: Sorgen, wenn das Nikotin hinten drin ist. Ja, aber die

00:43:01: Postkarten sind tatsächlich extrem

00:43:04: cool, ich hab mir den ganzen Stapel gesichert. Ich würde aber

00:43:08: an dieser Stelle vorschlagen, wenn ihr Vorschläge für neue

00:43:11: Podcastfolgen einreicht und die so gut sind, dass wir sie

00:43:14: aufgreifen, kriegt ihr zum Dank von uns eine original Harry

00:43:18: Wunstorf

00:43:19: Luftaufnahmen, altes Millerntor, Postkarte mit 90er-Jahre

00:43:24: Designumrandung.

00:43:27: Das Beste zum Schluss, einer fehlt noch. Zwei fehlen noch. Zwei fehlen noch.

00:43:30: Ja tatsächlich zwei. Ich würde mich jetzt

00:43:33: einfach mal zwischenschummeln und zwischenmogeln, da ich ja

00:43:36: eh die Macht über die Auslosung habe, lose ich mich

00:43:38: mal kurz dazwischen und plaudere ein

00:43:41: bisschen aus dem Nähkästchen dieses Podcast.

00:43:44: Denn ursprünglich hatte die Sendung mal einen ganz anderen

00:43:47: Arbeitstitel. Der hieß nämlich "Lieblingsspieler". Es ist aber

00:43:50: keinesfalls ungewöhnlich, dass sich das im Laufe der Beratungen

00:43:54: auch noch verändert, wie es auch in diesem Fall ist. Das hat

00:43:57: sich ein bisschen erweitert, das Spektrum über wen und was

00:44:00: wir hier erzählen heute, aber ich hatte mir da schon mal meine

00:44:03: Gedanken gemacht und es gab in meiner nunmehr 33 Jahre

00:44:06: währenden, naja, Fankarriere in ganz großen Anführungszeichen,

00:44:09: sicher einige Spieler, die ich lieber mochte als andere, aber

00:44:12: mir wäre jetzt so richtig niemand eingefallen,

00:44:15: über den ich jetzt eine ganze Geschichte erzählen würde oder könnte. Insofern hab

00:44:19: ich mal auf meine eher übersichtliche Trikot-Sammlung

00:44:22: geschaut,

00:44:25: die aber tatsächlich keine Beflockung mit einem

00:44:28: Spielernamen hat. Aber dafür gibt es einige mit Rückennummern.

00:44:31: Und nun gab es ja in meiner Anfangszeit hier noch gar keine

00:44:34: festen Rückennummern, denn die wurden, dann stell ich auch mal

00:44:37: ne Quizfrage. Wann wurden denn die festen Rückennummern

00:44:40: eingeführt? Du meinst fest im Sinne von... Mit Namen und allem. In

00:44:44: den Achtzigern war es. Ich glaub noch

00:44:47: nicht mal Anfang der 90er

00:44:50: ehrlich gesagt. Also jedenfalls André Trulsen fing noch ohne feste

00:44:53: Rückennummer an beim FC St. Pauli zu spielen. Das ist das einzig richtige bisher.

00:44:56: Ich erinnere mich auf jeden Fall noch, dass ich,

00:44:59: Borussia Dortmund 94 oder 95 hatte ein Trikot, wo die

00:45:02: Rückennummer so schräg drauf war und da waren noch keine

00:45:05: Namen drauf. Wer unsere Ausstellung besucht, wird die richtige

00:45:08: Antwort finden, können wir sagen, da wusste ich sie auch noch.

00:45:11: Ich kann sie Euch aber auch jetzt sagen, weil das kann nämlich gut

00:45:14: hinkommen, weil ab 1995 gab es nämlich, ab der Saison 95/96 gab

00:45:17: es nämlich diese festen Nummern, wo dann auch der Spielername auf

00:45:20: den Trikots erschien, wie das

00:45:23: heute immer noch ist und

00:45:26: es war so, der Spieler, dessen Nummer ich dann auf dem Rücken

00:45:30: trug, war schon seit 1991 im Verein, aber ab 1995 trug er dann

00:45:33: nämlich die Nummer 6. Und genau mit dieser Nummer habe ich

00:45:36: tatsächlich drei Trikots. Ist übrigens die Lieblingszahl von

00:45:40: Bert in der Sesamstraße. Es gibt ein tolles Lied darüber. Das ist

00:45:43: ein wertvoller Zusatz, danke schön. Wenn jemand sagt,

00:45:47: hey Bert zieh ne Zahl, dann ziehe ich bestimmt ein jedes Mal die

00:45:50: 6. Am liebsten habe ich die 6. Zitat

00:45:53: Bert.

00:45:55: Danke. Man merkt, wer hier Kinder hat. Grüße an

00:45:59: dieser Stelle an Bert. Wer hier ein Kind war und ich gebe

00:46:03: zu, ich war mal eins. Ich war nie ein Kind.

00:46:08: Genau, ja, drei Stück gleich. Es war nämlich so, der Fanladen

00:46:12: hatte früher immer mal so einen oder sogar mehrere Trikotsätze,

00:46:15: die an Fanclubs verliehen wurden, so für Turniere und da

00:46:18: wurden dann irgendwann mal ältere Trikots aussortiert,

00:46:21: wahrscheinlich weil der neue Ausrüster dann mal ein paar neue

00:46:24: spendiert hat oder ähnliches. Auf jeden Fall habe ich mir da eins

00:46:28: gesichert und zwar das mit der Nummer 6, genau. Das war dieses

00:46:31: weiße Trikot mit den braunen Klaviertasten am Ärmel aus der

00:46:35: Saison 92/93,

00:46:36: Ausrüster Patrick. Was jetzt Puma quasi neu aufgelegt hat.

00:46:40: Ja, also so ansatzweise, genau, das ist glaube ich die Vorlage

00:46:43: Reifenspuren im Schnee. Das war die erste Nummer 6

00:46:47: sozusagen, dann gab es irgendwann mal eine

00:46:49: Sammelbestellung von Rugby- Trikots, ich weiß nicht mehr

00:46:52: wie da der Zusammenhang war oder

00:46:56: wie diese Zusammenarbeit entstanden ist. Auf jeden Fall

00:46:59: hat wohl das Rugby-Team neue Trikots bestellt und wir so

00:47:02: als Fans oder Fanladen-Umfeld konnten uns da ranhängen an

00:47:06: diese Bestellung und

00:47:07: das waren dann wirklich diese schweren Stofftrikots, die auch

00:47:10: das Team getragen hat mit diesem braun-weißen Karomuster. Und da

00:47:13: habe ich mir auch die Nummer 6 bestellt

00:47:15: einfach. Richtig fanatisch gewesen. Ja, uns es geht noch weiter,

00:47:18: weil wir haben da nämlich uns auch für die Übersteiger-

00:47:22: Redaktion eigene Trikots herstellen lassen, relativ früh auch dann

00:47:25: gleich, weiß ich jetzt nicht mehr, so zweites, drittes Jahr.

00:47:29: Und schon da hab ich mir nämlich natürlich auch eins

00:47:31: mitbestellt, weil wir haben nämlich auch öfter mal so Fan-

00:47:34: Turniere mitgespielt, auch mal auswärts. In Hanau haben wir

00:47:37: glaub ich 2-3 Jahre mal am Stück immer im Sommer so ein nettes Fan-

00:47:40: Turnier mitgemacht.

00:47:42: Und das Trikot war dann so rot- schwarz wie der Übersteiger ja

00:47:45: auch mit dem Übersteiger-Logo als Werbeaufdruck und hinten mit der

00:47:49: Nummer und dem Namen oder Kürzel, mit denen die Artikel

00:47:52: unterschrieben waren, also mit den Pseudonymen sozusagen.

00:47:55: Das hatte ich eigentlich überhaupt nicht, bei mir stand

00:47:58: immer thomas unter dem Artikel, allerdings mit einem kleinen T.

00:48:01: Ganz wichtig. Ich dachte mit einer kleinen 6, Nein, das wäre

00:48:04: es noch gewesen, genau, nein, aber auf dem Trikot war

00:48:07: natürlich dann auch die Nummer 6.

00:48:10: Genau. Ein Muster wird klar. Ach so, jetzt natürlich noch mal die

00:48:13: Frage, wer war denn eigentlich dieser Spieler?

00:48:16: Nummer 6. Genau, wer war denn das eigentlich, welches

00:48:20: Jahr? Also vor allen

00:48:23: Dingen ab 95/96 die 6.

00:48:27: Jens Scharping? Der war doch Stürmer, der hatte doch nicht die 6.

00:48:29: Der war auch nicht so lange da und den fand ich auch nicht so

00:48:32: interessant. Stephan Hanke natürlich. Nein, das wäre

00:48:34: interessant gewesen, Nein, es war Torsten Fröhling

00:48:36: tatsächlich.

00:48:38: Weil den hatte ich irgendwie so ins Herz geschlossen, wohl

00:48:42: wegen seiner bei weitem nicht filigranen, aber doch

00:48:45: kämpferisch-aufopfernden Spielweise und auch tatsächlich

00:48:48: so wegen seiner Fannähe. Er war schon einer der Spieler, die man

00:48:51: auch mal im Fanladen oder in der Kneipe treffen konnte, einfach

00:48:55: ein sehr umgänglicher Typ und das ist auch zu hören bei uns in

00:48:58: unserem Zeitzeugengespräch, wo er auch schon mal zu Gast war:

00:49:02: "Wir hatten einfach eine geile Truppe und ich kann mich noch

00:49:05: daran erinnern, dass ich mich einfach dafür interessiert

00:49:08: hatte.

00:49:09: Und auch die Hafenstraße, weil ich das auch immer nur aus

00:49:12: den Medien mitgekriegt hatte und und dann hab ich mit Volker

00:49:15: gesprochen, ich sag, Volker, komm, kannst Du uns das nicht

00:49:18: mal zeigen oder sonst was. Dann sagt er ja, ich klär das, wir

00:49:20: treffen uns dann und sind wir zurückgefahren vom Spiel und er

00:49:23: sagt ja ich muss nochmal unterwegs, aber ich hab alles

00:49:26: organisiert bei Onkel Otto.

00:49:28: Und ich sage ja, Onkel Otto, ja, dann sagt er ja, dann sind wir

00:49:32: dahin, unten geparkt und dann diese Treppe hoch und dann da

00:49:36: rein.

00:49:37: Boah, hab ich gedacht ne, da waren glaub ich keine Tische

00:49:40: richtig, da waren glaub ich so Bierfässer und Bretter

00:49:44: drüber und die Musik ging auf einmal aus und alle uns

00:49:47: angeguckt. Da war ich glaub ich, Achim Grün, Driller und

00:49:51: Nikolic waren das glaub ich noch und wir da rein, wer nicht kam

00:49:54: war Volker Ippig, da hat er uns schön

00:49:59: im Stich gelassen. Und dann aber auch gleich immer ein Bierchen bitte,

00:50:02: Flasche vor ihm aufmachen und so.

00:50:06: Dann haben sie uns erkannt und dann war wieder alles da okay

00:50:09: und war lustig und auch mal interessant. Und dann hab ich

00:50:13: bloß den Chef da gefragt hinterm Tresen, weil ich das immer

00:50:16: nur gehört habe. Was ist mit meinem Auto, das steht da unten,

00:50:20: kann da was passieren? Da sagt er, was ist denn das für

00:50:23: einer. Ich sag, ein Honda. Ja könntest du Glück haben. Das

00:50:27: sind so, was man nie vergisst, so die Sprüche. Und dadurch eben

00:50:30: auch die Fanszene, ob das Sven Brux war, ob das Imme war.

00:50:34: Ich war in der Thadenstraße

00:50:36: im Fanladen, war ich dann auch mal eingeladen und so hat

00:50:41: sich das dann alles ein bisschen zusammengezogen."

00:50:45: Er hat Dich nicht erwähnt. Ich dachte, er sagt jetzt noch

00:50:49: Thomas. Quatsch. Zwei Sachen, erstens

00:50:52: Torsten Fröhling und Robert Nikolic wurden fast für Zivi-

00:50:55: Bullen gehalten im Onkel Otto. So in etwa. Und

00:50:59: zweitens beschreibt Torsten Fröhling das Onkel Otto wie im

00:51:02: Jahr 2024 auf jeden Fall, es scheint sich nicht geändert zu

00:51:05: haben. Das ist sehr gut möglich, ja. Aber schön auch von Volker,

00:51:09: joa geht mal hin, ich kläre das und dann

00:51:12: sie da alleine lassen, auch nett.

00:51:16: Zwischengas Thomas. Ich habe jetzt Zwischengas gegeben, ich

00:51:19: denke das war beim Runterschalten, nicht beim

00:51:21: Hochschalten. Ich habe komplett hochgeschaltet. Jetzt

00:51:25: hat Christopher nämlich hochgeschaltet und haut nochmal

00:51:28: eine Geschichte raus. Zwischengas

00:51:30: der Mechatroniker*innen- Podcast. Das ist ja ganz

00:51:33: fantastisch, da haben wir schon hier einiges gehört. Ich erzähle

00:51:37: Euch jetzt noch die letzte Geschichte des Tages und diese

00:51:40: Geschichte

00:51:42: nenne ich "Der leichtsinnigste Typ von St. Pauli".

00:51:46: Ja, also wo fängt man an bei einer Biografie eines Spielers,

00:51:49: die alles andere als geradlinig ist? Bei einem Spieler, der

00:51:53: unter normalen Umständen auch niemals, unter keinen Umständen

00:51:56: bei St. Pauli gelandet wäre, den ehemalige Mitspieler und

00:51:59: Vereinsfunktionäre einen der vielleicht besten Spieler

00:52:02: nennen, der jemals beim FC St. Pauli gespielt hat. Ein Spieler,

00:52:05: der bereits eine Legende in seinem Heimatland war, bevor er

00:52:08: nur in Badelatschen und T-Shirt in den Westen flüchtete.

00:52:12: Spielball dubioser Fußballpaten und windiger Berater, ein Fall bis in

00:52:16: die Spitze des Weltverbandes FIFA. Wo fängt man da an, wo so

00:52:20: viel drin ist? Und zwar, ganz klar, fange ich an einem

00:52:23: regnerischen Sonntag beim Kreisligisten TSV Föhrste an,

00:52:27: ein Ortsteil von Alfeld bei Hildesheim, um genau zu sein. Wo sonst?

00:52:32: Atmosphärisch. Genau, denn dort im Juli 1988 wurde

00:52:36: Fußballgeschichte geschrieben. Der TSV Föhrste verlor 0:17.

00:52:43: Sehr schön. Die zweistelligen sind immer die richtigen

00:52:45: Niederlagen. Ich finde wenn schon verlieren, dann richtig,

00:52:48: Aber nicht gegen irgendwen, sondern gegen die

00:52:50: tschechoslowakische Spitzenmannschaft Slavia Prag,

00:52:52: das wird euch jetzt wahrscheinlich auch nicht so

00:52:55: richtig aus den Latschen hauen. Schon.

00:52:57: Warum das jetzt Fußballhistorie ist. Denn jetzt wird es nämlich

00:53:01: wichtig. Der Kapitän von Slavia Prag war ein junger

00:53:04: Stürmer mit langer Mähne und Strähnchen im Haar, dem viele

00:53:08: eine Weltkarriere prophezeiten. Sein Name Ivo Knoflicek. Da ist

00:53:11: er.

00:53:13: Top-Torschütze seines Teams und Stammspieler der

00:53:15: tschechoslowakischen Nationalmannschaft. Gemeinsam

00:53:18: mit seinem kongenialen Partner Lubos Kubik bildete der

00:53:21: flinke, dribbelstarke Stürmer die kreative Achse von Slavia.

00:53:26: Beide waren zu diesem Zeitpunkt 24 Jahre alt.

00:53:30: Die Prager weilten zu diesem Zeitpunkt für ein Trainingslager

00:53:32: in Deutschland und testeten gegen unterklassige Gegner.

00:53:35: Doch was fünf Tage später, nachdem man den TSV Föhrste schlug,

00:53:38: passierte, war ein waschechter Krimi aus dem Kalten Krieg. Die

00:53:41: beiden Nationalspieler der CSSR, Ivo Knoflicek und Lubos

00:53:44: Kubik begingen sogenannte Republikflucht. Gegen 13:00 Uhr

00:53:47: am Freitag schlichen die beiden nur mit T -hirt, kurzer Hose und

00:53:50: Badelatschen bekleidet heimlich aus dem Mannschaftshotel, sie

00:53:53: ließen alle persönlichen Dinge zurück, auch ihre Pässe. Draußen

00:53:56: wartete bereits ein Auto mit laufendem Motor, in Hildesheim

00:53:59: gingen die beiden an Bord eines Privatflugzeuges, von dort ging

00:54:02: es zunächst nach Belgien.

00:54:05: Das finale Ziel England.

00:54:08: Ivo Knoflicek sollte seine Frau und seine beiden Kinder für

00:54:11: ganze anderthalb Jahre nicht mehr sehen.

00:54:14: Ihre Route führte sie über Frankreich nach Spanien, immer

00:54:17: auf ihrer Fährte der KGB.

00:54:19: Nach fünf Monaten waren Knoflicek und Kubik dort, wo sie sein

00:54:23: wollten. In England bei Derby County, die Rams, wie das Team

00:54:26: auch genannt wurde oder bis heute genannt wird, versuchte

00:54:30: bereits einige Monate zuvor das Duo zu verpflichten, doch das

00:54:33: Vorhaben scheiterte an den Vorgaben, wonach Spieler aus der

00:54:37: CSSR erst ab einem Alter von 29 Jahren mit einer

00:54:40: Ausnahmegenehmigung ins Ausland wechseln durften. Eingefädelt

00:54:43: wurde der Deal

00:54:45: vom umstrittenen Medienmogul Robert Maxwell, Besitzer von

00:54:48: Darby County. Obwohl der Verband der CSSR bereits eine Sperre der

00:54:52: beiden Spieler beim Weltverband FIFA beantragte, und zwar für 18

00:54:55: Monate, war sich Maxwell seiner Sache sicher und präsentierte

00:54:59: beide Spieler im Januar 1989 bereits als Neuzugänge im

00:55:02: britischen TV. Und das, obwohl beide kein Wort Englisch

00:55:05: verstanden haben. Wir hören mal kurz in diese dubiose

00:55:08: Pressekonferenz rein, wir hören zuerst den Nachrichtensprecher

00:55:11: und dann Robert Maxwell. Das Ganze ist auf Englisch, ich

00:55:14: werde es danach

00:55:15: versuchen, kurz für Euch zusammenzufassen.

00:55:18: "International footballers who've defected from Czechoslovakia to

00:55:22: join Derby County. Ivo Knoflicek and Lubos Kubik

00:55:25: disappeared after playing a friendly match in West Germany.

00:55:29: They turned up in Belgium and now they are in Derby. This

00:55:32: lunch time the two travelling Czechs were finally declared

00:55:36: present and correct if not quite ready to play. The two

00:55:39: internationals have signed three year contracts with Derby County

00:55:43: They are valued at two million pound and they represent

00:55:46: some coup which surely wouldn't have happened without the influence of the Czech born Derby chairman.

00:55:52: This morning when I asked. Their answer really was

00:55:56: that they really, they're footballers. They're quite simple footballers of

00:56:00: international status and quality.

00:56:03: And they love England and they love Derby and the fact that I'm the

00:56:07: the chairman of Derby didn't do them any harm in coming here. When the

00:56:11: pair were tracked by Central TV to Belgium last year, it was said they'd

00:56:14: been discussing their secret break for some time. But when the moment

00:56:18: came, they'd fled in nothing but their football kits. Since then, they've been

00:56:22: living on money donated by Derby supporters." Ihr habt das

00:56:25: also richtig verstanden, es wird alles dubios, denn eingefädelt

00:56:29: Fädelt wurde also die Flucht von Ivo Knoflicek und Lubos

00:56:33: Kubik durch den Besitzer Robert Maxwell bereits einige Monate

00:56:37: zuvor, bis sich dann ein günstiger Moment ergab, um aus

00:56:41: dem Westdeutschen ins englische Derby zu flüchten. Ihr habt

00:56:45: auch richtig gehört, dass schon während sie im belgischen Exil

00:56:49: waren, die beiden tschechischen Spieler teilweise von

00:56:52: Spendengeldern von Derby County- Fans über Wasser gehalten

00:56:56: wurden.

00:56:57: Habe ich auch richtig gehört, dass der Maxwell in Tschechien

00:57:00: geboren ist?

00:57:02: Richtig, darauf komme ich nämlich jetzt zu sprechen. Entschuldigung.

00:57:07: Maxwell gab nämlich zu Protokoll rund um die PK im

00:57:10: Januar 1989, dass beide zwar kein Englisch sprächen, er aber

00:57:13: fließend Tschechisch sprechen würde, denn er war gebürtiger

00:57:16: Tscheche und dies soll ein sehr gutes Argument bei der

00:57:19: Verpflichtung der beiden gewesen sein. Kurzer Exkurs also, warum

00:57:23: sprach Robert Maxwell, der britische Medienmogul, der im

00:57:26: Dauerclinch mit dem anderen britischen Medienmogul Rupert

00:57:29: Murdoch stand, den vielleicht auch manchen noch der Name was

00:57:32: sagt.

00:57:34: Warum sprach dieser Mann also eigentlich Tschechisch? Robert

00:57:37: Maxwell wurde 1923 als Jan Ludvik Benjamin Hoch als Sohn

00:57:40: jüdisch-orthodoxer Eltern in der Tschechoslowakei geboren, er

00:57:43: floh 1939 nach Frankreich und meldete sich 1940 als

00:57:46: Freiwilliger für die tschechische Exilarmee in

00:57:48: Marseille und kämpfte sowohl in der Normandie als auch in Berlin

00:57:52: gegen Nazis, was ihm den Rang eines Captains einbrachte. Der

00:57:55: Großteil seiner Verwandten wurde in der Shoah ermordet.

00:57:59: Später baute Maxwell ein Medienimperium in England auf, kandidierte für die

00:58:02: Labour Party und galt als schillernde, aber auch

00:58:05: exzentrische und halbseidene Figur auf der Insel.

00:58:08: 1991 fand man die Leiche von Robert Maxwell, dem man

00:58:11: Verstrickungen mit saudi-arabischen Waffenhändlern,

00:58:15: dem Mossad und dem KGB nachsagte, nackt treibend vor

00:58:18: der Küste der Kanarischen Inseln, einige 100 Meter

00:58:21: entfernt von seiner Luxusyacht "Ghislaine".

00:58:24: Ok. Und jetzt werden manche sagen Ghislaine, das ist doch ein

00:58:27: interessanter Zufall. Gibt es nicht auch eine Ghislaine

00:58:30: Maxwell, die verurteilte Komplizin von Jeffrey Epstein,

00:58:34: dem prominenten Sexualverbrecher der 2019 in Untersuchungshaft

00:58:37: vermeintlich Suizid begangen und dem ebenfalls Kontakte zu

00:58:41: hochrangigen Politikern und den Geheimdiensten nachgesagt

00:58:44: wurden? Richtig, Ghislaine Maxwell ist die jüngste Tochter von

00:58:47: Robert Maxwell.

00:58:49: Meine Güte.

00:58:51: Aber zurück zu Lubos Kubik und Ivo Knoflicek. Es sei denn, Du

00:58:54: hast doch eine wichtige Nachfrage. Das wären zu viele jetzt.

00:58:59: Genau, also kurz gesagt, der Deal mit Derby County platzte.

00:59:02: Der Fußballverband der CSSR bot einen Deal an. Sie heben die

00:59:06: Sperre auf und man ermöglicht beiden zu einem anderen

00:59:09: Zeitpunkt ins Ausland wechseln zu dürfen, wenn die Spieler

00:59:12: zurückkehren.

00:59:14: Knoflicek schien diesem Deal aber nicht getraut zu haben, doch

00:59:17: Lubos Kubik willigte ein. Zu groß war der Druck in der Heimat

00:59:20: und auf seine Familie geworden.

00:59:23: Doch damit scheiterte auch der Deal mit Derby County, denn

00:59:25: Maxwell wollte entweder beide oder keinen. So verließen Kubik

00:59:28: und Knoflicek die Insel wieder. Kubik zurück zu Slavia und

00:59:31: Knoflicek nach Italien, wo er versuchte, bei Hellas Verona

00:59:34: eine Chance auf eine Anstellung zu bekommen.

00:59:37: Doch eine Verpflichtung scheiterte, denn Ivo Knoflicek

00:59:41: war weiterhin gesperrt.

00:59:43: Lubos Kubik wiederum kehrte in die CSSR zurück, in dem Glauben, für 1,3

00:59:47: Millionen D-Mark zum AC Florenz wechseln zu dürfen. Doch der

00:59:50: Verband und das Verteidigungsministerium

00:59:52: intervenierten, Kubik müsse erst seinen Militärdienst

00:59:55: ableisten, und so flüchtete Lubos Kubik ein zweites Mal

00:59:58: aus der CSSR, das ist aber eine andere Geschichte.

01:00:02: Zeitgleich erreichte der FC St. Pauli in der Bundesliga 1988/89

01:00:06: seine bis heute höchste Endplatzierung in der

01:00:09: Vereinsgeschichte. Man landete auf Platz 10, bis heute

01:00:12: unerreicht und ein anderer tschechoslowakischer

01:00:15: Nationalspieler sorgte am Millerntor bereits für

01:00:18: Begeisterung.

01:00:20: Wisst Ihr, wer es war?

01:00:22: Jan Kocian. Jan Kocian, genau. Helmut Schulte, der damalige

01:00:25: Trainer, erinnert sich: "Aber wir hatten auch eine richtig gute

01:00:28: Mannschaft, das kommt manchmal ein bisschen

01:00:30: zu kurz, wir hatten ja richtig geile Spieler, wir

01:00:33: hatten ja zum Beispiel Jan Kocian, Schorsch Volkert zu

01:00:36: verdanken, dass wir den damals geholt haben aus der

01:00:38: Tschechoslowakei und dann hinterher Ivo Knoflicek, das haben wir im

01:00:41: Grunde genommen Hermann Gerland zu verdanken, weil der mir

01:00:44: damals gesagt hat, hol den, der schießt Dich da alleine unten

01:00:47: raus, und dann haben wir ihn halt geholt." Also laut

01:00:50: Helmut Schulte vermittelte also Hermann, genannt der Tiger,

01:00:53: Gerland Ivo Knoflicek im Winter 1989/90 an den FC St. Pauli.

01:00:58: Manfred Campe wiederum, damaliger Manager des FC St.

01:01:02: Pauli, erinnert sich das ein bisschen anders: "Ivo Knoflicek, das war

01:01:09: aus meiner Sicht und auch nach Meinung von Helmut Schulte

01:01:12: glaube ich der beste Fußballer

01:01:15: mit Jan Kocian vielleicht.

01:01:18: Da ist ja glaub ich mal geflüchtet aus der

01:01:22: Tschechoslowakei, damals über England.

01:01:26: Und wurde uns ja über Herrn Klein, dem damaligen Präsident vom

01:01:29: HSV und Rechtsanwalt angeboten

01:01:33: zur Verpflichtung." Ja, bei dieser Geschichte bin ich

01:01:36: stutzig geworden, denn wie kam denn nun Ivo Knoflicek ans

01:01:39: Millerntor? Hermann Gerland oder vielleicht der besagte Doktor

01:01:43: Klein, also damaliger Präsident des HSV?

01:01:48: Ein Stück näher oder vielleicht auch nicht kommen wir, wenn wir

01:01:52: im Millerntor Magazin vom 23. März 1991 etwas blättern, denn

01:01:56: dort gibt es eine Homestory zu Ivo Knoflicek mit dem Titel

01:01:59: "Ein absolut leichtsinniger Typ". Dies waren Worte von dem bereits

01:02:03: erwähnten FC St. Pauli-Spieler Jan Kocian, als er zu Ivo

01:02:06: Knoflicek befragt wurde.

01:02:10: "Ivo ist manchmal sehr leichtsinnig, aber er flachst

01:02:12: auch gern. Deshalb mögen ihn alle in der Mannschaft", so

01:02:14: Kocian, der ihm oft als Übersetzer zur Seite steht.

01:02:19: Im selben Artikel gab der ehemalige Vizepräsident des FC

01:02:22: St. Pauli, Christian Hinzpeter zu Protokoll. "Ivo ist in der Tat

01:02:25: kein Sprachkünstler", bestätigte Vizepräsident

01:02:28: Christian Hinzpeter und denkt dabei vor allem an die

01:02:31: Rechtsstreitigkeiten seines Mandanten. In grober Unkenntnis

01:02:34: der englischen Sprache hatte Ivo Knoflicek seinem Berater, dem

01:02:37: britischen Geschäftsmann Joseph Anthony Lewis, ein Papier

01:02:40: unterschrieben, das sich als Schuldanerkenntnis über 140.000

01:02:43: Pfund erweisen sollte.

01:02:45: Im von der Gegenpartei angestrebten Urkundenprozess

01:02:48: kam es vor zwei Monaten, also im Januar

01:02:50: 1991, zu einem sogenannten Vorbehaltsurteil. Der Kläger,

01:02:53: vertreten durch Doktor Wolfgang Klein, ist danach berechtigt,

01:02:57: Ivos Gehalt zu pfänden. "Ich glaube, Lewis will sich eher am

01:03:00: Verein als ein Ivo rächen, vermutete Hinzpeter und jetzt

01:03:03: ist es für mich ein kleines Mysterium, denn

01:03:05: ich weiß nicht, wie es bei euch klingt, aber wenn Manfred Campe

01:03:09: sagt, dass Ivo Knoflicek auf Initiative von Doktor Wolfgang

01:03:12: Klein beim FC St. Pauli gelandet ist und dieser dann

01:03:15: aber auch Ivo Knoflicek in einem Arbeitsgerichtsprozess

01:03:18: vertreten hat, dann ist das alles ein bisschen shady.

01:03:22: To be continued würde ich an dieser Stelle sagen, da bin ich

01:03:25: noch nicht wirklich weitergekommen. Ich würde an

01:03:28: dieser Stelle versuchen, das in einer nächsten Folge nochmal

01:03:31: aufzuarbeiten. Was hat Doktor Wolfgang Klein mit Ivo

01:03:33: Knoflicek und der Verpflichtung für den FC St. Pauli zu tun

01:03:36: beziehungsweise was hat das mit Joseph Anthony Lewis zu tun,

01:03:39: der, soweit ich das nachverfolgen konnte, irgendwie

01:03:42: ein Erbe des Guinness- Unternehmens ist in England.

01:03:46: Zurück in den Winter 1989 und der Verpflichtung von Ivo

01:03:49: Knoflicek. Zeitgleich mit dem Willen zur Verpflichtung durch

01:03:52: den FC St. Pauli begann in der Tschechoslowakei die samtene

01:03:55: Revolution.

01:03:56: Ein in der CSSR durch Studenten gewaltfrei herbeigeführter

01:03:59: Systemwechsel vom Realsozialismus hin zur

01:04:01: Demokratie eröffnete auch Ivo Knoflicek und dem FC St.

01:04:05: Pauli neue Möglichkeiten.

01:04:07: Jan Kocian wurde dazu 1989 vom 'Millerntor Roar!' befragt.

01:04:10: Vielleicht kann ja Thomas mal dieses kurze Interview aus dem

01:04:14: 'Millerntor Roar!' vorlesen. Ja klar.

01:04:18: Frage MR!: "Wie sieht es aus in Sachen Ivo Knoflicek?

01:04:21: Weißt Du, ab wann er für St. Pauli spielen könnte?" Jan Kocian:

01:04:25: "Ich weiß, dass Schorsch Volkert sich heute in Herzogenaurach mit

01:04:29: dem Generalsekretär des Tschechischen Fußballverbandes

01:04:32: trifft und so rasant, wie sich die Dinge bei uns zu Hause im

01:04:35: Moment entwickeln, ist alles möglich. Eine

01:04:39: Freigabe kann vielleicht schon in Kürze eintreffen."

01:04:42: Weitere Frage: "Die

01:04:44: momentanen Umwälzungen in der CSSR könnten Deiner Meinung nach die

01:04:47: Freigabe von Ivo Knoflicek beschleunigen. Inwieweit nimmst

01:04:50: Du selbst Anteil an dem was momentan in deiner Heimat

01:04:52: geschieht?" Dann wieder Jan Kocian: "Es ist für meine Frau und

01:04:55: mich unglaublich, wir haben natürlich viele Verwandte und

01:04:58: Freunde in der CSSR und wir telefonieren fast täglich nach

01:05:01: Hause. Ich begrüße natürlich die Reform, es ist Zeit, dass

01:05:04: nicht immer nur eine Linie, in diesem Fall die der

01:05:07: KP

01:05:08: verfolgt wird. Schockiert war ich über Berichte von Freunden,

01:05:11: die von äußerst brutalen Polizeimethoden gegenüber

01:05:13: Studenten auf dem Wenzelsplatz erzielten. Augenscheinlich wurde

01:05:16: da eine Antiterror-Einheit gegen die friedlich

01:05:19: demonstrierenden Studenten eingesetzt. Was mich am meisten

01:05:21: überrascht ist die Schnelligkeit, mit

01:05:23: der das alles abläuft. In Ungarn dauerte es Monate, in der DDR ein paar

01:05:27: Wochen und bei uns ein paar Tage."

01:05:30: Also dank der samtenen Revolution

01:05:33: und der abgelaufenen 18- Monats-Sperre öffnete sich also

01:05:37: eine Tür zur Verpflichtung des Star-Players Ivo Knoflicek.

01:05:40: Doch eine Hürde musste noch genommen werden und an die

01:05:43: erinnert sich Manfred Campe: "Mit dem bin ich

01:05:47: nach Ostberlin geflogen.

01:05:50: In Ostberlin in die Militärmaschine nach Prag.

01:05:54: Vom Flughafen Prag mit dem Taxi zur deutschen Botschaft, an einer

01:05:58: Schlange von mindestens 500 Leuten vorbei, um die

01:06:01: Aufenthaltsgenehmigung für Ivo einzuholen. Da musste ich mit Ivo

01:06:05: Knoflicek nach Prag.

01:06:07: Dann sind wir wieder zurück mit der Militär, ist wirklich so

01:06:11: wie es ist. Das war keine, da sind wir.

01:06:16: Irre.

01:06:17: Zurück in Ostberlin und dann sind wir wieder nach Hamburg.

01:06:20: Ein Trip, den werde ich nie vergessen, weil ich auch ein

01:06:23: bisschen Muffen hatte, weil das war ja die Zeit, bevor das

01:06:26: alles

01:06:28: dann niederging." Sehr wilde Geschichte. Am Ende hatte

01:06:31: Knoflicek seine Arbeitserlaubnis und seiner

01:06:34: Familie wurde gestattet, zu ihm nach Hamburg zu reisen. Ivo

01:06:37: spielte nun befreit auf und schlug ein wie eine Bombe und da

01:06:40: hören wir jetzt mal kurz rein.

01:06:44: "Den Mann, den kennen sie hier schon mit der Nummer 11, das ist

01:06:47: Ivo Knoflicek. Knoflicek bot heute eine klasse Partie,

01:06:51: man kann schon fast sagen Weltklasse, auf jeden Fall

01:06:54: länderspielreif. Knoflicek völlig frei der Tscheche und was

01:06:58: macht er, ein herrliches Tor, das 2:1, sein erster Treffer im ersten

01:07:02: Spiel für den neuen Verein, welch ein sehenswertes Tor. Die

01:07:06: Zeitupe für die wunderschöne Vorarbeit von Ivo Knoflicek,

01:07:09: dem CSSR-Nationalspieler." Ihr hört also was Ihr schon wusstet.

01:07:13: CSSR-

01:07:13: Nationalspieler, tolle Tore gemacht, viele Vorlagen.

01:07:18: Und eine Augenweide für St. Pauli-Fans. Seinen sportlichen

01:07:21: Höhepunkt erreichte Knoflicek dann gemeinsam mit seinem

01:07:24: FC St. Pauli-Mitspieler Jan Kocian ein halbes Jahr nachdem

01:07:27: er beim FC St. Pauli angeheuert hat, und zwar bei der

01:07:30: WM 1990.

01:07:30: Bis ins Viertelfinale kamen die beiden mit der

01:07:33: tschechoslowakischen Nationalmannschaft, wo man am

01:07:35: späteren Weltmeister Deutschland scheiterte. Die Sportpresse

01:07:38: überschlug sich und nannte Knoflicek den Star-Player. Wir

01:07:40: hören mal kurz in einen englischen Bericht rein.

01:07:44: The Germans. Lothar

01:07:48: Matthäus.

01:07:50: Number ten. Away from the ball. Knoflicek, one of the

01:07:54: star players of the Czechoslovakian He goes wide

01:07:58: to the left attack, Ja, also klassische

01:08:01: englische Berichterstattung in den 90er-

01:08:05: Jahren und Knoflicek der Starplayer.

01:08:08: Lothar Matthäus und Uwe Bein. "Alle lieben Knofi", nicht

01:08:12: das Gemüse, wenn Knoblauch ein Gemüse ist, sondern Ivo

01:08:16: Knoflicek, titelte auch die Boulevardpresse, und die Fans

01:08:21: überschlugen sich. Ist der Teil mit wenn Knoblauch ein Gemüse ist auch in

01:08:25: der Boulevardpresse gewesen? Nee, das habe ich jetzt dazu

01:08:30: gedichtet, weil ich mir gerade. Wäre eine lange Headline gewesen.

01:08:34:

01:08:35: Obst ist es auch nicht, sonst hätte Harry Wunstorf es in der

01:08:39: Dose gegessen. Eben genau, aber Knofi in der Dose bleibt immer

01:08:43: noch Gemüse, das wäre mein Fazit aus diesem Gebiet. Knofi ist mein

01:08:46: Gemüse. Allerdings hier ja, jedenfalls genau, also "Alle

01:08:50: lieben Knofi", titelte auch die Springerpresse und die Fans...

01:08:53: Das ist eine Pflanzenart aus der Gattung Lauch.

01:08:58: Alle lieben Lauch.

01:09:00: Und Lauch ist ein Gemüse, also...

01:09:04:

01:09:06: Genau, ich fang noch mal an. Also genau, "Alle lieben

01:09:09: Knofi" titelte da auch die Boulevardpresse und die Fans

01:09:11: überschlugen sich mit Lobeshymnen für diesen

01:09:14: extravaganten, langhaarigen, Dribbelkünstler aus Prag.

01:09:18: Als das Millerntor Magazin 1990 die pfiffigsten St. Pauli-

01:09:22: Sprüche des Jahres suchte, landete ein St. Pauli Fan aus

01:09:25: Lahnau-Waldgirmes mit der Einsendung "Gronau, Schlindwein,

01:09:29: Knoflicek fegen selbst Schimanski weg", immerhin auf

01:09:33: Platz 4. Das ist gut, frisch. Genau knapp hinter der

01:09:36: Einsendung "Die Stimmung hier am Millerntor ist besser als beim

01:09:40: Fischer-Chor".

01:09:42: Aber Platz 1, ganz klar, ging in diesem Fall an eine Dame aus

01:09:45: Hamburg, die sich den pfiffigen Spruch einfielen ließ "Ein Pirat

01:09:48: mit Säbel ist nicht so gut wie Peter Knäbel".

01:09:52: Also St. Paul-Fans aus ganz Deutschland in Ekstase,

01:09:56: außer Rand und Bahn.

01:10:00: Der Zug hatte offensichtlich keine Bremsen und der

01:10:02: Klassenerhalt 1990 wurde auch noch eingetütet. Also da war wirklich

01:10:06: Halligalli am Millerntor.

01:10:08: Peter Knäbel

01:10:10: besser als ein Pirat mit Säbel.

01:10:14: Ja, doch die Liaison bekam in der Krisensaison 1990/91 dann

01:10:17: auch die ersten Risse, viele Verletzungen und ein

01:10:20: Leistungsloch nach der WM verhinderten mehr Spiele und

01:10:23: mehr Tore für Knoflicek.

01:10:25: So vermeldete Zeugwart Claus Bubke: "Der Ivo hat sich bei einem

01:10:29: Spiel einfach auf die Bank gesetzt. Nicht weil er

01:10:32: ausgewechselt wurde, sondern weil er keine Lust mehr hatte."

01:10:37: Ich gehe mal davon aus, dass er ein Freundschaftsspiel meinte,

01:10:41: weil im Ligabetrieb wäre das schon ein sehr ungewöhnlicher

01:10:44: Vorgang. Nach einem 0:5 gegen den Lokalrivalen aus Hamburg warf

01:10:48: Präsident Weisener Knoflicek akute Bocklosigkeit vor und eine

01:10:51: desolate Leistung und drohte mit einem Verkauf. Mit der Vorlage

01:10:55: zum goldenen 1:0 von Ralf Sievers im Auswärtsspiel beim FC

01:10:59: Bayern machte sich Ivo noch einmal unsterblich, doch den

01:11:02: Abstieg konnte auch er nicht mehr verhindern.

01:11:06: Knoflicek machte noch acht Spiele in der zweiten Liga für den FC

01:11:09: St. Pauli und verließ den Verein dann in Richtung VfL Bochum.

01:11:13: Doch am Ende bleibt ein Spieler, der die erfolgreichste Zeit der

01:11:16: Clubgeschichte mitgeprägt hat, ein Star der WM 1990 und bis

01:11:19: heute Liebling und Legende für alle, die ihn damals

01:11:22: spielen sehen. Es soll sogar Kinder geben, die nach ihm

01:11:25: benannt wurden. Ivo, eigentlich ein ganz schöner Name.

01:11:30: Wie wahr. Guck an. Ich möchte die Ausschreibung noch mal

01:11:33: erweitern. Wenn Ihr uns, wie hieß diese Kategorie?

01:11:37: Die pfiffigsten St. Pauli-Sprüche. Schickt uns bitte pfiffige St.

01:11:40: Pauli-Sprüche, bitte bitte bitte schickt uns pfiffige St. Pauli-Sprüche.

01:11:44: Die sich reimen müssen. Ihr bekommt Original Harry Wunstorf 90er Jahre-

01:11:47: Postkarten als Dankeschön. Wir werden das Millerntor

01:11:51: Magazin wiederbeleben in diesem Podcast und warten auf eure

01:11:55: pfiffigsten St. Pauli-Sprüche.

01:11:57: Übrigens hatte ich kurz Angst, dass Lauch Jugendwort des Jahres

01:12:01: 2018 gewesen sei, war es aber nicht. Es war nur in der

01:12:04: Auswahlliste, aber in der Jugendsprache spielt Lauch ja

01:12:08: bekanntlich oder

01:12:09: spielte Lauch bekanntlich eine wichtige Rolle, was einige

01:12:13: Jahre nachträglich von irgendwelchen Spracherhebungen

01:12:16: festgestellt wird. Ich bin quasi aufgewachsen mit Lauch. Als

01:12:20: Lauch. Als Lauch.

01:12:24: Ja, Kartoffel mit Lauch ist auch immer sehr lecker. Genau. Davon

01:12:27: gab es bei mir in der Klasse auch ein paar.

01:12:32:

01:12:33: Dann sind wir möglicherweise schon am Ende. Lasst

01:12:36: auch gerne noch einen Stern mit Eurem Namen drauf oder auch ohne

01:12:39: Euren Namen drauf im Himmel des Podcastings. Das geht, fast alle

01:12:42: Portale haben irgendeinen Bewertungs-Algorithmus und

01:12:45: meistens, wenn man mehr Sachen anklickt, heißt das, es hat

01:12:48: einem gefallen. Das wiederum sagt dem Algorithmus, hey, davon

01:12:52: spiele ich doch noch mehr Menschen noch mehr in die Ohren

01:12:55: und das finden wir natürlich gut, denn wir machen all das

01:12:58: hier

01:12:59: hauptsächlich des Ruhmes wegen. Klein bisschen auch, weil es uns

01:13:02: Spaß macht, aber hauptsächlich des Ruhmes wegen.

01:13:05: Und wegen den pfiffigen Sprüchen. Ach so, was sagen wir so zum

01:13:07: Schluss? Tschüss?

01:13:09: Tschüss wäre n schönes Wort. Bundesgartenciao. Tschüsseldorf. Bye Bye

01:13:12: Basilikum, liebe Leute. Können wir bitte schnell mal den Cut

01:13:16: irgendwo einführen? Ja dann bleibt mir auch nichts mehr zu

01:13:20: sagen außer pfiffig zu sagen Tschüss bis zum nächsten Mal.

01:13:23: Und bleiben Sie uns gewogen. Tschö mit Ö, Tschau mit au.

01:13:29:

Kommentare (1)

Dirk Tatge

Eine sehr interessante Folge. Ihr seid Spitze!!!

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.